Auffassung, ich will mich damit nicht auf das Herrn Dr. Gilbert der Mensch erst beim Leutnant
Gebiet begeben, das Herr Dühring angeschnitten anfängt. Nein, Herr Dr. Gilbert, bei uns fängt
hat, weil tatsächlich mein Verstand als auch der Mensch dort an, wo er Werte für die All-
mein Instinkt und mein Gefühl mir sagen, daß gemeinheit schafft, ob er dies nun tut als geistiger
es mir unverständlich sei, wie ein Lehrer einer oder körperlicher Arbeiter. Sobald er imstande
höheren Mädchenschule einen nach meiner An- ist, Werte zu schaffen, gilt er für uns als voll-
schauung derartig reaktionären Standpunkt ein- gültiger Staatsbürger. Daß die Gegner der
nehmen kann. Vergessen wir eins nicht. Herr Frauenbewegung sich so sehr auf das soziale
Dr. Gilbert hat hier die Auffassung vertreten, Moment berufen, muß gleichfalls wunder-
daß er sich als Lehrer an einer Privatschule unter nehmen. Man jollte eigentlich im Laufe der
einer weiblichen Leitung außerordentlich wohl Jahre zu der Erkenntnis gekommen sein, daß
gefühlt habe. Er hat dann nachher von „Männ- die Frauenbewegung eine hohe kulturelle und
chen“ gesprochen, die hier eventuell einer soziale Bedeutung hat. Sie ist nichts anderes,
Direktorin unterstellt werden sollten. Er meinte, als das notwendige Produkt der heutigen wirt-
daß ein junger Mann, der sich zu dieser Stelle schaftlichen und sozialen Verhältnisse. Da auch
melde, sittlich nicht einwandfrei sei. Ich kann dieser Punkt bereits gestreift worden ist, kann
nicht begreifen, wie jemand, der selbst diesen ich mich auch in dieser Beziehung sehr kurz
Entwicklungsgang durchgemacht hat, nur mit fassen. Wer ist es denn heute, der das junge
dem Unterschiede, daß er als Privatlehrer an Mädchen zwingt, erwerbstätig zu sein, daß
gestellt war, zu einer solchen Auffassung kommen Frauen und zum Teil auch Kinder gleichfalls
kann, und wie er seine Kollegen, die, wie hier erwerbstätig sein müssen ? Das ist eben der
mit Recht ausgeführt worden isst, vorwärts Machtfaktor, der sich heute im geschäftlichen,
streben und der Sache voll und ganz ins Auge im wirtschaftlichen und im paolitischen Leben
schauen, heruntersesgen kann. Ich muß sagen, geltend macht, der Kapitalismus. Wenn man
das verstehe ich nicht. Ich habe schon in der auf dem Standpunkt steht, daß die Frau aus
ersten Sitzung ausgeführt, daß für mich bei dem wirtschaftlichen Leben ausgeschaltet werden
dieser Gelegenheit nur ein Maßstab maßgebend soll, muß man auch dafür Sorge tragen, daß das
ist, die Tüchtigkeit, ein Kollegium zu leiten, Grundübel, das zu dieser Frauenbetätigung,
einerlei, ob es sich um Angehörige des männ- der Frauenarbeit auf wirtschaftlichem Gebiet,
lichen oder weiblichen Geschlechts handel. Der geführt hat, beseitigt wird. Ich stehe aber nicht
Zug der Zeit geht dahin. Sie können noch so auf diesem Standpunkt. Ich sage, es ist absolut
sehr dagegen wettern, Sie werden doch nicht notwendig, daß dieser Entwicklungsgang durch-
imstande sein, diese Entwicklung aufzuhalten. gemacht wird. Das ist mein Standpunkt und
Allerdings sagt Herr Dr. Gilbert, wir brauchten cdauch der meiner Partei. Aber wir sagen anderer-
Ruhe im Bildungswesen. Das mag vielleicht seits, nachhem einmal die Frau schon mitten
maßgebend sein für seine Stellung und die im wirtschaftlichen Leben steht, daß es unsere
anderer Herren, die Gegner dieser Senatsvorlage Pflicht ist, Gerechtigkeit zu üben. Lassen Sie
sind, nicht aber für uns. Gewiß ist es manchmal es unsere Aufgabe darum sein, dafür zu sorgen,
dringend notwendig, daß Ruhe herrscht, aber daß auch dem weiblichen Geschlecht die Bahnen
es ist auch recht häufig dringend notwendig, zu jenen Zielen geebnet werden, die die Männer
einmal aus dieser Ruhe, die zum Teil in Phlezma heute, wenn sie den nötigen Geldbeutel einerseits
ausartet, aufgescheucht zu werden, damit neues und andererseits auch die nötige Bildung be-
Leben hineinkommt und dem alten, zum Teil sißen, erreichen können. Wir müssen der Frau
vermoderten Körper frisches Blut zugeführt cdalso die Erwerbsmöglichkeit erschließen, das ist
wird. Das wird nicht zum mindesten dadurch ein dringendes Gebot der Notwendigkeit. Nun
erreicht, daß wir troß des Protestes des Lehrer- regt man sich so sehr darüber auf, daß die Frauen
vereins, über den ich mich ebenfalls außer- heute mehr oder weniger in das wirtschaftliche
ordentlich gewundert habe, die Vorlage an- Leben hineingreifen müssen. Man beruft sich
nehmen, die der Senat uns jett entgegengebracht allerdings, das ist zwar heute nicht geschehen
hai. Der Einwand in bezug auf die staats- innerlich auf ein Wort, das seinerzeit !
bürgerliche Erziehung, der gleichfalls von Herrn Königsberg gefallen ist, das Wort von dem
Dr. Gilbert gemacht worden ist, ist bereits s|tillen Wirken der Frau in Haus und Familie.
widerlegt worden. Ich kann nur sagen, daß Ich möchte dem gegenüber auf die Tatjach
ich den Eindruck gewonnen habe, als wenn bei hinweisen, daß hohe weibliche Persönlichkeiten,
GOE