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Westerau. von Landgütern veranlaßten. Dadurch legte er sein
(Zur Einweihung des Erholungsheims für lübeckische fz; ibi d. t qt fe ziti
Beamte und Angestellte.) * § »
. Als der Ratmann und spätere Bürgermeister
Wer das Lübeckische Urkundenbuch durchblättert, Andreas Geverdes und der Gewandschneider Gerd
wird die Wahrnehmung machen, daß sich Lübecks dyon Lente im Jahre 1461 das ,gange dorpp
Bürger während des Mittelalters überaus häufig in HWesterouwe belegen im kerspele Wesenberge Lubeschen
den benachbarten Territorien ankauften und es dabei stichtes . . mit allen synen tobehoringen . . ., pach-
nicht mit einer Landstelle genug sein ließen, sondern ten, densten vnde denstghelde" für 1450 #Pf., im
gleich ganze oder doch halbe Dörfer erwarben. Wie heutigen Gelde etwa & 45000, erwarben, werden
erklärt sich das ? auch sie zunächst nur die Verwertung ihres Ver-
Wenn sich heute ein Städter auf dem Lande mögens im Auge gehabt haben. Hatte Westerau
aukauft, so veranlaßt ihn dazu regelmäßig ein ideales doch schon einmal, 1420, einem lübeckischen Bürger,
Motiv, der Wunsch, einen Fleck Erde zu haben, der Albert Lyppe, als Kapitalanlage gedient. Aber
ihm völlige Ruhe und Erholung ermöglicht. Den beide Käufer haben ihr neues Besittum dann wohl-
mittelalterlichen Städter aber lockte nicht die „Stille tätigen Zwecken dienstbar gemacht und dadurch den
der ländlichen Flur“ aus seinen Mauern heraus. Grundstein zur heutigen Westerauer Stiftung gelegt.
Die Städte waren nur klein, bestenfalls bescheidene Die Stiftung ist nicht uno actu und nicht an
Mittelstädte, allerdings eng gebaut, aber die Häuser einem Tage entstanden. Den ersten Schritt zu ihrer
meist niedrig und nirgends ,geschlossene Bauweise“ Begründung hat Gerd von Lente getan. Als er
vorgeschrieben. Handel und Gewerbe gingen ge- 1463 eine Vikarie an der Petrikirche stiftete, wies
mächlich, ohne nervöse Hast ihren Gang Überallem er zu ihrer Unterhaltung auch 13 &Pf. aus Westerau
lag die idyllische Ruhe, die uns heute in abgelegenen (in et de sua medietate ville Westerouwe) an und
Städten so anmutet. Dazu boten die Stadtmauern bestimmte, daß. nach Aussterben der vierten Generation
Schutz vor feindlichem Überfall und damit eine per- seiner Familie sein ganzer Anteil am Dorfe mit
sönliche Sicherheit, die der Bewohner des Landes allen Erträgnissen dieser Vikarie zufallen solle.
entbehren mußle. Allerdings war die Luft in der Gleichzeitig sollte das Patronatsrecht über sie, das
Stadt schlecht; die Schweine liefen auf den Straßen Recht einen Vikar für sie zu präsentieren, von
umher, das Abfuhrwesen war ungenügend geregelt. seiner Familie auf die vier Alterkeute der Gewand-
Aber man war das so gewohnt, empfand es kaum schneiderkompagnie übergehen. 1646 trat das vor
oder sah es doch als unabänderlich an und wußte gesehene Ereignis ein; die Gewandschneiderältesten
noch nichts von hygienischen Bedenken. Aus allen übernahmen die ihnen zugedachten Befugnisse und
diesen Gründen war dem mittelalterlichen Stadts der Rat fügte durch Dekret von 1648 seine Be-
bewohner der „Zug nach dem Lande“ völlig fremd. stätigung hinzu. Bei der Auflösung der Kompagnie
Wer dort Besitzungen hatte, zog kaum hinaus, wurde bestimmt, daß nach dem dereinstigen Aus-
wenigstens nicht um dort zu wohnen, sondern um sterben ihrer Mitglieder „in jedem Erledigungsfalle
von seinen Bauern Abgaben einzuheben. Nur des- die Handelskammer einen Kaufmann zur Mitver-
wegen hatte er die Güter gekauft. waltung bei der Westerauer Stiftung zu ernennen
Wer Geld hat, braucht sich heute um dessen habe.“ Das gilt bis auf den heutigen Tag.
Anlage keine grauen Haare wachsen zu lassen, er Andreas Geverdes behielt seine Hälfte zunächst
habe denn zuviel davon. Anders im Mittelalter. noch für sich, folgte aber 1477 dem Beispiel seines
Da galt das kanonische Zinsverbot: jeder Zins, auch Miteigentümers und vermachte seinen ganzen Wester
der allermäßigste, ward als Wucher betrachtet. Der auer Anteil sowie weitere 400 Z#Pf. für verschiedene
reiche Mann konnte also sein Geld nicht durch Ver- Stiftungszwecke. Die Rente, die Land und Bargeld
leihen verwerten. Verrosten lassen wollte er es abwarfen, sollte von seinem Tode an zunächst s!
aber nicht. Deshalb suchte und fand er Mittel freiem Begräbnis derer dienen, die auf den Kirch
und Wege, dies Verbot zu umgehen. Dazu diente höfen der Siechenhäuser zu St. Gertrud und St.
ihm vor allem der Rentenkauf, dann aber auch der An- Jürgen, „vor Lübke belegen, “ bestattet werden wollten,
kauf von Grundbesit auf dem Lande. Das war dann 16 bzw. 10 Pf. Jahr für Jahr den dortige!
legitim und zudem der Grundbesiß damals die Kuhlengräbern ausgekehrt, weiter die Wachslichter
einzige mit einiger Sicherheit und Regelmäßigkeit in den beiden zugehörigen Kapellen unterhalten wet
fließende Einnahmequelle. Materielle Motive waren es den und der Rest der Stadt zur Besserung ihret
also, die den Städter im Mittelalter zum Erwerb Wege und Stege zufallen. Das Stiftungsvermögen