~ 415 –]} Verhandl. d. Bürgerschaft am 28. Oktober 1907.
Es ist nichts unangenehmer, als wenn man wartet, vermag der Lehrer um so weniger, je größer die
daß der Redner zu Ende kommen soll, und er redet Klassen sind. Weil es überall eine Erfahrungs-
immer und immer weiter. Ich will Ihnen daher tatsache ist, daß in überfüllten Klassen das Ergebnis
von vornherein sagen, daß i < lange zu sprechen ein ungünstiges ist, fordern die Lehrer auch mit
habe, mindestens so lange, wie der Redner, der vor Recht, daß die Schülerzahl über eine gewisse Höhe
mir am längsten gesprochen hat. Die Rücksicht also nicht hinübergehen darf. Allgemein gehen die Forde-
will ich nehmen, daß ich Ihnen das von vornherein rungen für die unteren Klassen dahin, daß in diesen
sage. Ob Sie auch mir gegenüber Rücksicht üben 20 bis 30, in den mittleren und höheren höchstens
und von der üblichen Gepflogenheit, die hier mehrfach 30 bis 40 Schüler sein sollen. Jede Erhöhung der
in die Erscheinung getreten ist, die, wenn ein Redner Klassenfrequenz muß von dem idealen Wege für die
lange spricht, sich privatim zu unterhalten, Abstand Schule abführen, und man kommt dabei zu einer
nehmen wollen, ob Sie das tun wollen, muß ich Mafßssenabfütterung mit Kenntnissen, zur Fabrikware.
natürlich Ihnen überlassen. Jedenfalls kann der Lehrer nicht so auf den Schüler
Es ist heute abend und auch in der Senats- einwirken, wie er es für notwendig hält, wenn die
vorlage mit seltener Klarheit gesagt worden, daß es Klasse überfüllt iste. Ich will aber darauf nicht
finanzielle Gründe sind, die zu dieser Änderung des weiter eingehen. Das hat schon Herr Schulmerich
Schulgeseßes führen. Das ist in der Senatsvorlage, getan, und der kennt die Sache besser als ich als
im Kommissionsbericht und heute abend vom Senats- Laie. Diesen Weg nun hat man hier beschritten,
tische so klar ausgesprochen worden, daß daran kein und man will zu dem ausgesprochenen Zwecke,
Zweifel möglich ist. Der Senat erhofft nicht finanzielle Ersparnisse zu erzielen, die Schülerzahl
. unwesentliche Ersparungen im Schulwesen zu in den Klassen erhöhen. Der Umstand, daß wir
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ohne . daß die Leistungen der Schule zurückgehen. zelnen Klassen eine geringere gewesen ist, und gerade
Die Oberschulbehörde meint, rund 36 Klassen in di es es Gute, was wir gehabt haben, will man
den Volksschulen ersparen zu können. Mehr als nehmen, um Kosten zu sparen. Ja, wenn nun
zwei Doppelschulhäuser werden für die nächsten das hier in Lübeck von der Volksschule erreichte Ziel
. Jahre nicht zu bauen sein, denn die werden nach ein solches wäre, daß man nicht klagen köunte, so
u Meinung des Senates durch diese Vorlage erspart könnte man schließlich, wenn auch vielleicht mit
.. werden. So weit ist der Plan durchaus klar. Daß scwerem Herzen und nur dann, wenn sich wirklich
ri die Kosten für das Schulwesen herabgemindeet gar kein anderer Weg finden ließe, auf dem das zu
: werden müßten, ist dem Bürgerausschuß so selbste. vermeiden wäre, mit der Höchstziffer hinaufgehen;
h verständlich erschienen, daß er gar nicht einmal die aber wenn wir die Sache daraufhin prüfen, stoßen
! Frage geprüft hat, ob denn auch ein Anlaß dazu wir sofort auf Tatsachen, die jeden, der es ernst mit
er vorliege. Die Kommission hat nur den Weg gesucht, der Schule meint, der sie zu heben und nicht zu
ist auf dem das Ziel erreicht werden könnte, nachdem verkümmern sucht, aufs tiefste betrüben muß. Wir
et- ihr der vom Senat vorgeschlagene Weg als ein haben nämlich die Tatsache zu beklagen, daß das
ja nicht richtiger erschienen war. Auch der Bürger. HZiel der Volksschule hier in Lübeck von einer ständig
nd ausschuß und seine Kommission wollen die Leistungen kleiner werdenden Zahl erreicht wird. Ich will das
ne der Schule nicht vermindern. Daß die Leistungen Ziel der Schule als erreicht ansehen, wenn die
en der Volksschule, wenn der Plan verwirklicht wir, Schüler nach beendigter Schulpflicht aus der ersten
rd. der uns unterbreitet ist, herabgemindert werden, hat Klasse abgehen. Sicher ist das nur eine rein ober-
er der einzige Fachmann in der Kommission in seinem flächliche Beurteilung der Frage, ob das Schulziel
pir besonderen Gutachten schon gesagt und auch heute erreicht ist oder nicht. Wenn man einmal eine
ren erklärt. Das ist auch erklärlich, denn je mehr ernstere Prüfung anstellen wollte, würde man sehen,
pr. Schüler auf den Lehrer kommen, je voller die Klasse daß auch von den Schülern, die aus der ersten
ten ist, desto weniger ist ihm Gelegenheit gegeben, daß Klasse entlassen werden, das Schulziel nicht in allen
bei er auf die individuellen Eigenheiten der Schüler Fällen erreicht iste. Ich habe in meiner eigenen
die eingehen kann, er muß mehr in Bausch und Bogen Familie einen Fall gehabt. Ich weiß ein Kind,
ach die Sache behandeln. Er kann nicht nur die Pflicht welches zwei Jahre die erste Klasse besucht hat, die
daß nicht ganz erfüllen, den Schülern ein bestimmtes cerste gewesen ist, ein Zeugnis gehabt hat, in dem
ird Maß von Fähigkeiten und Kenntnissen mitzugeben, nur Einsen waren. Trotzdem war das Prüfungs-
' sondern noch weniger seine Pflicht, erziehlich zu ergebnis in unserer deutschen Sprache, in Ortho-
en. wirken. Auf den Charakter der Schüler einzuwirken graphie und Grammatik kein befriedigendes + kein