Full text: Lübeckische Blätter. 1907 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1907 (49)

588 Abneigungen, die sie eine Disziplin über der anderen Selbsstprüfung vor der Berufswahl zu geben. Aber vernachlässigen ließen, geben sie auf der Schule die. nicht nur im JInteresse der angehenden Juristen, in allen Fächern gleich erfolgreichen Musterschilee sondern für jeden zukünftigen Studierenden wünschte ab. Wenn elterlicher Wunsch oder unzulängliches. ich juristischen Schulunterricht, nicht nur, weil die eigenes Interesse für andere Gebiete sie der Jurisprudenz an geisstesgymnastischem Wert der Jurisprudenz zuführt, so befähigt sie ihre kühle, HMathematik gleichkommt, nicht nur, weil sie das durch sachliche Interessiertheit nicht abgelenkte, loo HVerständnis der Geschichte fördert und der latei. gische Art zu guten Leistungen, wenigstens so. nischen Lektüre in den klassischen juristischen Texten weit, wie das heute überwiegend der Fall ist, die einen interessanteren Stoff zuführt, sondern besonders Aufgaben des Juristen formalistischer Natur sind. weil ich es im Interesse unseres Volkslebens für Aus ihren Reihen gehen deshalb heute die tüchtigen wünschenswert halte, daß auch die Kenntnis Juristen, Theoretiker wie Praktiker, hervor. unseres Rechts ein notwendiger Bestandteil der Zum dritten Typus gehören Menschen mit allgemeinen Bildung werde. Die Verbreitung von starken und feinen Interessen, etwa philosophischen Rechtskenntnissen im Volke, der man sich jett oder künstlerischen oder auch sozialen und humanitären verdienstlich zu unterziehen beginnt, kann erst dann Interessen, denen es um äußerer Umstände, z. B. um vom Erfolge gekrönt werden, wenn für den Ge- elterlicher Bedenken gegen die Unsicherheit des bildeten auch die juristische Bildung selbstverständlich Schriftstellerberufs, um Mangels an Mitteln zur geworden ist. philosophischen Privatdozentenlaufbahn willen oder Die praktische Durchführung meines Vorschlages aus inneren Gründen, z. B. wegen mangelnder denke ich mir so: der Rechtsunterricht ist fakul- künstlerischer Produktivität bei starker Rezeptivität, tativ für Ober- und Unterprimaner, der Lehrgang versagt ist, ihren Beruf auf ihrem beherrschenden einjährig, die Stundenzahl: einmal in der Woche; Interesse aufzubauen, und die nun zur Jurisprudenz neben einer gedrängten Übersicht der wichtigsten ihre Zuflucht nehmen als zu derjenigen Wissen- Rechtsgebiete soll namentlich gemeinsame Lösung schaft, welche sie vermeintlich intellektuel und leichter Rechtsfälle gepflegt werden; als Lehrkraft gemütlich am wenigsten in Anspruch nehmen und würde man wohl unschwer einen hiesigen Richter ihnen Zeit und Kraft für die Pflege ihrer Nein oder Rechtsanwalt gewinnen können. gungen lassen wird. Manche von diesen gehen in Damit sei es genug, um meinen Vorschlag der Studenten-Bohème zugrunde, zu der sie das unsern Lehrern und Juristen zur öffentlichen Hauptkontingent stellen, manche finden doch noch Erörterung in diesen Blättern, der Oberschulbehörde den Zugang zu ihrem angeborenen Beruf oder en gu geneigter Erwägung zu empfehlen. Daß ich Surrogat dafür im Jeournalistenberuf, manche für ihn auf ein auswärtiges Vorbild nicht hin- resignieren und bringen es dann zuweilen gerade gzuweisen vermag, sollte ihm, meine ich, eher förder- durch die Befruchtung ihrer juristischen Berufs. lich als hinderlich sein. Denn was kann wohl ein tätigkeit durch jene andern scheinbar weit abliegenden crühriges Stadtwesen mehr anfeuern als der Wunsch, Neigungen zu wertvollen und eigenartigen wissen- seinerseits für andere ein Vorbild aufzurichten ? schaftlichen Leistungen; alle müssen sie aber vorher 1154. Seelennöte um ihren Beruf leiden, wie sie sonst — wohl nur der junge Theologe kennen lernt, da ihr Freiheit der Taufe. hervorragend zartes intellektuelles Gewissen und - ihre stark ausgebildete Achtung vor der Wisssenschaft Es sei mir gestattet, zu drei Äußerungen in der sie hindern, den juristischen Beruf so leicht zu Artikelserie über die Landeskirche in der vorigen nehmen, wie sie anfangs wollten, und zwingen, den Nummer dieser Blätter eine kurze kirchenrechtliche Geist, den sie in innerster Seele hassen müssen, Darlegung zu geben. Ich nehme die Verantwortung täglich brünstiger zu umarmen. Die Literatur dafür auf meinen Namen und mein Amt als Mit- geschichte hat uns viele Zeugnisse solcher Kämpfe glied der Synode, weil auch Herr Hauptpastot aufbewahrt. Statt aller führe ich nur einen HPetersen als Vertreter des Seniors sich aus- Ausspruch aus Friedrich Hebbels Tagebüchern gesprochen hat. an: „Hat der Mensch gewisse Erfahrungen über Wenn der unter Nr. 730 schreibende Herr am das Höchste gemacht, so würde ssklavisches Versenken CEnde der Äußerung V dem Verlangen nach völliger in das rein Positive wie die Jurisprudenz es g reiheit der Taufe mit Freuden zustimmt, so ist verlangt, ihn töten." dabei übersehen, daß völlige Freiheit eine ordnung Gerade diesem durchaus nicht seltenen Typus mäßige Führung der Taufregister auf's äußerstt ist die Schule es schuldig, ihm Gelegenheit zur erschwert. In ihrer Folge würde künftig die Herbel-
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