Full text: Lübeckische Blätter. 1908 ; Stenographische Berichte über die Verhandlungen der Bürgerschaft zu Lübeck im Jahre 1908 (50)

650 um von Person zu Person zu wirken. Dies ist Klassenlehrer, besonders wenn sie früher an kleineren ungemein wichtig und bedeutungsvoll. Systemen gearbeitet haben, hierüber befragt, so geben Auch auf dem Gebiete des Familienlebens macht sie mit einem bitteren Stoßseufzer die Antwort: man ähnliche Erfahrungen. ,, Mietskasernen und ,,Die kleineren Systeme sind viel besser als die Wolkenkratzer“, wie der Volksmund so treffend die großen; wir kennen die Schüler nicht mehr ordentlich, Riesenbauten nennt, sind gefürchtet und gehaßt, unuanu ja lernen sie kaum dem Namen nach kennen; wir nur die Wohnungsnot treibt die Menschen in diese können fast gar nicht mehr erziehlich wirken; jetzt Steinungetüme hinein. Ohne Frage wird das Ein. fühlen wir uns nicht mehr recht wohl und gemütlich familienhaus als das Ideal der menschlichen Wohnung in der Schule; wir werden nicht mehr ordentlich angesehen und gewertet; hier erst wird in vollem warm in ihr; wir sind eigentlich nur Stundengeber Maße die Wohnung zu einem trauten, glücklichen und Schulhalter, aber keine lebendigen Erzieher.“ Heim. Selbst die riesigen Kasernenbauten scheinen Diese Seufzer sind sehr beachtenswert; denn von der schon der Vergangenheit, dem Absterben anzugehören; Berufsfreude und dem Berufsfrieden der Lehrer die Gegenwart erblickt in kleineren Häusern für kleinere hängt, wenn auch nicht alles, doch sehr viel ab; ja Truppenteile (Kompagnien) einen Fortschritt zu sie sind der wichtigste Faktor in der Schule. Man besseren Soldatenhäusern. Nur anzudeuten braucht sollte deshalb nicht einfach und leichten Herzens man diese Tatsachen; denn jeder, der mit offenen darüber hinweggehen und sagen: „Die Lehrer sind Augen in die Gegenwart hineinschaut, macht täglich dabei interessiert, sie haben kein unbefangenes Urteil.“ solche Beobachtungen. Gott sei Dank, sage ich, sind sie dabei interessiert. Hiernach ist es nun wunderbar anzusehen, daß Wire das nicht der Fall, dann wäre es traurig um gerade auf dem Gebiete, das doch in erster Linie die Schule bestell. Je mehr sie interessiert sind, als Erziehungsanstalt gewertet werden muß, wo das desto besser. Nur für die Schule begeisterte und eigentlich Menschliche die beste und schönste und interessierte Persönlichkeiten können auch Begeisterung tiefste Pflege empfangen soll, ich meine die Schule, und lebendige Persönlichkeit hineinbringen in die speziell die Volksschule, daß man da noch zu immer Schule. Und dies gerade tut unserer Schule so größeren Schulsystemen weiterschreitet und noch not! Dies verdammende Urteil der großen Schul- weiter zu schreiten strebt, und sich auch nicht durch systeme ist also sehr beachtenswert. die Ausdrücke Schulkasernen, Schulfabriken u. dgl. Doch gehen .wir den Schäden der großen Schul- von diesem Streben abbringen läßt. Es kann ja systeme im einzelnen nach. Der wichtigste Faktor sein, daß durch große Systeme vielleicht kleine Er. im ganzen Schulbetriebe ist ohne Frage die Er- sparnisse erzielt werden können. Aber die Erziehungs- ziehung, und gerade diese wird bei großen Systemen und Bildungsfrage, die höchste und wichtigste Frage leider Schaden erleiden. Der Leiter, sollte man aller Zeiten, sollte doch nicht allein zu einer leidigen annehmen, müßte doch eigentlich die Seele der Schule Geldfrage gestempelt werden. Durch übertriebene und der Erziehung sein. Aber wie kann er erziehlich Sparssamkeitsrücksichten darf man doch nicht das wirken, wenn er seine meisten Schüler nicht kennt Wohl des heranwachsenden Geschlechts aufs Spiel und nicht kennen kann, ja nicht einmal dem Namen sezen. In dieser Beziehung denke ich auch von dem nach kennen kann? Kann er dann noch für die gebildeten Bürgertum zu hoch. Auf dieses paßt nmeisten Schüler wirklich erziehlich wirken ? Doch Gott sei Dank nicht jenes scharfe Wort Hoffmanns man braucht dies nicht weiter auszuführen, da jeder von Fallersleben, das er auf die Bildurgsscheu der Leiter dies Unvermögen schmerzlich am eigenen Leibe Bauern des vorigen Jahrhunderts gemünzt hat, wem spürt. ~ Aber der Klassenlehrer kann doch seine er spricht: „Gern zahlen sie für Schwein und Rinder, ganze Erziehungskraft den Kindern seiner Klasse doch ungern für die Zucht der Kinder!“ Also der widmen. Weit gefehlt. Die Erfahrung lehrt das Kostenpunkt allein darf nicht die Entscheidung geben gerade Gegenteil. Je größer nämlich das System bei der Größe der Schulsysteme, denn nur das Beste ist, desto mehr Fachunterricht wird erteilt, und desto ist für unsere Jugend gut genug. Selbstverständlich mehr Fachlehrer müssen da sein. Desto weniger wird allseitig zugegeben und anerkannt, daß die Stunden kann aber daun nur der Klassenlehrer in mehrfach gegliederte Schule der ungegliederten, wo seiner Klasse geben. Er ist oft nur dem Namen mehrere Jahrgänge zu einer Klasse zusammengenome. nach Lehrer seiner Klasse; in Wirklichkeit unterrichten men sind, vorzuziehen ist Es handelt sich hier aber ein halbes Dutzend und mehr Lehrer darin, und alle lediglich um die Frage, ob größere Schulsysteme mit wollen doch auch erziehlich wirken. Aber das Sprich- mehr Klassen, als nach den Altersjahrzängen er. wort sagt schon: ,Viele Köche versalzen den Brei“, forderlich sind, ob die einen Fortschritt bedeuten. und ich füge hinzu: „Viele Erzieher verderben die Wenn man die meisten Schulleiter und au Erziehungl“ Ist jeder Erzieher nämlich eine eigen-
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