Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

Ds müssen sie um Ermäßigung bitten, und nach der Entscheidung des Bürgerausschusses verlieren sie dann ihr Wahlrecht. Das ist hart. Ich bitte den Senat, bei der Prüfung dieser Tatsachen auch das erwägen zu wollen, daß, wenn ein Gesetz zweifel- haft ist, es immer nach der milden Seite auszu- legen iste Dann möchte ich noch die Anfrage an die Herren Senatskommissare richten, was in Zif- fer 3 unter den fünf aufeinanderfolgenden Jahren gemeint ist. In dem Wahlrechtsgesetz sind Steuer- jahre gemeint. Soll es sich hier nun um bürger- liche Jahre handeln oder sollen die fünf Jahre datieren von dem Tage rückwärts, wo der Be- treffende sich zum Bürgerrecht beim Stadt-. und Landamt anmeldet? Der Senatskommisssar nickt mit dem Kopfe. Ich möchte dann aber doch darauf aufmerksam machen, daß das Steuerjahr immer etwas hinterherhinktt und der Betreffende dann wiederum noch nicht gleich in der Lage ist, wenn er bereits seit fünf Jahren hier gewohnt hat, lübeckischer Bürger zu werden. Das ist auch eine Konsequenz der Auslegung des Bürgerausschusses. Senator Dr. Ne umann: Meine Auffassung ist in der Tat die, daß hier von dem Tage an zu rechnen ist, wo jemand beantragt, ihm das Bürger- recht zu verleihen. Er muß den Nachweis liefern, daß er von diesem Tage zurückgerechnet mindestens fünf aufeinanderfolgende Jahre seinen Wohnsitz im lübeckischen Staatsgebiete gehabt hat und wäh- rend dieser Zeit die ihm obliegenden Einkommen- steuerzahlungen geleistet hat. Wisss ell: Die Ursache des ganzen Antrages, oder desjenigen, was zu diesem Geset geführt hat, ist der unliebsame Zustand gewesen, daß Leute nicht wählen können. Die Konsequenz der Bestimmung zu Hiffer 3 und 4 liegt aber darin, daß wir jett den Beamten und Notaren das Bürgerrecht geben, ohne ihnen gleichzeitg das Wahlrecht zu geben. Das ist doch die Konsequenz, die darin liegt, und wenn Herr Senator Dr. Neumann eingehend dar- gelegt hat, daß in den bisherigen Gesetzen gefordert wird, daß sie innerhalb drei Monate das Bürger- recht erwerben müssen, so ist mir das nicht unbekannt. Aber ich vermisse den Nachweis, warum es bezüglich dieser Kategorie nicht als unliebsam empfunden wird, daß sie nicht wählen können. Ist's im allgemeinen der Fall, dann müßte es bezüglich dieser Kategorie doch auch der Fall sein. Der Anirag Wissell wird hierauf abgelehnt und der Senatsantrag angenommen. Ohne Debatte werden angenommen die Nach- träge 2 und 3. 7 ¿) Ein von Hempel gestellter Vertagungsantrag tj;:! nach kurzer Debatte von dem Antragsteller zu- rückgezogen. jeh Folgt die Beratung des Antrages A. Pape der dahin geht: die Bürgerschaft wolle den Senat ersuchen, ihr eine Vorlage entgegenzubringen, wonach den not. leidenden Deutschen in Rußland „Æ 5000 Unter- stützung gewährt werden. ; A. Pape: Ich kann mich in der Begründung sehr kurz fassen. In unserer Nachbarstadt Hamburg sind für die notleidenden Deutschen in Rußland M 10 000 bewilligt, ebenso ist in Rostock eine größere Summe genehmigt. Ich meine, daß wir schon allein vom rein handelspolitischen Standpunkte aus verpflichtet sind, den Deutschen im Auslande unsere Sympathie zu beweisen. Ich erkenne an, daß man hier von privater Seite nach Möglichkeit den Leuten zu Hülfe hat kommen wollen, aber nachdem fuer Nocstorkütt: iv. der Brise: zerstomngtr af ziehen. Ich bitte Sie daher, meinem Antrage zuzu- stimmen und ihn dem Bürgerausschuß zu überweisen. b Wortführer Dr. Gört teilt mit, daß Th. Schwarß eantrage, in dem Antrage des Herrn Aug. Pape und neun Bürgerschaftsmitglieder an Stelle der Worte „der notleidenden Deutschen“ zu setzen „den Opfern der Revolution und ihren Hinterbliebenen“ und als Schlußsat hinzuzufügen: „welche den bestehenden Unterstützungssammel- stellen gleichmäßig zur Verteilung zu überweisen ist.“ Geheimrat B re c t: Nach der Geschäftsordnung haben wir nicht über den Inhalt des Antrags zu jprechen, sondern nur darüber, ob der Antrag an den Bürgerausschuß zur Prüfung überwiesen werden soll. Aber ich darf mir wohl gestatten, zur Kenn- zeichnung meiner Stellung vorweg zu bemerken, daß der gestellte Antrag seinem Inhalt nach mir als nationalgesinnten Manne und treuem Anhänger des alldeutschen Verbandes in hohem Grade sympa- thisch ist, und daß es mir eine besonders freudige Über- Hitunen ' van Wtglichetn iner sattei zu fbrs von der man, z ihr zu nahe zu treten, sagen kann, daß sie in ihren politischen Konzerten die nationale Note nur jehr selten ertönen läßt. Die Aussicht, Schulter an Schulter mit unsern Mit- bürgern sozialdemokratischer Konfession nationale Bestrebungen versolgen zu können, würde mir aller- dings erscheinen als ein Ziel, aufs innigste zu wün- schen, um mit Shakespeare zu sprechen. Bei dieset neinem Standpunkt ist es mir schwer geworden, nach
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.