Full text: Stenographische Berichte über die Verhandlungen der Bürgerschaft zu Lübeck im Jahre 1910 (52)

» - Verhandl. d. Bürgerschaft am 19. Sept. 1910. Manta u: Jch habe in der vorigen Be- es keine männlichen Kräfte gibt, die an einer ratung dieser Vorlage bekanntlich den Antrag solchen Schule arbeiten wollen, würde der auf Kommissionsberatung gestell. Für mich Lehrkörper vollständig verweiblicht werden müs- ist die Sache durch die zweitägige Verhandlung sen, und das würde ich auf das Lebhafteste noch lange nicht geklärt worden, und ich stele bedauern. Der Kampf ums Dasein wird immer hiermit abexmals den Antrag auf Kommissions- intensiver. Der Mann kann sich seinen Kindern beratung. Ich werde Ihnen die Gründe, die im Hause sehr wenig widmen, auch der bessser- mich dazu führen, nachher kurz skizzieren. Jch gestellte. Wer hat heute nicht sehr viel zu tun? kann mich heute überhaupt sehr kurz fassen, Dann fehlt aber jeder männliche Einfluß bei nachdem ich mich im Juli des längeren über der Erziehung im Haufe so gut wie ganz. Um die ganze Frage ausgelassen habe. Es wird so mehr sollte man daher für die Erziehung in uns vom Senatstische erklärt, es handle siih der Schule des männlichen Einflusses nicht um keine Frage von prinzipieller Tragweite. entraten wollen. Wie sollen die Mädchen, die Ich teile diese Auffassung nicht. Für mich it. unter rein weiblicher Leitung in der Schule es eine prinzipiell wichtige Frage, für mich ite. aufwachsen, die im Hause männliche Leitung es eine Frage, die zu Konsequenzen führen wird, nicht erfahren, später ihre Buben zu ordent- die wir heute noch nicht ganz übersehen können, lichen Männern erziehen? Aus diesen Gründen wie Herr Dr. Gilbert ganz richtig ausgeführt hat, bin ich ganz entschieden gegen die weibliche aber zu Konsequenzen, die schließlich unerwünscht Heitung. Nun hat man mir nachgesagt, ich sei sein werden. Bewilligen Sie heute die weibliche ein großer Gegner der Frauenbewegung. Nichts Leitung für das Lehrerinnenseminar, so wird liegt mir ferner als das. Die maßvollen Be- ganz fraglos die Anstalt anscheinend gut gehen. sstrebungen der Frauen erkenne ich nicht nur Die weibliche Leitung ist billiger als die männ- als berechtigt an, sondern ich unt er sstü tz e liche, und es wäre geradezu Pflicht der Ober- s i e a u <. Ich habe seinerzeit für den Antrag schulbehörde und Pflicht des Senates, alsdann auf Umwandlung des Seminars der Erne- mit Anträgen auf Einführung der weiblichen stinenschule in eine Studienanstalt gestimmt, Leitung auch an den Mädchenmittel- und und ich würde mich freuen, wenn wir bald ‘volksschulen zu kommen, und es läge gar ken ein Mädchengymnasium bekämen – voraus- Grund vor, die weibliche Leitung schon aus gesetzt, .daß es nicht zu viel kostet , damit wir Ersparnisrücksichtendann nicht einzuführen. Wenn ungern Töchtern mehr Erwerbs- und Aus- der Staat durch die weibliche Leitung spart, bildungsmöglichkeiten geben können. Aber die wird er jedenfalls dazu übergehen. Darum gJFrage hat ja mit dieser Sache nichts zu tun. ist die weibliche Leitung für das zu errichtende Ich halte dies auch für eine eminent politische Lehrerinnenseminar ganz fraglos von prin- Frage. Ich werde niemals dafür zu haben sein, zipieller Tragweite. den Frauen das Stimmrecht zu gewähren, Auf einen Punkt ist schon in den früheren ebensowenig für eine Mitwirkung der Frauen Verhandlungen hingewiesen worden, und er bei der Rechtsprechung. hat damals nicht geklärt werden können. Das Nun beantrage ich Kommissionsberatung. Mir ist die Frage der Übungsschule. Wie soll es ist erstens die Bedürfnisfrage noch gar nicht damit werden? Soll da ein männlicher Haupt- geklärt. Ich habe seinerzeit schon betont, daß lehrer bleiben oder soll nach dem bekannten ich mich aus sozialen Gründen freuen würde, Mutter eine Seminarlehrerin zur Leitung der wenn es möglich sein sollte, diese Anstalt in Schule abgeordnet werden? Dann hätten Sie anderer Form zu erhalten, damit den Töchtern schon die weibliche Leitung. Wenn wir aber der mittleren Volksschichten Gelegenheit zur für die Volks- und die Mittelschulen die weib Ausbildung und zum späteren Erwerb gegeben liche Leitung bekämen, dann würde das gleich wird. Aber ich würde nicht – und zwar wieder bedeutend sein mit einer Verweiblichung des aus sozialen Gründen + dafür zu haben sein, gesamten Lehrkörpers.. Wie schon bei den wenn die Bedürfnisfrage nicht vollständig be- früheren Verhandlungen und auch heute aus- jaht werden kann. Ich unterschreibe vollständig, geführt worden . ist, werden schwerlich Lehrer was Herr Rechtsanwalt Fehling in der vorletzten unter weiblicher Leitung arbeiten wollen, uu Sitzung der Bürgerschaft hinsichtlich der Be- wenn sie sich finden, werden sie nicht die besten dürfnisfrage ausgeführt hat Herr Rechts- sein. Die Schulen würden dadurch in ihrer anwalt Fehling hatte große Bedenken, ob wir Ausbildung und Erziehung leiden; denn wenn die jungen Mädchen, die hier ausgebildet werden 585
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.