Full text: Lübeckische Blätter. 1911 ; Stenographische Berichte über die Verhandlungen der Bürgerschaft zu Lübeck im Jahre 1911 (53)

Verhältnisse viel schlimmer als in der Stadt, und und lebendig, daß Kinder und Lehrer hingerissen Dr. Schröder fand Arbeit auf Jahre hinaus, wie wurden. denn auch die Jahre vorher neben den Reorganisations- Dem gelegentlichen außeramtlichen Verkehr mit arbeiten das am 17. Oktober 1885 veröffentlichte Hauptlehrern und Lehrern wich er nicht aus. In ihrem neue Unterrichtsgesez ihm (sowie der Behörde und Kreise fühlte er sich wohl, und manches Wort der den gesetzgebenden Körperschaften) viel Zeit und Mühe Weisheit, manche Mitteilung aus dem reichen Schah gekostet hatte. Mit der Einrichtung einer staatlichen seiner Erfahrungen prägte sich hier seinen Zuhörern Lehrerinnen-Bildungsanstalt, der Präparandenanstalt ein, ermunterte, richtete auf, tröstete oder diente zum und endlich der Verstaatlichung des Lehrerseminars, Nachdenken. dem die Präparandenanstalt erst lose angegliedert, Gütig und freundlich war er gegen Untergebene. später aber völlig einverleibt wurde, war der Kreis Nur selten zeigte er eine rauhere Außenseite; wer der großen Erneuerungsarbeiten auf dem Gebiet des schärfer sah oder ihn genauer kannte, der wußte, daß Volksschulwesens so gut wie geschlossen. Die Aus- er dann meistens eine in seinem Herzen arbeitende bildung der Lehrer und Lehrerinnen, der Mittelschüler weiche Regung zu verbergen suchte. Der Mann, der und der Volksschüler in Stadt und Land stand nun, mitunter rauh schien, hat manche schlaflose Nacht wie es sich gebührt, dem Staate zu. verbracht, wenn Sorgen um die Schule, widrige Neben diesen großen Arbeiten lief dauernd eine Gegenströmungen oder sonstige berufliche Unannehm- unendliche Menge kleinerer, was hier nicht weiter lichkeiten ihn quälten. berührt werden kann. Niemals vergah er seiner Würde etwas, auch Dr. Schröder hat alle diese Pflichten mit stets nicht im fröhlichen Kreise. Trotz aller Lindigkeit war gleichbleibender Treue und Gewissenhaftigkeit erfüllt die Grundrichtung seines Lebens ernst, auf Verinner- und bei seiner nicht immer festen Gesundheit auch lichung und Vertiefung dringend. Das Leben war mit staunenswerter Beharrlichkeit. In seinem Amt ihm kein Spiel, sondern Sorg’ und viel Arbeit. lebte und webte er und ging er auf. Kein Wunder Spielerischer Unterricht war ihm als Halbheit zuwider. also, wenn die Menge der Lehrer ihn hoch verehrte Er war ein Feind aller Phrase und Oberflächlichkeit. und liebte. Besondere Verehrung genoß er in den Besondere und höhere Kenntnisse, Fähigkeiten und Kreisen der Hauptlehrer und der Bezirksschullehrer, Fertigkeiten seiner Lehrer wußte er zu schäßen. Guten das heißt bei denen, mit denen er beruflich öfter Gesang liebte er sehr. Gefiel ihm ein in der Schule zusammenkam, und die ihn daher genauer kennen gesungenes Lied außerordentlich, so setzte er gern lernten. begleitend mit seiner tiefen Baßstimme ein. An den Die Bezirksschulen bereiste er jährlich mehr- Schulen wünschte er eine straffe, christliche Zucht, mals, auch richtete er 'für die Landschullehrer getragen und aufgebaut von dem Gefühl reiner Men- Wanderkonferenzen ein, bei denen nach einigen schenliebe. Jn der Unterrichtsweise ließ er viel Frei- Musterlektionen des betreffenden Lehrers am Kaffee- heit, wenn er gute Erfolge sah; aber der Methödchen- tisch eine Besprechung des Gehörten und Ge- hascherei war er stets abhold. sehenen im Kreise der Erschienenen stattfand. Zu- Zur Hebung des Lehrerstgandes schien ihm die nächst ließ er die Lehrer beurteilen, zum Schlusse Einrichtung einer zweiten Prüfung nötig, Hauptlehrer ergriff er selbst das Wort. Kurz, knapp und schlagend mußten das seit 1886 vorgeschriebene Mittelschul- hob er den Kern der Sache hervor. Glaubte jemand, examen bestanden haben. In die besser besoldeten ihm widersprechen zu müssen, so hörte er geduldig alle Stellen suchte er diejenigen zu bringen, die die meisten Einwände an, ließ das ihm Zusagende gelten, wider- und besten Examina abgelegt hatten. Über die Fähig- legte die übrigen Einwände mit psychologischem Fein- keit und Brauchbarkeit der ihm Untergebenen hatte gefühl gerade in der Art, die er dem jeweiligen er ein fast immer sicher treffendes Urteil. Gegner gegenüber für die passsendste hielt. Diese Pädagogischen Neuerungen gegenüber verhielt er Wanderkonferenzen brachten jedem Teilnehmer soviel sich sehr reserviert, besonders dann, wenn sie mit berufliche Förderung, verliefen auch so veredelnd, daß tönenden Worten angepriesen wurden. Er wußte ihrer noch heute gern gedacht wird. Jedesmal wird genau, daß in das Unterrichtsgetriebe nur selten noch ' dann auch rühmend hervorgehoben die meisterhafte, wirklich Neues, das zugleich auch wirklich Gutes ist, h vorbildliche, anschauliche Art, in der Doktor Schröder kommen kann. Niemals aber ging seine Zurück " zu unterrichten wußte. Denn häufig nahm er bei haltung so weit, daß er das gute Neue nur deshalb ; Prüfungen, Wanderkonferenzen und JInspizierungen verwarf, weil es neu war oder weil seine Einführung y seiner Landschulen den Unterricht selbst auf, er erschloß Mühe gekostet hätte. Auch in schulpolitischen Fragen y sich vorsichtig, schrittweise den Wissensschatz der verschloß er sich guten Neuerungen nicht: Die durch Kinder, bot Musterlektionen so einfach, volkstümlich das Unterrichtsgesez bestimmte Einführung von Fret 5G4
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