Full text: Lübeckische Blätter. 1908 ; Stenographische Berichte über die Verhandlungen der Bürgerschaft zu Lübeck im Jahre 1908 (50)

632 Der Evangelische Bund Worms die halbe Stadt sich singend und fröhlich in Braunschweig. tif. Fur „Lrzekster w rser. ens . : ; ; Ir deutsche nahm zwar auch gern teil, aber mehr Hahlreiche Fäden ziehen sich von Braunschweig hin. schweigend und zurückhaltend. Nur bei dem stimmungs- über zu uns nach Lübeck: hier wie dort ist es dù»ollen Denkmal Bugenhagens vor der wunderbar der Geist des gewaltigsten Niedersachsen unserer schönen Brüdernkirche kam es zu wirklichem Volts- Heimatgeschichte, welcher den Städten zum guten gedränge und festlichem Jubel. Teil sein Gepräge aufgedrückt hat. Beim Anblick Auch Bugenhagen, diese sympathische Gestalt des Domes in Braunschweig mit den herrlichen her Reformationszeit, hat uns Lübeckern, ganz ab- steinernen Grabfiguren Heinrichs des Löwen und gesehen von seiner hervorragenden kirchlichen Wirk- seiner Gemahlin Mechtild wandert unwillkürlich der fsamteit, noch immer viel zu sagen. Wir brauchen nur Blick weiter über Lüneburg, Bardowik, Raßeburg, an unser Katharineum zu denken, das seiner Schwerin nach unserm stillen und doch so eindringlich Entstehungsgeschichte nach in Braunschweig in seinem redenden Dom in Lübeck: überall die Spuren Martino-Katharineum einen Bruder hat, mit welchem dieses Großen, vestigia Leonis! In Braunschweig es eigentlich engere Beziehungen unterhalten müßte. nun gar, der Residenz des Sachsenherzogs, die noh hnlich sind diese beiden Brüder sich übrigens heute vor der Burg Heinrichs den von ihm auf. ghuch darin, daß die äußere Gestalt der Schulbauten gerichteten ehernen Löwen bewahrt, wird man in jn beiden Städten gleich wenig zur Verschönerung geschichtliche Erinnerungen geradezu hineingedrängt. des Straßenbildes beiträgt. Aus fünf getrennten Stadtteilen zusammen- Was die festliche Tagung selbst anlangt, so gewachsen, die ursprünglich alle ihr eigenes Rathaus haben die hiesigen Zeitungen so erfreulich eingehend und ihre eigene Pfarrkirche hatten, bietet heute die darüber berichtet, daß nur noch ein zusammenfassender Stadt ein unregelmäßiges und winkliges, aber de überblick erlaubt sein mag. Die Beteiligung aus durch gerade höchst malerisches Durcheinander, in der Stadt, noch mehr aus dem ganzen Reiche, war dem sich der Fremde schwer zurechtfindet. Wir glänzend. Über 800 Abgeordnete vertraten einen mögen uns in Lübeck übrigens trösten, wenn man ö immerhin noch kleinen – Bruchteil des nun uns allzugroße Vernachlässigung unseres Stadtbildes fast 2500 Zweigvereine mit 370 000 Mitgliedern vorwirft; auch anderwärts ist man nicht besser daran. düumfassenden Bundes. Die beiden größten Säle der In Braunschweig verleßgt es unser üsthetisches Stadt waren Abend für Abend überfüllt; die Zahl Empfinden oft in noch höherem Maße als bei uns, der Versammlungen für den Gesamtvorstand, die wenn in den Hauptstraßen neben einer Reihe Abgeordneten der Zweigvereine, die akademischen niedriger schöner Fachwerkbauten plöglich ~ und Ortsgruppen, die Mitglieder des Bundes und endlich dann meist an besonders exponierter Stelle ein glle Evangelischen überhaupt war sJehr beträchtlich unschöner Ziegelrohbau weit üher seine Nachbarn und überall eine Fülle des Gebotenen. An dauerndem emporragt. Aber in anderen Stadtgegenden ist und wissenschaftlichem Werte übertraf der tiefgründige noch das unverfälschte mittelalterliche Bild bewahrt: Vortrag des Professors Sell aus Bonn „Konfession zahlreiche, meist prächtig restaurierte Kirchen und und Konfessionalismus“ die übrigen Reden in den Klostergebäude, die wie bei uns zu Museen oder ßffentlichen Versammlungen bei weitem. Dieser dergleichen ausgebaut sind, dunkle Torwege, malerische Vortrag wie die Ausführungen des Bundesdirektors Giebel, alte Inschriften an den Wänden, kunstvoll Everling „Zur Jahresarbeit und Zeitlage“ verdienen verzierte Erker, nach engen Gäßchen ganz unvermutet weite Verbreitung. ein freier Plat mit schönen alten Brunnen, oft von Auch das braunschweigische Ministerium hat freundlichen Linden beschattet, kurz, eine echt nieder. durch eines seiner Mitglieder offiziell die Tagung deutsche Stadt. bewillommt und der Herzogregent in einem In dieser alten Welfenstadt war der diesjährigen persönlichen Telegramm seine Grüße ausgesprochen; Generalversammlung des Evangelischen Bundes eine die Regierungen beginnen einzusehen, wie notwendig gastliche Stätte bereitet. Freilich verstehtt der die auf den Frieden gerichteten Bestrebungen des Niedersachse nicht Feste zu feiern wie der Rhein.. Bundes sind. Die offiziellen Vertreter der evangelischen länder; ein Vergleich mit Worms, dem vorjährigen Landeskirchen stehen jetzt, wie man sagen kann, fast Tagungsort, ergibt dies ohne weiteres. Dort wie überall geschlossen hinter uns. Mag mancher auch hier waren Fesstzüge zu den Denkmälern der beiden einwenden, daß das letzte Jahr wenig Veranlassung Reformatoren Luther bzw. Bugenhagen vorgesehen. zum Erinschreiten für den Bund und kein rechtes Aber es war doch ein Unterschien. – Wenn in Feld für seine Wirksamkeit geboten habe: der Ein-
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