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müssen sie um Ermäßigung bitten, und nach der
Entscheidung des Bürgerausschusses verlieren sie
dann ihr Wahlrecht. Das ist hart. Ich bitte den
Senat, bei der Prüfung dieser Tatsachen auch das
erwägen zu wollen, daß, wenn ein Gesetz zweifel-
haft ist, es immer nach der milden Seite auszu-
legen iste Dann möchte ich noch die Anfrage an
die Herren Senatskommissare richten, was in Zif-
fer 3 unter den fünf aufeinanderfolgenden Jahren
gemeint ist. In dem Wahlrechtsgesetz sind Steuer-
jahre gemeint. Soll es sich hier nun um bürger-
liche Jahre handeln oder sollen die fünf Jahre
datieren von dem Tage rückwärts, wo der Be-
treffende sich zum Bürgerrecht beim Stadt-. und
Landamt anmeldet? Der Senatskommisssar nickt
mit dem Kopfe. Ich möchte dann aber doch darauf
aufmerksam machen, daß das Steuerjahr immer
etwas hinterherhinktt und der Betreffende dann
wiederum noch nicht gleich in der Lage ist, wenn
er bereits seit fünf Jahren hier gewohnt hat,
lübeckischer Bürger zu werden. Das ist auch eine
Konsequenz der Auslegung des Bürgerausschusses.
Senator Dr. Ne umann: Meine Auffassung
ist in der Tat die, daß hier von dem Tage an zu
rechnen ist, wo jemand beantragt, ihm das Bürger-
recht zu verleihen. Er muß den Nachweis liefern,
daß er von diesem Tage zurückgerechnet mindestens
fünf aufeinanderfolgende Jahre seinen Wohnsitz
im lübeckischen Staatsgebiete gehabt hat und wäh-
rend dieser Zeit die ihm obliegenden Einkommen-
steuerzahlungen geleistet hat.
Wisss ell: Die Ursache des ganzen Antrages,
oder desjenigen, was zu diesem Geset geführt hat,
ist der unliebsame Zustand gewesen, daß Leute nicht
wählen können. Die Konsequenz der Bestimmung
zu Hiffer 3 und 4 liegt aber darin, daß wir jett
den Beamten und Notaren das Bürgerrecht geben,
ohne ihnen gleichzeitg das Wahlrecht zu geben.
Das ist doch die Konsequenz, die darin liegt, und
wenn Herr Senator Dr. Neumann eingehend dar-
gelegt hat, daß in den bisherigen Gesetzen gefordert
wird, daß sie innerhalb drei Monate das Bürger-
recht erwerben müssen, so ist mir das nicht unbekannt.
Aber ich vermisse den Nachweis, warum es bezüglich
dieser Kategorie nicht als unliebsam empfunden wird,
daß sie nicht wählen können. Ist's im allgemeinen
der Fall, dann müßte es bezüglich dieser Kategorie
doch auch der Fall sein.
Der Anirag Wissell wird hierauf abgelehnt und
der Senatsantrag angenommen.
Ohne Debatte werden angenommen die Nach-
träge 2 und 3.
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¿)
Ein von Hempel gestellter Vertagungsantrag
tj;:! nach kurzer Debatte von dem Antragsteller zu-
rückgezogen.
jeh Folgt die Beratung des Antrages A. Pape
der dahin geht:
die Bürgerschaft wolle den Senat ersuchen, ihr
eine Vorlage entgegenzubringen, wonach den not.
leidenden Deutschen in Rußland „Æ 5000 Unter-
stützung gewährt werden. ;
A. Pape: Ich kann mich in der Begründung
sehr kurz fassen. In unserer Nachbarstadt Hamburg
sind für die notleidenden Deutschen in Rußland
M 10 000 bewilligt, ebenso ist in Rostock eine
größere Summe genehmigt. Ich meine, daß wir
schon allein vom rein handelspolitischen Standpunkte
aus verpflichtet sind, den Deutschen im Auslande
unsere Sympathie zu beweisen. Ich erkenne an, daß
man hier von privater Seite nach Möglichkeit den
Leuten zu Hülfe hat kommen wollen, aber nachdem
fuer Nocstorkütt: iv. der Brise: zerstomngtr af
ziehen. Ich bitte Sie daher, meinem Antrage zuzu-
stimmen und ihn dem Bürgerausschuß zu überweisen.
b Wortführer Dr. Gört teilt mit, daß Th. Schwarß
eantrage,
in dem Antrage des Herrn Aug. Pape und
neun Bürgerschaftsmitglieder an Stelle der Worte
„der notleidenden Deutschen“ zu setzen „den
Opfern der Revolution und ihren Hinterbliebenen“
und als Schlußsat hinzuzufügen:
„welche den bestehenden Unterstützungssammel-
stellen gleichmäßig zur Verteilung zu überweisen ist.“
Geheimrat B re c t: Nach der Geschäftsordnung
haben wir nicht über den Inhalt des Antrags zu
jprechen, sondern nur darüber, ob der Antrag an
den Bürgerausschuß zur Prüfung überwiesen werden
soll. Aber ich darf mir wohl gestatten, zur Kenn-
zeichnung meiner Stellung vorweg zu bemerken, daß
der gestellte Antrag seinem Inhalt nach mir als
nationalgesinnten Manne und treuem Anhänger
des alldeutschen Verbandes in hohem Grade sympa-
thisch ist, und daß es mir eine besonders freudige Über-
Hitunen ' van Wtglichetn iner sattei zu fbrs
von der man, z ihr zu nahe zu treten, sagen
kann, daß sie in ihren politischen Konzerten die
nationale Note nur jehr selten ertönen läßt. Die
Aussicht, Schulter an Schulter mit unsern Mit-
bürgern sozialdemokratischer Konfession nationale
Bestrebungen versolgen zu können, würde mir aller-
dings erscheinen als ein Ziel, aufs innigste zu wün-
schen, um mit Shakespeare zu sprechen. Bei dieset
neinem Standpunkt ist es mir schwer geworden, nach