Dr. Ernst Mey er: Hier bitte ich Sie, seine Stelle der Senat. Die Beschwerde
sich durch die Länge des Antrages nicht ab- kann binnen zwei Wochen schriftlich oder
schrecken zu lassen. Es ist in der Tat so und zu Protokoll des Inspektors der Armen-
historisch begründet, daß eine öffentlich-recht- anstalt eingelegt werden. Die Klage ist
liche Aufsichtsbefugnis besteht. Diese ist unbe- gegen den unterstützenden Armenverband
absichtigt durch den ganzen Gang der Ver- zu richten.
handlunge nweggefallen. Nur die privat-recht- Lippert beantragt:
liche Aufsicht wird durch das kommende Gesetz in Absatz 1 des s 18 statt „noch nicht 16 Jahre
über die Berufsvormundschaft geregelt werden. alten“ zu setzen, „noch nicht armenrechtlich
Ich bitte Sie also, den Antrag Herrn Dr. Kählers selbständigen“".
anzunehmen. Denn niemand hat die öffentlich- Ferner beantragt L i p p e r t: die Absätze
rechtliche Aufssichtsbefugnis wegfallen lassen 6 und 7 des s 18 zusammenzuziehen und ihnen
wollen. Ich glaube auch, daß die Fassung des folgenden Wortlaut zu geben:
Antrages unbedenllich ist. Gegen die Entscheidung, welche mit Grün-
Dr. B e n d a: Hier kommt einer der seltenen den zu versehen und zuzustellen ist, kann binnen
Fälle vor, wo alle Juristen e i n e r Meinung zwei Wochen bei der Armenbehörde schriftlich
sind. Ich bitte Sie auch dringend, aus den oder zu Protokoll Beschwerde eingelegt werden,
von Herrn Dr. Meyer ausgeführten Gründen über welche der Verwaltungsgerichtshof end-
dem Antrage zuzustimmen, denn er bildet eine gültig entscheidet. Bis zur Einrichtung eines
wesentliche Verbesserung des Gessetzes. Verwaltungsgerichtshofes ist die Klage im
Der Antrag von Dr. Kähler wird hierauf als ordentlichen Rechtswege zulässig, für welche
neuer F 15 angenommen. Der Wortführer das Landgericht ausschließlich zuständig ist.
stellt fest, daß jeder der weiteren Paragraphen Die Klage ist binnen einer Notfrist von einem
der Senatsvorlage von gs 15 an infolge des neu- Monat nach der Zustellung der Entscheidung
eingeschobenen F 15 um eine Zahl vorgerückt zu erheben.
werden müssen. Lip p ert: Der Antrag des Herrn Dr.
Zu sf 18 (bisher g 17) beantragt Dr. Schlomer Schlomer, der darauf hinausgeht, den g 17
den ganzen gs 18 (bisher g 17) zu streichen. (jetzt g 18) vollständig abzulehnen, gibt mir Ver-
Für den Fall der Ablehnung dieses prinzipalen anlassung, auch ein paar Worte zu der Frage
Antrages beantragt Dr. Schl o me r: der Berechtigung des Arbeitszwanges überhaupt
1. den ersten Satz des Absatzes 4 zu streichen zu sagen. Herr Dr. Schlomer hat bei der all-
und den zweiten Satz des Absatzes 4 wie gemeinen Beratung seiner Meinung dahin Aus-
folgt zu ändern: druck gegeben, daß der Arbeitszwang unberechtigt
Die Kommission besteht aus einem der sei. Jch glaube, die Ansicht des Herrn Dr.
Armenbehörde nicht angehörenden Senats- Schlomer hat sich hauptsächlich aus der Tatsache
mitgliede und vier von der Bürgerschaft zu heraus gebildet, daß er den Arbeitszwang mehr
wählenden Beisitßern, von denen mindestens als eine Strafe ansieht, und weniger als ein
zwei weder Bezirksvorsteher, stellvertre. HMeittel dazu, den der Arbeit Entwöhnten wieder
tende Bezirksvorsteher, noch Armenpfleger einer ordentlichen Arbeit zuzuführen. Ein ganz
oder Armenpflegerinnen sein dürfen. falscher Standpunkt aber ist es, wenn man
2. Im zweiten Satze des Absatzes 5 des g 18 solchen Leuten gegenüber behaupten wollte, wie
hinter „Zeugen“ einzuschieben „ärztliche es Herr Dr. Schlomer tat, an ihrem Unglück
oder andre Sachverständige und am Schlusse seien nicht sie selbst schuld, sondern die Gesell-
dieses Absatzes hinzuzufügen: schaft. Dann schwächt man das persönliche
Anstatt der Unterbringung in eine Armen- Verantwortlichkeitsgefühl des einzelnen und ver-
arbeitsanstalt kann die Kommission auch die hindert dadurch gerade das, was man eigentlich
Einweisung in eine Heil- oder Erziehungs- erstrebt, nämlich ihm nahezulegen, sich einmal
anstalt verfügen. zu überlegen, ob er nicht selbst auch ein gut
1 An Stelle der Absäte 6 und 7 des $ 18 Teil der Schuld mitträgt und welchen Weg er
folgendes zu setzen: einschlagen muß, um wieder zu einem ordent-
Die Entscheidung, welche mit Gründen zu lichen Menschen zu werden. Die Armenver-
versehen und zuzustellen ist, ist anfechtbar waltungen in ganz Deutschland haben ohne
im Wege der Beschwerde beim Ver- Untersschied eingesehen, daß es mit den heutigen
waltungsgericht oder der Klage bei den Mitteln nicht möglich ist, diesen Zweck zu er-
ordentlichen Gerichten. Bis zur Errichtung reichen, und daß unbedingt schärfere Maß-
eines Verwaltungsgerichtshofes tritt an nahmen aufgeboten werden müssen, um die der
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