343 M Verhandl. d. Bürgerschaft am 24. März 1911.
ich mich, daß die Feuerleute insoweit eine Er- sozialdemokratische, von Kommissionen aus-
leichterung erfahren sollen, als ihnen jezt an geschlossen wird, soweit es sich um Bürgerschafts-
den dienstfreien Tagen auch wirklich volle Dienst- kommissionen handelt, so daß man in der Tat
freiheit gegeben ist, so daß sie nicht verpflichtet wohl sagen kann, daß es äußerst selten gelingt,
sind, Theaterwachen und sonstiges während einmal einen der Unsern in eine Kommission
dieser Zeit zu übernehmen. Ich habe mir aller- hineinzubekommen. Genau so sieht es auch
dings sagen lassen, daß auch mit dem, was der bei den Behörden aus. Sie dürfen nicht ver-
Senat jetzt fordert, noch nicht allen Mißsständen gessen, daß auch wir darauf Anspruch erheben
abgeholfen wäre. Hoffentlich ist das aber nicht können, daß man uns mit gleichem Maße mißt.
zutreffend. Ich möchte dringend bitten, daß man Nachdem man bei der Wohnungspflege den
alle Vorkehrungen trifft, um den Feuerleuten Anfang gemacht und auch Leute aus unsern
den dienstfreien Tag zu geben, so daß sie dann Reihen zu Wohnungspflegern bestellt hat, er-
nicht mit andern Nebenbeschäftigungen und warten wir, daß man darin auch weitergeht und
Arbeiten in Anspruch genommen werden dürfen. uns nicht in systematischer Weise von der Teil-
Es ist also wenigstens etwas erreicht, was wir nahme an Kommisssionen und Behörden aus-
mit Freuden konstatieren können. Aber es ist schließt, ebensowenig wie man uns bei dem
demgegenüber, wie Sie wissen, auch mancherlei Anmte des Schöffen und Geschworenen ausschließt.
geschaffen worden, was nicht den Interessen Ich darf Sie darauf hinweisen, daß z. B. im
der Allgemeinheit entspricht. Ich brauche Sie benachbarten Fürstentum Lübeck Schöffen und
nur zu erinnern an die Aufhebung der Frei- Geschworene auch aus Arbeiterkreisen genommen
schulen, an die Gewerbesteuer und nicht zum werden. Soweit ich informiert bin, hat sich
wenigsten an die lezte Erhöhung der Beamten- diese Maßregel als durchaus pratktisch bewährt.
gehälter, die, wie ich nochmals betonen möchte, Wir wenden uns an dieser Stelle gegen den
den untern Beamten nicht das gebracht hat, Ausschluß, den man mit uns vornimmt. Wir
was sie nach ihrer Überzeugung unbedingt ver. wenden uns gegen ihn, als er von uns um so mehr
langen mußten. Da möchte ich dem Wunsche als bitter und ungerecht empfunden wird, weil
Ausdruck geben, daß in der Folgezeit in unserm wir trotz unserer fleinen Zahl die übergroße
Kreise etwas mehr soziales Verständnis zu Mehrheit der Lübecker Bürger vertreten. Wenn
verzeichnen ist. Wenn dieses soziale Empfinden nicht das Klassenwahlrecht geschaffen wäre,
in etwas erhöhterem Maße bei uns vorhanden würde ja die Bürgersschaft in ihrer Zusammen-
wäre, insbesondere bei Ihnen, würde es vielleict setung ein wesentlich anderes Bild geben. Aber
möglich sein, daß wir schon lange das hätten, ich meine, nachdem man der Arbeiterschaft in
was wir seit einer Reihe von Jahren fordern, dieser Weise die Rechte beschnitten hat, können
eine Arbeitskammer, deren Einrichtung einem und müssen wir verlangen, daß man uns nicht
dringenden Wunsche der Arbeiterschaft ent- auch noch in der Bürgerschaft für minderen
spricht. Dann wäre es vielleicht auch nicht aus- Rechtes erklärt, und daß wir genau so behandelt
geschlossen, daß wir uns seit längerer Zeit schon werden, als es auch die übrigen Herren der
zu beschäftigen hätten mit der Frage der Er- HBöürgerschaft für sich beanspruchen. Bei dieser
richtung eines kommunalen Arbeitsnachweises, Gelegenheit komme ich auf eine Einrichtung,
einer Frage, die als brennend bezeichnet werden von der wir einmal etwas haben läuten hören,
muß. Nun habe ich gehört, daß bereits in bezug auf den Seniorenkonvent. Es ist mir mitgeteilt
auf diesen kommunalen Arbeitsnachweis Ver- worden, daß in der Bürgerschaft ein Senioren-
handlungen schweben, und es dürfte daher nicht konvent besteht. Ich weiß nicht, wann und wo
unbescheiden sein, wenn ich der Bitte Ausdruck dieser Seniorenkonvent gewählt wird, denn mir
gebe, daß uns heute über den Stand der Ver- ist davon nichts bekannt. Bisher haben wir in
handlungen eine Mitteilung wird. der Bürgerschaft über den Seniorenkonvent
Wir sind auch in diesem Jahre wie in den noch nicht zu bestimmen gehabt, und es sind
Vorjahren bereit, mitzuarbeiten, wo sich uns auch keine Normen dafür getroffen worden, daß
eine Möglichkeit dazu bietet. Leider aber it wir an ihm mitbeteiligt sind. Dieser Senioren-
uns gerade von Jhnen diese Möglichkeit außer- konvent wird doch Funktionen auszuüben haben,
ordentlich genommen. Ich darf Sie darauf vielleicht gar solche recht schwerwiegender Art.
aufmerksam machen, daß mit einer Konsequenz, Wir halten es für total verkehrt, daß man uns
wie man sie sonst bei der Mehrheit der Bürger- ausschließt und sich auf den Standpunkt stellt,
schaft nicht vorfindet, unsere Fraktion, die daß wir bei solchen Sachen nichts zu suchen