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dieser Grund nicht durch eine autoritative Er- weitere Kraft nötig sein. Aber dennoch sollten
klärung vom Senatstische beseitigt werden kann. wir, ehe wir der Sache zustimmen, sie zuvor
Es ist zur Begründung der Vorlage u. a. darauf durch eine Kommission prüfen. Sie ist nicht so
hingewiesen worden, daß die Benutzung des eilbedürftig, als daß die Genehmigung nicht
Archivs im Gegensatz zu früher jezt Privaten noch drei bis vier Wochen länger dauern könnte.
zur Verfügung stehe. Ich weiß nicht, ob die (Widerspruch.) Es ist vorhin selbst vom Senats-
Benutzung des Archivs durch ein Regulativ tische gesagt worden, daß man nicht beabsichtige,
generell geregelt ist. Wenn heute von dem Herrn sofort einen Beamten anzustellen. Jedenfalls
Senatskommissar erklärt wird, daß die Be- ist eine große Eilbedürftigkeit der Vorlage nicht
nutzung des Staatsarchivs, auch wenn es sich betont worden, und deswegen sollten wir die
um Interessen einzelner handelt, schlechtweg den Verhältnisse uns in einer Kommission näher
Privaten zur Verfügung steht, würden meine darlegen lassen. Ich möchte Sie daher bitten,
Bedenken erledigt sein, und ich würde dann eine daß Sie den Senatsantrag zunächst an eine
Kommisssionsberatung für nicht mehr am Platze Kommission verweisen. Sehen wir die Not-
halten. Sollte eine solche Erklärung nicht wendigkeit ein, so können wir den Antrag
kommen, Herr Dr. v. Brocken und Herr Rechts- dann ja nach vier Wochen genehmigen.
anwalt Fehling gehen ja davon aus, daß die Senatskommissar Archivrat Dr. Kre t s ch-
Benutzung den Privaten zugestanden wird, m ar: Ich möchte Herrn Dahms erwidern,
möchte ich doch empfehlen, die Vorlage an eine daß die Sache doch nicht so ohne Eilbedürftigkeit
Kommission zu verweisen, damit sie diese Frage ist. Jch habe es vorhin unterlassen, das des
mit in den Bereich ihrer Beratungen zieht und näheren auseinander zu setzen, und möchte
vielleicht Vorschläge dafür macht, wie die Be- es deshalb jetzt nachholen. Uns steht u. a. eine
nutzung durch ein Regulativ geregelt werden große Reorganisation der Senatsakten bevor,
kann. deren Einteilung noch auf ‘dem System beruht,
Senator Dr. F e h li n g: Ich glaube durch das im Jahre 1750 von dem Syndikus Dr.
eine kurze Äußerung das eventuelle Bedenken Dreyer geschaffen worden ist. Diese Einteilung
des Herrn Vorredners zerstreuen zu können. hat sich bewährt, solange sie den Verhältnissen
Ich bin der Meinung, daß es heute unsere Auf. entsprach. Daß sie aber in heutige Verhältnisse
gabe ist, mit den früheren Grundsätzen zu brechen nicht mehr paßt, nachdem ein 19. Jahrhundert
und den Privaten soweit wie irgend angänggg an uns vorübergegangen ist, das wie kein
ist, Einblick in die Akten des Staatsarchives. anderes revolutionär auf unsere innere Ver-
zu gestatten. Nur da wird Halt zu gebieten waltung gewirkt hat, das uns in den Jahren
sein, wo öffentliche Interessen es erfordern. 1866 und 1870/71 auch nach außen Umwälzungen
Diese Frage muß im einzelnen Falle geprüft wie kein anderes gebracht hat, liegt auf der
werden, sie kann nicht einfach durch ein Regu- Hand. Jett ist diese Dreyersche Einteilung
lativ des Archivars erledigt werden. Ich bin für uns eine Fessel, die zu den unglaublichsten
überzeugt, daß das, was ich gesagt habe, nicht. Konsequenzen führt. Dafür nur ein Beispiel.
im Gegensatz steht mit der Auffassung des Wenn Akten über Grundsstücksveräußerungen
Herrn Spezialkommisssars. an das Staatsarchiv abgeliefert werden, snt
D a h m s: Nach dem vorliegenden Senats- wir gezwungen, sie nach dem System Dreyer
antrage konnte es nicht anders aufgefaßt werden, vom Jahre 1750 auf die verschiedenen Gruppen
als daß der Beamte vor allem mit der Herauen zu verteilen. Wenn die Grundstücke in der
gabe des Urkundenbuches betraut werden sollte. inneren Stadt liegen, müssen wir die qÜte!
Nun hat die Debatte ein anderes gelehrt, näm- unter die Abteilung Stadtcassa bringen, liegen
lich das, daß das Staatsarchiv als solches einen sie vor den Mauern, innerhalb der Landwehr,
weiteren wissenschaftlichen Beamten braucht. dann gehören die Akten in die Abteilung Yan?
Es wird bestritten, daß dieser Beamte ein wehr, liegen sie außerhalb der Landwehr, ich
jüngerer Mann sein könnte, und es wird uns die Abteilung Landgebiet. Da Lübeck lt
vorgeschlagen, gleich ein volles Oberlehrergehalt. heute gerade auf dem Gebiete der Landwey
zu bewilligen. Wenn ich die Herren vom An- ausdehnt, gehören die meisten Atten u ff
waltstande höre, muß ich sagen, daß die Not- GOGrundstückserwerbungen in die Abteilung §a1z
wendigkeit der Vorlage dargetan iste Die wehr. Diese Abteilung ist in sich wieder G“;
Herren brauchen anscheinend das Staatsarchiv den vier Toren eingeteilt und innerhalb en
zu ihrem Rüstzeug, und es wird dann eine vier Tore wieder nach den einzelnen Wiesen