Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

keit der Schultern stets als gerechtes Prinzip ver- treten ist. Man hat bisher meines Erachtens mit Recht gesagt, wenn jeder das der Gemeindekasse gibt, was er leisten kann, tut er in jeder Beziehung das, was er zu tun hat. Mehr als er leisten kann, soll er nicht leisten, denn der Besitz an und für sich ist noch kein Verdiense Wir haben mehrfach Ge- legenheit gehabt zu sehen, daß diejenigen, die auf großen Besit pochen konnten, damit den Nachweis noch nicht erbrachten, daß sie eine größere politische Betätigung in Anspruch nehmen konnten. Im Gegenteil, wir haben es recht häufig gehabt, daß der Besitz, und zwar namentlich der Grundbesitz, in den Kommunen ein wahres Hemmnis der Fort- entwicklung der Gemeinde gewesen ist. Der Grundsatz, daß nur dann, wenn die einzelnen gleiche Lasten tragen, gleiches Stimmrecht beansprucht wer- den kann, ist ein in jeder Hinsicht unsozialer und in keiner Weise zutreffend. Es sollen die Lasten so verteilt werden, wie sie die Schultern des einzelnen tragen können. Wenn sie so verteilt sind, sind sie gerecht verteilt, und dann schließt das aus, daß jemand besondere Vorrechte eingeräumt bekommt. Der Antrag Wissell wird hierauf abgelehnt und Art. 13 in der Fassung der Senatsvorlage ange- nommen. . Zu Art. 17 beantragt Schulmerich, in Zeile 1 nach „diejenigen“ einzuschalten „männlichen.“ Senator Dr. Neumann: Gegen den Antrag ist nichts einzuwenden. Der Antrag wird hierauf angenommen. Zu Art. 18 beantragt Wissell folgende Fassung des ersten Satzes: „Die Mitglieder des Gemeindevorstandes wer- den durch die Aufsichtsbehörde auf die gewissen- hafte Erfüllung ihrer amtlichen Pflichten beeidigt.“ Wissell: Das Recht der Aufsichtsbehörde, die Mitglieder der Verwaltung zu bestätigen, widerspricht aufs schärsste dem Selbstbesstimmungsrecht der Ge- meinde. In der wichtigen Frage der Besetzung kommunaler Ämter soll die Gemeinde nicht in eine Abhängigkeit von der Staatsgewalt gestellt werden, sondern selbstbestimmend sein, wem ie einen Posten übertragen will. Senator Dr. Neumann: Ich kann Ihnen diesen Antrag nicht empfehlen. Die Selbstverwaltung der Gemeinde kann keinen absoluten Grundsat bilden, sondern sie muß an dem öffentlichen Interesse, an dem Interesse des ganzen Staates ihre Grenze finden. Die Selbstverwaltung ist immer nur zu denken im Rahmen der ganzen Staatsverwaltung und bedingt durch die höheren Interessen des Staates. Nach "t i Verhandl. d. Bürgerschaft am 26. März 1906. 5- den bisherigen Erfahrungen, glaube ich, wird man kaum auf das Bestätigungsrecht der Aufsichtsbehörde verzichten können. Übrigens entspricht die Vorlage hierin nur dem bisherigen Rechtszustande, wie er in der Landgemeindeoronung und der Gemeindeord- nung für Travemünde vorhanden ist. Die Herren werden wissen, daß das auch nach preußischem Staats- und Verwaltungsrecht so ist. Die Ober- bürgermeister der preußischen Großstädte sind ebenso- gut von der Bestätigung der Aufsichtsbehörde ab- hängig wie bei uns die Gemeindevorsstände der Land- gemeinden. Ich glaube nicht, daß irgendein Anlaß vorhanden ist, von dem bisherigen bewährten Ver- fahren abzuweichen. Wisssell: Preußen ist ja für Lübeck in vielen Fällen maßgebend, das haben wir oft erfahren müssen. Aber das ist kein Grund, daß, weil Preußen es so macht, es nun auch bei uns gemacht werden muß. Eine Selbstverwaltunn, wo die Staats- regierung das letzte Wort spricht, ist keine Selbst- verwaltung, sondern ein rein schematischer Begriff. Das schließt die Selbstverwaltung aus. Ich meine, nicht dürfen politische Gründe maßgebend und ent- scheidend dafür sein, wer an der Spitze der Ge- meindeverwaltung stehen soll. Wenn die Gemeinde- mitglieder eine Person für würdig und fähig er- achten, die Gemeinde zu leiten, soll das entscheidend genug sein. Die Aussichtsbehörde hat Rechte genug, wenn sie bei Pflichtvergessenheit einschreitet, solange die aber nicht vorliegt, soll die Gemeinde selbst handeln, ohne erst den Staat besonders fragen zu müssen. jg. Antrag Wissell wird hierauf abgelehnt und Art. 18 in der Fassung der Senatsvorlage ange- nommen. Die Beratung über Art. 20 wird bis zur Er- ledigung von Art. 34 ausgesetzt. Zu Art. 21 beantragt Wissell, unter Ziffer 1 die Worte zu streichen „und hat die jedem Mitgliede zustehende Stimmenzahl zu enthalten.“ Dr. Benda: JIch glaube, dieser Antrag ist bereits dadurch erledigt, daß der Antrag Wissell auf Einführung des allgemeinen, gleichen Stimmrechts abgelehnt ist. Er ist nur die notwendige Kon- sequenz des abgelehnten Antrages und hat ohne diesen keinen Sinn. Die Senatsvorlage wird hierauf unverändert angenommen. Zu Art. 23 beantragt Wissell folgenden Zusah: den [Fr daty (!; Vollziehvrg berirtten:Schs. U
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