1 .. Herhandl. d. Bürgerschaft am 28. Oktober 1907.
wollte, eine ganze Menge einzelner Bemerkungen zu sich von dem Standpunkte des Lehrers aus ergeben;
machen, aber ich möchte Sie nicht mit Kleinigkeiten sie werden aber auch von dem Medizinalkollegium
aufhalten, die allerdings dem Lehrer oft gar keine geteilt. Es sagt auf Seite 13: „Die ganze Ein-
Kleinigkeiten sind. Darum will ich mir gern Ber- richtung ist zu neu, als daß sich allgemein gültige
schränkungen auferlegen und nur das mir als das Grundsäße schon hätten herausbilden können."
wichtigste Erscheinende vorbringen. Daraus schließe ich, daß man um so vorsichtiger
Auffallenderweise heißt es in den Dienstvor- vorgehen soll und in der Tat erst Versuche, vielleicht
schristen, daß der Arzt auch zur Überwachung der mit einzelnen Schulen, vornehmen sollte. Man sollte
Ventilation und der Heizung verpflichtet werden oll. die Untersuchungen auch nicht gleich auf alle, auch
Das sollte doch wohl der Lehrer allein fertigbringen. die Gesunden, ausdehnen, sondern sie nach Mög-
Banz unklar ist mir aber, daß dem Schularzt vor- lichkeit einschränken. Die ganze Vorlage hat, wie
geschrieben wird, er soll auch die körperliche Haltung an verschiedenen Stellen gesagt ist, im wesentlichen
der Schulkinder überwachen. Wenn das der Lehrer die Wiesbadener Verhältnisse zum Muster genommen.
nicht mehr kann, ist er nicht genügend vorgebildet. Da ist es sehr interessant, daß gerade der Wies-
Der Arzt kann es überhaupt nicht; denn es heißt badener Schularzt, und zwar der älteste derselben,
extra in den Dienstvorschristen, daß, wenn der Arzt Dr. Cuntz, auch sehr viele Bedenken hat. „Seine
zum Besuch in eine Klasse kommt, der Unterricht Ausführungen beweisen, “ sagt das Medizinalkollegium,
ausgesezt wird. Die Kinder sind also unbeschäftigt, „daß die Schularzteinrichtung nach dem Wies-
uud welche Haltung sie beim Schreiben und Zeichnen, badener Muster sich in verschiedenen Punkten nicht
ja beim Unterricht überhaupt einnehmen, sieht der bewährt hat und in mehrfacher Beziehung ver-
Arzt gar nicht, kann er also auch beim besten Willen besserungsbedürftig ist.! Mir will darum scheinen,
nicht überwachen. Er soll es auch gar nicht tun, daß man hier gründlich prüfen und langsam vor-
da das durchaus nicht seine Aufgabe sein kann, gehen sollte. Von den Mitteilungen der Arzte
sondern Aufgabe des Lehrers ist und bleiben muß. an die Eltern über ihre Befunde verspricht man
In § 7 heißt es, und das hat mich gewissermaßen ich an anderen Orten nicht viel. Wie ich in Er-
wieder gefreut, daß der Schularzt bei der Zuweisung fahrung gebracht habe, hat der Sonneberger Schul-
von Kindern zur Schule für Schwachbefähigte mit- arzt im vorlezten Schuljahr überhaupt darauf ver-
wirken soll. Wir haben ja ein Geseg über solche zichtet, den Eltern durch den Schulleiter Mitteilungen
Zuweisung noch nicht; aber wenn der Schularzt über zugehen zu lassen, weil er keinen Erfolg damit
die Zuweisung in die Schule für Schwachbefähigte gehabt hat. Und wie heißt es hier in dem Bericht
entscheiden soll, werden wir ja wohl ein solches des Medizinalkollegiums ? „Nach dem erwähnten
Gesez bald bekommen, ein Gesetzz, das ich sehr Bericht erscheint es genügend, wenn eine solche ärzt-
wünsche und das jeder Lehrer im Interesse des liche Sprechstunde zwei- bis dreimal im halben Jahre
Unterrichtes wünschen muß. Dann werden diejenigen abgehalten wird." Troy dieser Erklärung fordert
Kinder, die dem Unterricht in der Volksschule. nicht die Senatsvorlage, es sollen bei uns allmonatlich
folgen können, der Schule für Schwachbefähigte zweistündige Sprechstunden abgehalten werden. Weiter
überwiesen werden können. Bisher hängt das von heißt es in dem Bericht von Dr. Cuntz: „Es mehren
der Zustimmung der Eltern ab. In vielen Fällen sich überhaupt die Stimmen, daß mit den guten
geben aber die Eltern ihre Zustimmung nicht, und Ratschlägen, Ermahnungen und fortwährenden Unter-
das Kind bleibt zu seinem eigenen Schaden wie suchungen es nicht getan sei, sondern daß es auf
zum Schaden der Schule in der Klasse, in der es Herbeiführung und alsbaldige Einleitung einer ärzt-
einmal ist und geht nachher meinetwegen aus der lichen Behandlung ankommt.“ Das heißt doch auch,
fünften Klasse der achtklasssigen Volksschule ab. Wir widmet euer ganzes Interesse den kranken Kindern
i haben derartige Beispiele wiederholt gehabt. und verwendet nicht so viel Zeit und überflüssige
u Das sind die wesentlichsten Bemerkungen, die ich Mühe auf die gesunden! Das Hauptgewicht, so wird
, zu den Dienstvorschristen zu machen habe. Vielleicht weiter ausgeführt, sei in Wiesbaden auf die erste
legen Sie ihnen kein allzugroßes Gewicht bei. Ich will Untersuchung gelegt. Für diese werde es aber nötig
: deshalb versuchen, sie durch Bemerkungen von ärzte. ein, noch in weiterem Maße als bisher die Mit-
'û licher Seite etwas zu unterstützen. Mir ist in dem teilungen der Hausärzte heranzuziehen. Die von
n Gutachten des Medizinalkollegiums einiges auf. den etwa anwesenden Eltern zu erwartende Aus-
n gefallen + Sie finden es auf Seite 13 , das kunft sei nicht genügend. „Denn das öffentliche
ie mir doch zu denken gegeben hat. Manches von Ausfragen der Eltern über häusliche Zustände, Ge-
n dem, was ich ausgeführt habe, sind Bedenken, die wöohnheiten, Charakteranlagen und etwaige Krank-
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