Full text: Lübeckische Blätter. 1908 ; Stenographische Berichte über die Verhandlungen der Bürgerschaft zu Lübeck im Jahre 1908 (50)

67 6 die Arbeiten ohne Lehrerhilfe entstanden waren. Größe, sondern in blinder Raserei. Nachdem der Eine Klasse hatte etwa Schmetterlinge und Käfer Rausch des Rosenduftes durchgekostet, bleibt der muffige gezeichnet, in einer anderen war die Judenkirsche abs CGeruch von all dem Welken; dieser aber ist nicht gebildet worden, dann erhielten die Kinder die minder gewaltig und martert seine Opfer in Ohnmacht Aufgabe, die Naturlinien, die sie durch die Übungen und Angst. In den ,Lichtbändern“ verliert das genau kennen gelernt hatten, auf einem bestimmten Leben die Kraft, und die Sehnsucht zur „Sonne“ Kreis zur Musterung zu bilden; die ganze Klasse wird zur Quälerei. Es gibt keinen Weg mehr zur bemalte sodann die billigen weißen Bierbricken, ein Freiheit in der Sonne; die Angst ist übermächtig andermal Heftumschläge, in der Mädchenschule geworden. Sudermann schildert diese Angst mit stickten sie kleine Decken oder bemalten Papier. unvergleichlicher Technik. Die Angst wird gesteigert servietten uswm. Das waren natürlich die älteren bis zum furchtbarsten: zum Schreck. Der Schreck Schüler; bei den Arbeiten der unteren Klassen bricht mit ungeheurer Macht herein. Und dann ist sah man aber schon die Vorläufer, als Resultate alles vorbei. bemalte Griffel und Federhalter, Pappteller, Kreisel Mag man über den Inhalt dieses Einakters u. dgl. Die Mädchen hatten gestickte Servietten. denken wie man will: er ist ganz ausgezeichnet ge- bänder einfachster Ausstattung gemacht, kleine Täschchen fchrieben, und die Wirkung auf der Bühne muß eine und ähnliches, aber lauter nette praktische Sachen, erschütternde sein. und was die Sache am wertvollsten macht, die Wohl des fauligen Inhalts wegen wurde dieser Musterungen waren alle der Form und dem Zweck Einakter bei uns nicht mitgespielt. Unsere Schau- des Gegenstandes angepaßt. Ich möchte wohl, daß jjpieler hätten viel daraus machen können. Zum unsere Töchter hier In dieser Weise ihren Unterricht Versländnis für den Zusammenhang der einzelnen erhielten und daß sie derartiges in ihren Olter- Teile und des Titels ,„Rosen“, auch für eine be- ausstellungen gte" könnten anstatt der Kunst- freiende Stimmung durch die Gestalt der Daisy wäre leistungen, die nur zu viel die Hand der Lehrerin die Mitaufführung von Nuten gewesen. aufweisen. Dem jungen Mädchen, das die Schule . L z; verläßt, wäre es am allernütlichen, wenn ihre Hand In [Margot ist die Macht der roten Rosen und ihr Auge geschult wären für Form und Farbe. Öebbels: ; , Sie müßte imstande sein, ein einfaches Muster, „Ich sah des Sommers legte Rose steh'u, das sie zur Ausschmückung eines Gegenstandes Sie war, als ob sie bluten könne, rot; [;. braucht, sich auszudenken und den Gedanken durch Da sprach ich schauerud im Vorübergeh'n: den Stift oder die Nadel zur Ausführung zu So weit tur Lebez ist zu nah am Tod! ] bringen. Es müßte ihr aber ebenso notwendig ge- Margot wird gequält von diesen roten Rosen, lehrt werden, daß nicht alles und jedes Ding be- und ist so weit getrieben, daß sie sich wegwerfen will. schmückt werden darf. Sie müßte die Schönheiten Ebelings ehrenhafte Blindheit ist schuld daran. End- eines Gebrauchsstücks beurteilen können und darüber lich unterliegt auch er der Macht dieser Rosen, so unterrichtet sein, wodurch eine Wohnungseinrichtung |pät, daß nur ein bitteres Entsagen ihres Genusses praktisch und schön ist. Derartiges lehrt sich am beide in der unsicheren Hoffnung auf ein fernes Glück besten an dem Herstellen von einfachen Bedarfs. leben läßt. stücken, und das ist auch die allerbeste Vorschulung Dieser Schluß ist banal (insbesondere die Geschichte für eine etwaige spätere Weiterbildung in künst: mit den Händen). Man hätte nicht so sehr auf diesen lerischer Richtung. Schluß hinarbeiten sollen, sondern mehr auf den Solche Gedanken und Wünsche werden noch eigentlichen Effekt, den Kuß. Dies verdarb Conrad viele andere von der Münchener Ausstellung nach Holstein vollkommen. Obwohl Sudermann bis aufs Hause getragen haben, und es ist zu hoffen, daß sie kleinste seine Bewegungen in dieser Szene vorgeschrieben an vielen Orten sich zu Wirkungen und Taten ent. hat, vor allem die Langsamkeit, war er so hölzern wickeln, dann ist auch der Zweck einer so groß- und so rasch, daß der Zuschauer wenig vom Eindruck artigen Veranstaltung am schönsten erreicht. dieses Momentes hatte. Und dieser Moment ist es Louise May. doch, in welchem beide unter der Macht der Rosen ~ ~~~ ct EtHG>iis einen kleinen Tropfen ihres Rausches trinken; vor Theater und Musik. allem aber ist dies die beste Stelle im Einakter. R o s en. Der erste Einakter: („Die Lichtbänder!) Liesel Walter war viel besser als Holstein. (Ein zeigt die Liebesblumen als brutale Sieger. Die Hübsches aber ließ sie sich entgehen: Sie zerpflückt die Schwachen, Pierre und Julia, sind niedrige Sklaven Rosen und wirft, während sie spricht, die einzelnen geworden, der Starke, Wittich, ist gebrochen, und seine Blätter Ebeling ins Gesicht; aber sie nimmt nicht den Rache geschieht ohne Überlegung, geschweige denn mit pärlichen Strauß nach beendeter Rede und schleudert ihn.)
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