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Theater und Mulsik. folgerungen gegenüber den Brüssselern und Böhmen
Man mag es bedauern, daß wir um den Genuß, nur zu leicht Anlaß geben kann. Jnwieweit die
das berühmte Rosé-Quartett im ersten Kammermusik. Akustik des Saales das rein Klangliche im Spiel
Abend von Fräulein Clara Herrmann zu hören, fördert, möchte ich, da ein Vergleich nicht gezogen
durch die Absage der Vereinigung gekommen ssind, werden kann, noch nicht entscheiden. Bei dem
sicher aber bedeutete der Abend durch die Mitwirkung des Quintett klang der erste Satz oft verwischt. Nachdem
Sevcik-Quartetts einen lange nachwirkenden Gewinn. das Ohr sich an die Akustik gewöhnt hatte, schwand
Denn was diese junge Quartettgenossenschaftt, die der Mangel. Prächtig klang der Steinway.
einem der größten Violinpädagogen zu Ehren ihren Im Lehrergesangverein fügte Willy Burmester mit
Namen trägt, bot, war Kunst in höchster Vollendung, seinem unvergleichlich schönen Spiel alten Triumphen
und ich wüßte nicht, was hindern könnte, sie den neue hinzu. Herzlicher konnte der große Geiger nicht
berühmten Brüsselern und Böhmen als gleichwertig gefeiert werden. Sein Begleiter, Herr Stefaniai, er-
an die Seite zu stellene. Ich widersstehe der Verr brachte mit Chopins F-dur-Nocturno und einem Scherzo
suchung, das minvtiöse HZusammenspiel mit seinen von Dohnanyi den Beweis, daß er zu den talent-
unendlich feinen klanglichen Schattierungen an ein- vollsten Pianisten des jüngeren Nachwuchses gerechnet
zelnen Beispielen, die sich namentlich in Beethovens werden muß.
Harfenquartett aufdrängen mußten, zu belegen. Un- ps Die Aufführung von Gounods „Margarethe“
gleich höher noch muß die künstlerische Beherrschung interessierte mich besonders durch den Mephisto des
des Stils durch die Herren stehen, die Wirkungen Herrn Höttges. Die Rolle ist unendlich schwer, und
erzielte, die wahrhaft groß waren. Das einleitende sie bietet Bassisten dieselbe Schwierigkeit wie etwa der
Poco Adagio zum Beethoven, das Largo assai in Loge den Tenoristen. Beide werden darum auch zu-
Haydns g-moll- Quartett kann man nicht vergessen, dwmneisst verzeichnet. Man wird nicht verteidigen können,
weil sie von einer Intensität im Ausdruck waren, die daß Herr Höttges in der Charakterisierung das Richtige
restlos den tiefen Inhalt der Sätze ausschöpfte. Ich traf, aber den Eindruck mußte man gewinnen, daß er
möchte nicht mißverstanden werden, als ob ich durch auf dem besten Wege ist, sich in die schwere Eigenart
Hervorhebung einzelner Teile der Darbietungen die dieser Rolle hineinzuleben. Manches gelang ihm,
übrigen Sätze mit einem künstlerischen Manko in der namentlich im ersten Akt, fast überraschend gut, um
Wiedergabe belegen möchte. Nichts liegt mir ferner. dann, wie in der Gartenszene, wieder am rein
Denn in der Einheitlichkeit der Auffassung der beiden Konventionellen haften zu bleiben. Herr Erb konnte
klassischen Werke lag in letzter Linie der ungemein dem Faust noch allzu wenig Eigenes geben, um durch
starke Eindruck des Abends, der Fräulein Herrmann die Darstellung zu fesseln. Seine Stärke bleibt vor-
den Dank der zahlreichen Zuhörerschaft für die Ver- läufig nur die schöne Stimme, der er durch Drücken
mittlung der Bekanntschaft mit dem Sevcik-Quartett auf den Kehlkopf nicht jene fremde Klangfarbe geben
eintragen mußte. Die Hoffnung durfte man nach sollte, die man sonst bei ihm nicht hören konnte. Daß
dem großen Erfolg des Konzertes mit nach Hause wir in Frl. Bartsch eine Sängerin von wertvollen
nehmen, daß wir dieser Vereinigung in den Kammer- künstlerischen Qualitäten zu schäßen haben, bewies
musik- Abenden nicht zum letzten Male begegnet sind. wieder ihre Margarethe. Ein recht guter Siebel war
Mit der Konzertgeberin vereinigten sich die Quartet- Irl. Stretten, ein weit über den Rahmen des Ge-
tisten zu Dvoräks Ar-dur-Klavierquintett op. 81. wohnten hinausgehender Valentin Herr Fischer.
Das rasseechte Werk haben wir schon öfter in den IJ. Hennings.
Konzerten Fräulein Herrmanns gehört. JIch betrachte Les Représentations Frangaises. Seit
das als einen Vorzug, denn die Komposition verdient vier Jahren unternimmt in den Monaten November
es durch die Noblesse und Eigenart der Erfindung und Dezember eine Truppe französischer Schauspieler,
und durch ihre klanglichen Schönheiten, nicht ver- die sich aus Kräften der ersten Pariser Theater zu-
gessen zu werden. Daß sie bei den Landsleuten des sammensetztt, unter Leitung des Herrn A. Roubaud
Komponisten, der in dem Quintett starke nationale Rundreisen durch Deutschland und gibt in einer Anzahl
Klänge, wie in der Dumka und dem Scherzo, an- größerer Städte Gastspiele. Bei den Aufführungen
schlägt, gut aufgehoben war, durfte man von vorn- wird in erster Linie darauf Rücksicht genommen, den
herein annehmen. Fräulein Herrmann fand in dem Schülern und Schülerinnen der höheren Lehranstalten
Klavierpart Gelegenheit, nur ihre Vorzüge als Gelegenheit zu geben, klassische französische Schauspiele
Kammermussikspielerin hervorzukehren, so daß der in französischer Sprache aufgeführt zu sehen. Seitens
Erfolg des schönen Werkes ein selten großer war. der Schulverwaltung wird deshalb das Unternehmen
Ich möchte noch ein Wort über den Marmorsaal, in vielen Städten lebhaft unterstützt.
der an diesem Abend seine Weihe als Musiksaal Am 3. November spielte die Truppe in Lübeck.
erhielt, sagen. Bei den Quartetten überraschte der Leider stand für die Aufführungen kein anderer Raum
äußere Glanz des Spiels, der zu falschen Schluß- zur Verfügung als die Aula des Katharineums, in