im Dom sind schöne Jeugen nicht nur für die sichere Beobachtung und
Darstellungsgabe Mildes, sondern zugleich für das innere Verständnis
das er diesem Werk der Spätgotik entgegenbrachte.
Kin paar Gewandstudien aus der Dresdener Zeit, die sich durch ein über-
aus feines Gefühl für die Linie auszeichnen, und das reizende Aquarell,
auf dem Lrwin Spectkter fleißig arbeitend in seinem hellen, lufterfüllten
Münchener Atelier dargestellt ist, repräsentieren das Schaffen des Künst-
lers während seiner akademischen Lebrjabre. Von ganz besonderem
Reiz sind die Porträtstudien aus dieser Zeit, vor allem die Knaben- und
IJünglingsköpfe, in denen die schwärmerissche Begeisterung jener roman-
tischen Generation ihren ,bildnisbhaften‘’“ Ausdruck gefunden bat.
Rumodbr batte gesagt: „Geht nicht nach Italien, ehe Ihr etwas unter
den Füßen babt + ich meine, ehe Ibr fest entschlossen seid, was Ihr
werden wollt und wie Ibr es werden wollt; überbaupt nicht, che Ihr
in Deutschland etwas Tüchtiges geleistet habt“*s. In Dresden und
München batte Milde eifrig an sich gearbeitet, um + mit Speckters
Worten gesagt + ,als Mensch wie als Künstler (denn das ist ja so eng
verbunden) ein recht tüchtiger, ordentlicher, christlicher Kerl“ zu werden.
Als Milde sich nun nach Abschluß seines Studiums in Deutschland ent-
schloß, nach Italien zu zieben, war es eine Selbstverständlichkeit, daß er
Rumobr von seinen Plänen unterrichtete**. Erstens wollte er sich damit
beschäftigen, die kunstgeschichtlich merkwürdigen oder durch ibren Er-
baltungszustand bedrohten Runstwerke zu kopieren, damit sie der Folge-
zeit erbalten blieben (!); sodann beabsichtigte er vor allem, solche Sachen
anzuseben, die in das dekorative Fach schlugen und nahm sich vor, die
Römische Porträtstudie . Zeichnung Ausgrabungen in Pompeji und die Werke des I15. und I16. Jahrhun-
derts recht qaründlich Fennenzulernen. Wie seine zablreichen St udien und
Skizzen beweisen, bat er alles dieses mit
der größten Sorgfalt und Gewissenhatf-
tigkeit durchgeführt. MosaikfußbSöden, de-
kForative Wandmalereien, Landschaften.
Bildnisse, Gewandstudien, Kopien kunst-
bistorischer Denkmäler und freie Skizzen
füllen die Mappen aus der italienischen
Jeit. Als Rumohr seinem jungen Freunde
mabhnend mit auf den Weg gab, daß
Italien für viele ein Verderben gewor-
den sei, batte er dabei sicher nicht an
MGverbeck gedacht. Und doch lag gerade
bier die Gefabr für Milde, bei dem die
Bewunderung für das geistige Ober-
baupt der Lukasbrüder nur allzu leicht
zu sklavischer Abbängigkeit und künstle-
rischer Unselbständigkeit bätte führen
Fönnen. Wir müssen aberMildes mensch:
liche, sowobl als auch künstlerische Lei-
Nung um so mehr bewundern, weil er diese
für ibn wirklich große Gefahr überwun-
* Erwin Speckter, Briefe eines deutscher
Rünstlers aus Italien, Leipzig 1846, S. XV1.
„ pz Y ** Ronzept eines Briefes von Milde an
Faunenfamilie . Zeichnung . 1832 Rumeobr auf der Stadtbibliothek in Lübeck