Full text: Lübeckische Blätter. 1911 ; Stenographische Berichte über die Verhandlungen der Bürgerschaft zu Lübeck im Jahre 1911 (53)

623 November, abends 9 Uhr stattfinden; „Die Welt. Alles das in einem lebenden Bilde vor unserm sprache“, Übersicht über die Entwicklung des Problems geistigen und leiblichen Auge erstehen zu lassen, war von Direktor Dr. Möbusz in Lübeck; „Das Gesangs- die Absicht der Mittagsvorstellung am vorigen Sonntag. und Sprechorgan des Menschen, sein richtiger Gebrauch Der Urheber der ganzen Idee, der Leiter des deut- und die Heilung der durch falschen Gebrauch ent- schen Schauspielhauses in Hamburg, Herr Dr. Hage- standenen Schäden“, mit Experimenten und Demon- mann, hatte es in liebenswürdiger Weise übernommen, strationen von Dr. med. Ott in Lübeck, Dr. Pancon- die Zuhörerschaft auf den Zeitgeist einzustellen, aus celli-Calzia, Leiter des Phonetischen Laboratoriums dem heraus die einzelnen Kunsstschöpfungen des geschickt am NKolonialinstitut Hamburg, und Fräulein Klara zusammengestellten Programms geboren sind, und die Hoffmann, Gesangslehrerin in Hamburg; , Wissen- Art, wie er sich seiner Aufgabe entledigte, bekundete schaftliche Grundlagen der Lehre von der Begabung einen erlesenen Geschmack und ein feines Verständnis des Zöglings “, von Dr. Meumann, Professor der für den behandelten Gegenstand. Mit wachsender Psychologie am Kolonialinstitut in Hamburg, zur Zeit Teilnahme folgte das Publikum dann den Vorgängen, an der Universität Leipzig. Außerdem wird vielleicht die sich in einem von Rokokogestalten belebten Garten- noch eine literaturgesschichtliche Vortragsserie stattfinden. salon abspielten: den Vorträgen von Dichtungen in Die genaueren Angaben werden wie bisher durch Vers und Prosa, den Liedern, den Tänzen und den Anschlag und Zeitungsinfserate bekanntgemacht werden. Musikstücken. Unter den zahlreichen Beteiligten, die 606. sich naturgemäß nicht alle ganz ohne Zwang in den H t EB HE engen Rahmen des Rokokostils fügten, zeichneten sich Cheater und Musik. EEE; SSE; E ö; Rokok o. Mittagsvorstellung für die litera- durch Schärfe der Pointierung und der ‘Dberregiseur rische Gesellschaft. unserer Oper, Herr Beyer, durch seine erheiternd Rokoko! Man denkt gewöhnlich nicht zunächst wirkende pretiöse Darstellung aus. an die unblutige, aber tiefgreifende Revolution, die Q.: T .. c.! mit diesem Begriff verknüpft ist, und die darin bestand, Romeo und Julia. Trauerspiel vou Shake: daß das Bürgertum auf dem gesamten Gebiete der speare. ' Geisteskultur sich gegen die Dekadenz des Adels Von der ersten Aufführung dieser heißblütigen durchsetzte; eher schon daran, daß in den Pariser Liebestragödie ging ein kühler Hauch aus, namentlich Salons des achtzehnten Jahrhunderts die Grundlagen von den ersten Atkten. Im einzelnen klang viel unserer heutigen Geselligkeit gelegt wurden, einer Ge- Deklamatorisches an unser Ohr und beeinträchtigte selligkeit übrigens, von deren damaligen Formen wir auch die Disposition zur Aufnahme der echteren Töne, die jeßt noch manches lernen könnten; und daran, daß dazwischen aufleuchteten. Aber auch die ganze Grund- die Frau sich in jener Zeit ihre führende gesellschaft- stimmung, eben das Tragische in all der jubeluden liche Stellung errang. Aber das Allererste, was in Liebe, war nicht so plastisch herausgearbeitet, daß sie unserer Phantasie bei dem Worte Rokoko auftaucht, uns bis zur seelischen Erschütterung hätte ergreifen ist doch etwas viel Äußerlicheres, Sinnfälligeres; es können. Romeo und Julia ist eine Art Schicksals- sind jene duftigen, zarten Bilder mit ihrem unnachahm- tragödie in dem Sinne, dafß sich die aufknospende lichen Farbenschmelz, wie wir sie von Watteau und reine Liebe zweier junger Menschenkinder hell abhebt Lancret her kennen: anmutig lächelnde Damen in von einem düsteren Hintergrund, dem unerbittlich provozierend dekolletierten Schäferkostimen, mit waltenden Geschick, das von vornherein seine dunkeln- gepuderter Frisur und koketten Schönheitspflästerchen, den Schatten auf das sonnige Glück der beiden umflirtet von galanten Kavalieren in Atlas und Seide, Liebenden wirft. Zu oft wird dieser Gegenssat durch mit dem Salondegen an der Seite, seis bei den die Dichtung in unbestimmten Vorahnungen ange- silbernen Klängen einer Guitarre im graziösen Tanz- deutet, als daß er nicht auch durch die Darstellung schritt einer Menuett, seis im lauschigen Winkel eines aufs Schärfsle zu betonen wäre. Aber von dieser stilisierten Parkes in zärtlicheren Stellungen: em. dumpfen Schicksalsgewalt, die überall hinter Romeo barquement pour l'île de Cytheère. In greifbarer und Julias kindlich- unschuldiger Liebesglut lauert Deutlichkeit haben wir in jenen Bildern die ganze uud gegen die sich diese mit der elementaren Gewalt gesellschaftliche Atmosphäre der damaligen Heit vor eiuer Naturkraft zu behaupten strebt, spürte man nicht uns, jene eigenartige Mischung von Koketterie und allzuviel Schon durch die ganze Balkonszene hin- Frivolität, von Empfindsamkeit und Schwärmerei, bei durch müßte diese bange Stimmung hindurchzittern; aller Geziertheit überhaucht von dem duftigen Schleier sie müßte uns das Liebespaar im Duntel der Nacht der Grazie. oder, wenn man auf den Mondschein als wichtiges
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