Verhandl. d. Bürgerschaft am 20. März 1911.
werden sie doch solidarisch haften sollen. Ich diesen Vertrag als günstig und klar und der Sach-
möchte zunächst bitten, daß die Überschrift ge- lage entsprechend anzunehmen und ihn nicht noch
ändert wird und daß es heißt: Zwischen dem einmal durch eine Kommission prüfen zu lassen.
Lübeckischen Staat, vertreten durch das Finanz- E. F e h lin g: Wenn die Beanstandungen
departement, und dem Verein der Musikfreunde, von Herrn Schiemann in juristischer Beziehung
vertreten durch den Vorstand, ist folgender An- nicht ernsstlicher sind als die zu s 8, in dem er
trag beschlossen worden. Ich möchte darüber das Wort solidarisch vermißt, brauchen Sie
Aufklärung haben, wie die rechtlichen Verhält- darauf keine Rücksicht zu nehmen. Herr Schie-
nisse des Vereins der Mujsikfreunde sind und mann wird sich aus dem BGB. überzeugen,
welche Garantien er biete. Wenn die Vor- daß sich aus der Fassung aus Rechtsgründen
sstandsmitglieder haften sollen, weshalb ist dann die solidarische Haftbarkeit ergibt.
nicht die Form gewählt, daß sie solidarisch haften ? Dr. Witt ern (zu gt 2): Ich bin nicht in
Jedenfalls ist in dieser Beziehung die Ange- der Lage, diese hohe Summe, die für mehrere
legenheit für mich noch so unklar, daß ich dem Jahre gefordert wird, zu bewilligen, und ich
Antrage nicht zustimmen könnte. Ich bin über- bitte deswegen, s 2 abzulehnen. Diese Mittel
haupt der Meinung, und ich werde das eventuell sollen von der Gesamtheit der Steuerzahler
im einzelnen geltend machen, daß in diesen zehn caufgebracht werden; ich kann es nicht verant-
Paragraphen nach meiner Auffassung noch worten, daß diese hohen Summen auch von
viele Anstände sind, daß ich es wirklich für richtiger den kleinen Steuerzahlern mit aufgebracht
erachte, daß dieser Vertrag einer Kommission werden sollen in der Hauptsache zu dem Zwecke,
zur Prüfung überwiesen wird, damit er noch unn vielleicht die Musikbedürfnisse kleinerer Kreise
einmal durchgearbeitet werden und manches in diesem Maße zu genügen. Bis zu 40 000 .
richtig gestellt werden kann. Es heißt beispiels allein für diese Zwecke aufzuwenden, geht über
weise in § 4: „Der Verein der Musikfreunde das hinaus, was wir angesichts unserer Finanzen
verpflichtet sich weiter, dem Direktor des Stadt- verantworten können. Es ist leider nicht möglich
theaters für die Zeit dieses Vertrages sein geworden, die Sache erneut kommissarisch zu
Orchester ohne den Kapellmeister für die Zwede prüfen. Sonst, glaube ich, würde man recht
des Theaters zur Verfügung zu stellen.“"! Der getan haben, in der Kommission einmal einen
Direktor des Stadttheaters hat kein Orchester. uninteressierten und unparteiischen Sachkundigen
Diese Satstellung ist schief und sollte auch hinzuziehen und mit dessen Hilfe zu prüfen, ob
geändert werden. wir nicht mit geringeren Mitteln auskommen
Senator Dr. F e h lin g: Diese Bedenken können. Was bisher gesprochen hat, ermangelt
werden als ernstlich beachtlich kaum angesehen des Prädikats uninteresssiert und unparteiisch.
werden können. Die Untltlarheit scheint mir hier (Widerspruch.) Wir sind alle mehr oder weniger
nicht auf seiten des Vertrages zu sein. (Heiter. Partei, und man hätte sich daher einen Sach-
keit.) Er ist von der Kommission des Bürger- kundigen von auswärts holen müssen. Es ist
ausschusses mit Sorgfalt und nach gründlicher hier heute auch, insbesondere von Herrn
Erwägung der verschiedenen in Betracht kommen- Dr. Meyer, mit auswärtigen Sachkundigen
den Momente ausgearbeitet, und ihm haben sich operiert worden. Im übrigen ist die Sache in
der Bürgerausschuß und der Senat angeschlossen. einer Kommissionsberatung ja erledigt. Aber
Ich will nur auf einen Punkt aufmerksam machen. ich bin der Auffassung: So lange wir hier nicht
Der Herr Vorredner vermißt den Namen des- die Generalversammlung des Vereins der Musik-
jenigen, der den Vertrag abzuschließgen hat. Die freunde sind, können wir nicht so weit gehen.
Vorlage geht dahin, daß dem Senate die Er- H%Wir haben nur die all g e m einen Interessen
mächtigung erteilt werde, den Vertrag abzu- hier im Auge zu behalten. Der Verein der
schliegen. Wenn das geschehen ist, wiro der Musikfreunde hat im vorigen Jahre mit dem
Senat von der ihm zustehenden Befugnis Ge- Leiter des Stadttheaters einen Vertrag ge-
brauch machen und einen Kommissar des Senates schlossen, der auch uns im vorigen Sommer
bezeichnen. Jm übrigen ist das, was in F 4 ge- vorgelegt ist, und darin steht, daß der Verein
sagt ist, wirklich auf eine irrtümliche Auffassung ich verpflichtet hat, dem Theaterleiter während
des Herrn Vorredners zurückzuführen. Es der Dauer seines Vertrages mit der Stadt für
handelt sich nicht um das Orchester des Direktors die Heit vom 2. Oktober bis zum 1. Mai sein
des Stadttheaters, sondern um das des Vereins aus 52 Musikern bestehendes Orchester zur Ver-
der Musikfreunde. Ich kann Sie nur bitten, fügung zu stellen. Ich nehme an, daß der
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