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Ich glaube gern, daß eine richtige Anwendung des noch ungeklärte Verhältnisse. Der Herr Senats-
§ 64 der Bauordnung, der auf eine Verteidigung kommissar sagte damals, diese Projette solle man erst
des Stadtbildes gegen Verunstaltungen hinausläuft, ausreifen lassen; dann würde selbstverständlich auch
eine sehr schwierige sein mag; gewiß aber kann nichts mit dem Abbruch der Häuser vorgegangen werden.
so sehr die Durchführung des § 64 erschweren, als Fünf Jahre sind ins Land gegangen, und die Pro-
wenn in Fällen, wo der Staat Grundeigentümer ist, jekte sind nicht ausgereift, sondern sie sind durch den
keine Rüctssicht auf das Stadtbild genommen wird. Meltau der schlechten Finanzlage allmählich ver-
Ein solcher Fall besteht seit jezt bald fünf Jahren. kümmert. Ich glaube nicht, daß wir erwarten dürfen,
Das ist der Zustand am Burgtor. (Sehr richtig.) daß die kostspielige Restauration des Burgtors in
Am Burgtor ist der Staat alleiniger Grundeigentümer. HBälde ausgeführt wird, ebensowenig glaube ich, daß
Er hat eine Reihe von Grundstücken dort zum Ab- wir schon bald ein großzügiges Straßenprojekt in
bruch angekauft und hat von den dort errichteten diesem Teile der Stadt erwarten dürfen. Aber ich
Häusern, um eine Straße von der Burgtorbrücke nach glaube ganz gewiß, daß wir alle, vor allem diejenigen,
der Mauer herunterzuführen, eins abgebrochen. Seit die das Vergnügen häufiger haben, diese ominöse
diesem Abbruch bietet sich den Blicken des Beschauees Wand vor sich zu sehen, überzeugt sind, daß das
dort eine scheußlich kahle Brandmauer dar. Man kein permanenter Zustand werden darf. Es ist absolut
hat sie in jüngster Zeit anscheinend in der Absicht, nicht schwierig, die Sache zu ändern. Es braucheu
eine Verschönerung zu erzielen mit schokoladen. nur die Häuser weggebrochen zu werden; das zieht
brauner Farbe angeslrichen. Angesichts diejes Bildes keineswegs die Konsequenz nach sich, daß an der
fragt man sich wirklich, wie es möglich ist, daß ein Stadtmauer weitere Arbeiten gemacht werden müssen;
solcher Zustand schon ssünf Jahre besteht und an- denn die Häuser sind nicht direkt an das Burgtor
scheinend noch weiter bestehen soll. Wenn man, wie gebaut. Vor fünf Jahren hieß es, daß die Miete,
ich in meiner Praxis, manchmal Gelegenheit hat, mit die wir aus den Häusern bezögen, jährlich etwa
Grundstückseigentümern darüber zu verhandeln, daß A 3000 betrage. Ich habe gehört, daß die Mieten
sie den Wünschen der Baupolizei nachkommen und ganz erheblich zurückgegangen seien oder doch der
ihre Baupläne angemessen ausgestalten und mit Rück- Bruttoertrag der Häuser, da ber den außerordentlich
sicht auf das Stadtbild ändern, wird einem immer vielen Reparaturkosten die Mieter keine Neigung
entgegengehalten: Warum soll ich das tun; ich habe haben, in den schlecht gebauten, auf Abbruch stehenden
so viel weniger Renten aus dem Hause zu erwarten. Häusern zu wohnen. Wenn das der Fall ist, glaube
Entgegnet man, daß man auch ästhetische Rücksichten ich, daß eim Opfer von etwa „ 2000 im Jahres-
nehmen soll, wird erwidert: Tut der Staat das ? budget gerechtfertigt ist, um endlich einen erträglichen
Der Punkt am Burgtor ist viel wichtiger, und der Zustand zu schaffen.
Staat nimmt, um die Miete einzunehmen, auf das In diesem Jahre wird der Verein für Denkmal-
ästhetische Gefühl auch keine Rücksicht und läßt den pflege in Lübeck seine Tagung veranstalten. Ich
Zustand ewig weiterbestehen. Ich glaube wirklich, hoffe, daß wir dann soweit sein werden, daß wir
daß vom Standpunkt derjenigen, die eine frucht. nicht ängstlich Vorkehrungen treffen müssen, daß unsere
bringende Handhabung des § 64 der Bauordnung Gäste alles in Lübeck sehen, aber beileibe nicht vor
wünschen ~ zu denen ich gehöre ~~, unbedingt Wert das Burgtor kommen dürfen. Wenn wir ihnen etwa
darauf gelegt werden muß, daß der Staat mit gutem sagen müßten, daß wir diesen Zustand von Staats-
Beispiel vorangeht. bauten schon fünf Jahre hindurch haben bestehen lassen,
Im Jahre 1902, als es sich darum handelte, würde das für die Stadt und für uns alle äußerst
die Straße von der Burgtorbrücke nach dem Tivoli blamabel sein. Ich hoffe, daß es möglich sein wird,
in der Bürgerschaft zu genehmigen und ein Abbruch die Verträge rechtzeitig zu kündigen und die Häuser
eines Hauses dabei in Frage kam, hat unser jeyiger noch im Laufe des Sommers abgerissen und beseitigt
Wortsührer bereits den Antrag gestellt, alle drei werden. Ich würde mich freuen, wenn wir hören
Häuser niederzulegen. Damals wurde vom Senats- könnten, daß ein derartiges Projekt schon erwogen ist.
tisch erwidert, das jei verfrüht; es sei zu erwarten, Andernfalls würde ich mir gestatten, ein derartiges
daß in kurzer Zeit ein allgemeiner Plan vorgelegt. Ersuchen der Bürgerschaft entgegenzubringen, das
werden würde, um den Burgtorzingel und die reiz, dann dem Bürgerausschuß zur weiteren Prüfung über-
vollen Partien am Burgtor zu restaurieren und dort wiesen werden möge. (Bravo.)
etwas wirklich Schönes zu schaffen. Außerdem sei Senator Dr. Esch en b u r g : Ich will den Aus-
ein Projekt in Bearbeitung, noch eine zweite Einfahrt führungen des Herrn Vorredners durchaus nicht ent-
durch das Burgtor zu machen; das alles seien aber gegentreten. Daß der Zustand am Burgtor nicht
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