keit der Schultern stets als gerechtes Prinzip ver-
treten ist. Man hat bisher meines Erachtens mit
Recht gesagt, wenn jeder das der Gemeindekasse
gibt, was er leisten kann, tut er in jeder Beziehung
das, was er zu tun hat. Mehr als er leisten kann,
soll er nicht leisten, denn der Besitz an und für sich
ist noch kein Verdiense Wir haben mehrfach Ge-
legenheit gehabt zu sehen, daß diejenigen, die auf
großen Besit pochen konnten, damit den Nachweis
noch nicht erbrachten, daß sie eine größere politische
Betätigung in Anspruch nehmen konnten. Im
Gegenteil, wir haben es recht häufig gehabt, daß
der Besitz, und zwar namentlich der Grundbesitz, in
den Kommunen ein wahres Hemmnis der Fort-
entwicklung der Gemeinde gewesen ist. Der
Grundsatz, daß nur dann, wenn die einzelnen gleiche
Lasten tragen, gleiches Stimmrecht beansprucht wer-
den kann, ist ein in jeder Hinsicht unsozialer und in
keiner Weise zutreffend. Es sollen die Lasten so
verteilt werden, wie sie die Schultern des einzelnen
tragen können. Wenn sie so verteilt sind, sind sie
gerecht verteilt, und dann schließt das aus, daß
jemand besondere Vorrechte eingeräumt bekommt.
Der Antrag Wissell wird hierauf abgelehnt und
Art. 13 in der Fassung der Senatsvorlage ange-
nommen. .
Zu Art. 17 beantragt Schulmerich, in Zeile 1
nach „diejenigen“ einzuschalten „männlichen.“
Senator Dr. Neumann: Gegen den Antrag
ist nichts einzuwenden.
Der Antrag wird hierauf angenommen.
Zu Art. 18 beantragt Wissell folgende Fassung
des ersten Satzes:
„Die Mitglieder des Gemeindevorstandes wer-
den durch die Aufsichtsbehörde auf die gewissen-
hafte Erfüllung ihrer amtlichen Pflichten beeidigt.“
Wissell: Das Recht der Aufsichtsbehörde, die
Mitglieder der Verwaltung zu bestätigen, widerspricht
aufs schärsste dem Selbstbesstimmungsrecht der Ge-
meinde. In der wichtigen Frage der Besetzung
kommunaler Ämter soll die Gemeinde nicht in eine
Abhängigkeit von der Staatsgewalt gestellt werden,
sondern selbstbestimmend sein, wem ie einen Posten
übertragen will.
Senator Dr. Neumann: Ich kann Ihnen diesen
Antrag nicht empfehlen. Die Selbstverwaltung der
Gemeinde kann keinen absoluten Grundsat bilden,
sondern sie muß an dem öffentlichen Interesse, an
dem Interesse des ganzen Staates ihre Grenze finden.
Die Selbstverwaltung ist immer nur zu denken im
Rahmen der ganzen Staatsverwaltung und bedingt
durch die höheren Interessen des Staates. Nach
"t
i Verhandl. d. Bürgerschaft am 26. März 1906.
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den bisherigen Erfahrungen, glaube ich, wird man
kaum auf das Bestätigungsrecht der Aufsichtsbehörde
verzichten können. Übrigens entspricht die Vorlage
hierin nur dem bisherigen Rechtszustande, wie er in
der Landgemeindeoronung und der Gemeindeord-
nung für Travemünde vorhanden ist. Die Herren
werden wissen, daß das auch nach preußischem
Staats- und Verwaltungsrecht so ist. Die Ober-
bürgermeister der preußischen Großstädte sind ebenso-
gut von der Bestätigung der Aufsichtsbehörde ab-
hängig wie bei uns die Gemeindevorsstände der Land-
gemeinden. Ich glaube nicht, daß irgendein Anlaß
vorhanden ist, von dem bisherigen bewährten Ver-
fahren abzuweichen.
Wisssell: Preußen ist ja für Lübeck in vielen
Fällen maßgebend, das haben wir oft erfahren
müssen. Aber das ist kein Grund, daß, weil Preußen
es so macht, es nun auch bei uns gemacht werden
muß. Eine Selbstverwaltunn, wo die Staats-
regierung das letzte Wort spricht, ist keine Selbst-
verwaltung, sondern ein rein schematischer Begriff.
Das schließt die Selbstverwaltung aus. Ich meine,
nicht dürfen politische Gründe maßgebend und ent-
scheidend dafür sein, wer an der Spitze der Ge-
meindeverwaltung stehen soll. Wenn die Gemeinde-
mitglieder eine Person für würdig und fähig er-
achten, die Gemeinde zu leiten, soll das entscheidend
genug sein. Die Aussichtsbehörde hat Rechte genug,
wenn sie bei Pflichtvergessenheit einschreitet, solange
die aber nicht vorliegt, soll die Gemeinde selbst
handeln, ohne erst den Staat besonders fragen zu
müssen.
jg. Antrag Wissell wird hierauf abgelehnt und
Art. 18 in der Fassung der Senatsvorlage ange-
nommen.
Die Beratung über Art. 20 wird bis zur Er-
ledigung von Art. 34 ausgesetzt.
Zu Art. 21 beantragt Wissell,
unter Ziffer 1 die Worte zu streichen „und
hat die jedem Mitgliede zustehende Stimmenzahl
zu enthalten.“
Dr. Benda: JIch glaube, dieser Antrag ist
bereits dadurch erledigt, daß der Antrag Wissell auf
Einführung des allgemeinen, gleichen Stimmrechts
abgelehnt ist. Er ist nur die notwendige Kon-
sequenz des abgelehnten Antrages und hat ohne
diesen keinen Sinn.
Die Senatsvorlage wird hierauf unverändert
angenommen.
Zu Art. 23 beantragt Wissell folgenden Zusah:
den [Fr daty (!; Vollziehvrg berirtten:Schs.
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