Der erste stellvertretende Wortführer Dr. Wortführer Dr. W i ch m a n n: Das gehört
Wich m an n eröffnet die Sitzung 6 Uhr nicht mehr in den Rahmen einer persönlichen
20 Minuten. Bemerkung.
Wortführer Dr. W i ch m a u n: Ich eröffne L ö w i g tI(fortfahrend): Das .ist das, was
die Versammlung. Der Herr Wortführer it cin Form einer #persönlichen Bemerkung auch
leider verhindert, und ich hoffe, Sie werden Herr Glasau in der vorigen Sitzung ausführen
mir Ihre gütige Nachsicht heute nicht vor- konnte, ohne daß er daran von dem Herrn Wort-
enthalten, sondern mich in liebenswürdiger führer gehindert wurde. Die Unternehmer
Weise unterstißen. Bevor wir in die heutige wollten diese Verhandlungen nicht. Sie sperrten
Tagesordnung eintreten, erteile ich Herrn Löwigt ihre Leute aus, weil das in Dresden in der
das Wort zu einer persönlichen Bemerkung. Versammlung der Scharfmacher so beschlossen
Löw igt (zur persönlichen Bemerkung): war. (Glocke des Wortführers.)
In der Sitzung vom 23. Mai hat Herr Glasau Wortführer Dr. W i ch m a n n: Herr Löwigt,
während meiner Abwesenheit mir in Form ich muß Jhnen das Wort entziehen, wenn Sie
einer angeblich persönlichen Bemerkung den sich nicht streng in dem Rahmen der persön-
Vorwurf gemacht, ich hätte zum mindesten eine lichen Bemerkung halten.
frivole Behauptung aufgestellt, als ich seinerzeit L ö w i g t (fortfahrend): Nachdem der Herr
zum Ausdruck brachte, die Aussperrung im Bau- Wortführer mich so beschränkt, muß ich zum
gewerbe sei seitens des Arbeitgeberverbandes Schlusse kommen und sagen, daß ich glaube, daß
in frivoler Weise vorgenommen. Wenn ich Herr Glasau für ein derartiges Vorgehen der
bereits damals in der Sitzung anwesend ge- Unternehmer eine weit schärfere Charakteri-
wesen wäre, hätte ich Herrn Glasau gleich darauf sierung seinerzeit gefunden hätte, als er noch
erwidert; das war mir aber nun nicht möglich, Sozialdemokrat und Streikleiter war, wie es
weil ich den Wortlaut seiner Ausführungen nicht meinerseits geschehen ist.
kannte. Was Herr Glasau zur Rechtfertigung Wortführer Dr. W i < m a n n: Von dem
des unerhörten Vorgehens der baugewerblichen Kirchenvorstand der St. Gertrud-Gemeinde ist
Unternehmer vorgebracht hat, ist so nichtssagend mir eine Einladung an die Mitglieder der Bürger-
und beweislos, daß eigentlich aus solcher Hilf- schaft zugegangen, daß für nächsten Sonntag
losigkeit heraus sich schon ergab, daß die Aus- mittags zwischen 111% und 1 Uhr eine Be-
sperrung keine Berechtigung hatte. Herr Glasau sichtigung der neuen Kirche stattfindet. Ich
sagte: „Jm Februar dieses Jahres hat der hoffe, daß recht viele der Herren Gelegenheit
Arbeitgeberverband für das Baugewerbe den nehmen werden, sich die Kirche anzusehen.
Arbeitern in Lübeck die Mitteilung gemacht, Es ist dann weiter von dem ständigen Aus-
daß der Tarif am 1. April ablaufe, und angefragt, schuß zur Förderung der Arbeiterinneninteresssen
ob sie gesonnen seien, ihn zu verlängern oder eine Eingabe für die Reichsversicherungsordnung
andere Forderungen zu stellen beabsichtigten. zugegangen. Die Eingabe hat für uns ja augen-
Die Lohnkommission der Arbeiter hat daraufhin blicklich kein besonderes Interesse, da die Kom-
geantwortet: Wir haben keine Veranlassung, mission für die Reichsversicherungsordnung be-
den Tarif zu verlängern, wir ersuchen euch, uns kanntlich noch tagt. Ich schlage daher vor, daß
mitzuteilen, was ihr uns eventuell mehr geben wir sie einfach zu den Akten nehmen. ;
wollt." Das sind die Ausführungen gewesen, Es ist ferner eingegangen ein Schreiben
die Herr Glasau zu der Sache machte, und mit von dem Wirte Hamann, der darum nachsucht,
denen er beweisen wollte, daß meine Behauptung in seiner Schankgerechtigkeitssache doch Stellung
frivol gewesen sei. Nun glaube ich aber, daß für ihn zu nehmen und ihm dazu zu verhelfen,
kein vernünftiger Mensch aus diesen Worten daß er die Konzession behält, weil die Polizei
schließsen kann, daß für die Arbeitgeber eine ihn in Strafe genommen hat.
Veranlassung vorlag, ihre Leute auszusperren, Die Sache gehört nicht zur Kompetenz der
um so mehr, als meines Wissens die Arbeiter Bürgerschaft, und ich glaube, daß wir ebenfalls
durchaus geneigt waren, so lange ohne Tarif nichts weiter damit machen können, als daß
weiter zu arbeiten, bis die Verhandlungen zu wir die Sache sich einstweilen durch die zu-
einem annehmbaren Resultat gediehen waren. ständige Behörde entwickeln lassen. ;
Die Unternehmer waren durchaus in der Lage, Wir kommen dann zu Punkt 1 unserer Tages
Verhandlungen anzuknüpfen. Das wollten sie dordnung betreffend die Wahl der Kommission
aber nicht. (Glocke des Wortführers.) zur Vorprüfung des Senatsantrages, betreffend
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