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mitteln und so die ohnehin schon regen Beziehungen Strahlen gehen aus in die unermeßliche Weite,
zwischen deutschen und englischen literarischen Kreisen Leben zu bringen.“
durch seinen Verlag noch reger zu gestalten. Das Wie tief. fromm und wie modern zugleich! Ein
ist ein überaus glücklicher Gedanke, der vollste Zu- anderer Psalm (30) trägt die Überschrift: „Nute
stimmung verdient. – Die bisherigen Werke des die Zeit." Gedanken, wie sie uns hier entgegentreten,
Curtius'schen Verlags lassen erkennen, daß Tatkraft, sucht man in der überlieferten religiösen Lyrik fast
hanseatischer Weitblick und Wagemut die günstigen vergebens:
vorbedeutenden Zeichen sind, unter denen die junge „Gottes Gebot heißt uns täglich arbeiten und
Firma steht. Als Buchhändler-Zeichen treten uns verkündet, daß verständige Tatkraft der rechte
auf den Werken des Verlags die Holstentortürme, . Dank sei für die Einsicht, die uns gegeben.“
mit den Buchstaben K. C., entgegen. Es ist ein Ähnlich heißt es im 66. Psalm (,, Segen des
Gruß und Dank an die alte Heimat. Herr Curtius Kampfes“!):
darf versichert sein, daß auch hier in der Vaterstadt „Breite Kenntnisse aus, den Leuten zu helfen, und
sein Unternehmen freudig begrüßt worden ist. Wissenschaft, die Gebilde des Bösen zu zerstören.
Aber auch das Buch selbst, die „Psalmen des Laß jedermann schauen die Gesetze der Welt
Westens," verdienen freudige Aufnahme. Weder der und jegliches Gemüt seine Gaben und Kräfte zu
englische Verfasser, noch der Übersezer haben ihre Namen Rate ziehen.“
genannt, damit die Sache allein rede. Der Verfasser Gelegentlich fordert auch wohl ein mit voller Be-
gehört einer vornehmen, weit bekannten englischen stimmtheit ausgesprochenes Wort zum Widerspruch
Familie an. Der Übersetzer aber ist kein schlichter heraus, wie z. B. der Vers:
Uebersetzer, der seine Sache schlecht und recht macht, „Bete nicht für deine einzelne Sache; denn die
so gut ers kann, sondern ein dem englischen Dichter Winde sind nicht geschaffen für deine Lieblings-
geistesverwandter, kongenialer Nachdichter, der die blumen, noch die Wolken bemessen für deine
Sprache als Meister formt und den Pulsschlag seiner Zisternen.“
Zeit versteht. Das zeigen schon die dem Buche Alber eben dieser Widerspruch reizt zum Nachdenken,
„Zur Einführung" vorangestellen Worte. Mit zum erneuten religiösßen Suchen. Wunderbar schön
Recht heißt es in dieser Vorrede: „Unsere HZeit ist die dichterishe Sprache dieser Psalmen; aber
sammelt Atem zu einem großen religiösen Durchbruch. mehr noch ist's der Geist, der Gedankenreichtum, der
Neben all dem theologischen und kirchenregimentlichen heilige, ringende Ernst, was uns an diesem Buche
Zank, der unsere Tage durchschrillt, lassen sich andere fesselt. Eine prächtige Gabe, diese ,„Psalmen des
viel tiefere Töne hören, die aus Sehnsucht, aus Westens“! Evers.
starker, wahrer Sehnsucht stammen. Unter der Ober- . . ..
fläche rühren sich im Dunkeln wieder einmal die Litcrarische Gesellschast. Lübecker Leseabend
religiösen Urgewalten.“ Und nun bieten Überssetzer von 1890.
und Verleger eben dieser religiös suchenden, sehn- Herr Robert Kirchmair sprach am 9. d. M. im
Jüchtigen Zeit die „Psalmen des Westens“ in deutscher kleinen Saale der Stadthalle über Martin Greiff. Er
Nachdichtung als willkommenes Geschenk dar. Es stellle in seinen Ausführungen den Dichter, insbesondere
ist tiefe, edle Frömmigkeit, die aus dieser religiösen als Lyriker, auf eine sehr hohe Stufe. Ob mit Recht,
Lyrik zu uns spricht. Aber diese Frömmigkeit trägt läßt sich nach einem einmaligen Vortrage schwer ent-
das Gewand unserer Tage. Kein sacrikicio del scheiden. Mir scheint die Schlichtheit ein allzu stark
intelletto, kein „Opfer des Verstandes“ wird hier vorherrschender Charakterzug der Dichtungen Greiffs
dem modern empfindenden Menschen zugemutet. zu sein. Der Vortragende beging für mein Getühl
Gottesglaube und neuzeitliche Naturerkenntnis haben in seinen Darlegungen einen Fehler dadurch, daß er
hier einen heiligen Bund miteinander geschlossen. fortwährend Greiff zu den sogenannten modernen
Man lese z. B. den ersten, „Preis der Schöpfung“ Dichtern in Kuntrasst stellte. Dieses Inkontraststellen
überschriebenen Psalm. Darin heißt es: zweier versschiedenartiger literarischer Erscheinungen
„Laß uns sinnen über deinen Werken und ent- findet man so Häufig in Vorträgen und Abhandlungen.
hülle uns die strahlende Botschast deines Lichts. Warum ? Es ist doch entschieden richtiger, jede künst-
Du setzest die Sonne in ihre Herrschaft; die lerische Persönlichkeit für sich allein zu betrachten und
Erde wandelt ihre Bahn und rollt rastlos dahin. darzulegen, als sie stets mit anderen zu vergleichen
Der Sonne Gewalt gehorchen die Planeten, sie oder gegen andere auszuspielen. Man erregt dadurch
sendet ihnen Wärme und Leben. ; Widerspruch und überzeugt ganz und gar nicht.
Denn du hast ihr verliehen von deinen Kräften; Der Vortragende war entschieden von warmer
sie glüht mit unvergänglichem Feuer, und ihre Begeisterung für seinen Dichter beseelt und durchdrang