E Verhandl. d. Bürgerschaft am 30. März 1910.
folgen sowohl in politischer als sozialer Be- dp«rüfen müsssen, ob dann, wenn solche Verände-
ziehung. rungen, die ohne Zweifel sehr bedeutungsvoll
Die zweite Frage, zu der ich ein paar Worte qfsein würden, getroffen werden sollen, nicht besser
sagen wollte, ist die von Herrn v. Schack ange- eine Scheidung in Unter- und Obergymnaqsgien
regte. Zunächst will ich dazu hervorheben, daß stattzufinden habe. Ich kann nicht weiter
ich sonst nicht an der Autorität des Gewährs- hierauf eingehen und nicht die Gründe dafür
mannes rühren will, von dem Herr v. Schack entwickeln, die mich bestimmen, diesen Weg, falls
jeine Angaben hat, daß aber jener Herr sJich doch überhaupt die Besetzung der wisssenschaftlichen
in seiner Berechnung geirrt hat. Ich weiß wohl, Stunden in den Klassen Sexta bis Quarta mit
daß der Umstand, um den es sich dabei handelt, geprüften Mittelschullehrern durchgeführt werden
nicht allein ins Gewicht fällt, immerhin hätte sjoll, nicht nur für möglich, sondern auch für
einem Schulmann ein derartiger Irrtum nicht notwendig zu halten.
unterlaufen dürfen. Als er die Berechnung ge- Eine weitere Schwierigkeit liegt auf sachlichem
macht hat, wieviel dem Staat die Mittelschul- Gebiet. Herr Senator Kulenkamp hat schon
lehrer kosten würden, hat er meines Erachtens darauf aufmerksam gemacht, daß es zurzeit noch
deren wöchentliche Stundenzahl viel zu hoch ge- gan Mittelschullehrern fehlt. Andererseits wird
schätzt und ist dadurch zu einem zu günstigen eine derartige Entwicklung auch deshalb nur
Resultat gekommen. Wenn für wissenschafst- langsam von statten gehen tönnen, weil die Ober-
lichen Unterricht, wie etwa für den französischen, lehrer, die in den unteren Klassen beschäftigt sind,
die wöchentliche Stundenzahl eines Lehrers fest- doch nicht ohne weiteres beseitigt werden können.
gesetzt werden soll, so kann dabei nicht in Betracht Es wird sich also nur um eine ganz allmähliche
tommen, ob der Lehrer ein akademisch gebildeter Entwicklung in der angegebenen Richtung han-
Dberlehrer oder ein Mittelschullehrer ist, sondern deln können, deren Erfolg zudem in srchul-
nur die Art der Beschäftigung. In wissenschafte. wmiärnnischen Kreisen durchaus nicht für ganz sicher
lichen Fächern kann man geprüften Mittelschull dguünstig angesehen wird. Geht allerdings Preußen
lehrern durchaus nicht mehr Stunden zuweisen in der Frage ernstlich und mit Erfolg vor, so
als geprüften Oberlehrern. Insbesondere gilt wird unbedingt Lübeck dieselben Schritte tun
das vom französischen Unterricht, bei dem man können und auch zu tun haben.
wegen der großen Mühseligkeiten, die gerade Dr. Zi e h l: Herr Schwartz hat mir vorhin
der Anfangsunterricht in dieser Sprache be- Unkenntnis in der Frage der Speisung der
reitet, bei Abmessung der Stundenzahl für einen Schulkinder vorgeworfen. Dazu gehört nicht
Mittelschullehrer außerordentlich vorsichtig sein viel, einen solchen Vorwurf zu machen, aber
müßte. Ich bin ferner der Meinung, daß der man mùüßte doch erwarten, daß man, wenn ein
Erlaß des preußischen Kultusministers durchaus derartiger Vorwurf erhoben wird, doch wenig-
nicht so schnell und so leicht in die Tat umgesektt stens zugehört hätte, was der betreffende Redner
werden kann, wie man es hier und da zu denken eigentlich gesagt hat. Das hat Herr Schwartz
sjcheint. Mir ist vorhin von einem Nachbar die offenbar nicht getan. Es ist möglich, daß er
Frage vorgelegt, ob jener Erlaß sich mit der meine Worte auf seinem Platze nicht hat hören
Vereinbarung unter den deutschen Bundes- können, obgleich mir oft gesagt ist, daß ich zu
regierungen über die höheren Schulen vertrage, denjenigen Rednern gehöre, die ziemlich deutlich
in der es heißt, daß die wissenschaftlichen Unter sprechen und überall zu hören sind. Ich habe
richtsstunden an den höheren Schulen in der mich zum Worte gemeldet, als Herr Schwartz
Regel mit solchen Lehrern besetzt sein sollen, vorschlug, es müßten alle Kinder auf Staats-
welche die vorschriftsmäßige Prüfung für die kosten morgens Milch haben; denn es sei nicht
höheren Schulen bestanden haben. Bisher sind cangängig, daß einige Kinder sich Milch kauften
allerdings diese Worte allgemein so aufgefaßt, und die andern nichts kriegten und dadurch die
daß es sich dabei nur um Oberlehrer, allo um andern beneideten. Das heißt mit andern
die Lehrer, die für das höhere Lehramt geprüft dWorten, daß diese Sache verstaatlicht werden
lind, handele. Nun glaube ich freilich, daß diese muß. Dagegen habe ich opponiert und gesagt,
Schwierigkeiten zu überwinden ssein werden. Herr Schwartz habe seine Kenntnis aus andern
Man könnte ja einfach eine Prüfungsoronung Städten genommen, wo vielleicht etwas der-
mit anderen Bestimmungen schaffen. Aber es artiges nötig ist, in Lübeck sei es aber einst-
liegen noch andere Schwierigkeiten formeller und weilen nicht nötig. Am allerwenigsten könne
jachlicher Art vor. Z. B. wird man die Frege man unsre Verhältnisse mit denen in Berlin
191