Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

Entwicklung in jeder Beziehung zum Besten des Staates dient. Ich bin dann einigermaßen enttäuscht worden durch die aus einem so warmen Herzen kommenden Worte des Herrn Direktor Stiller. Er meinte, er hätte eine ganz blutige Rede dem Sinne nach gehört und solche Reden sei man im Bürgerschaftssaale bisher nicht gewohnt gewesen. Sie müssen solche Reden aber gewohnt werden, Herr Direktor Stiller, und wenn es Ihnen noch so schwer fällt, müssen Sie sich darin zu schicken wissen. Wenn daß nicht der Fall ist, bleibt Ihnen nichts anderes zu tun übrig, als die Tür von draußen zuzumachen. Wir machen sie hinter uns nicht von draußen zu, sondern, weil wir drinnen sind, von innen, und wir streben dann, die Tür möglichst weit zu öffnen, damit andere auch noch mit hineinkommen. Was Sie als die Über- zeugung des Bürgertums mitgeteilt haben, hat hier im Saal Zustimmung gefunden. Demgegenüber muß ts.ibc Gu Dirctto? Stiller tr ber Öffeatlichkeit gedacht wird. Herr Direktor Stiller sagte, das allgemeine Wahlrecht sei nur eine Phrase, noch nicht erprobt durch irgendwelche Exempel, und da sind Sie es gewesen, die „Bravo“ und „Sehr richtig“ E eclih muc mit did Schiüäl bes Uübetschen Wahlkreises besiegel. Wenn Sie meinen, daß das allgemeine gleiche und geheime Wahlrecht noch keine Probe auf das Exempel gemacht hat, müssen Sie blind sein und keine Zeitungen lesen, die in den lezten Tagen Ausführungen über Ausführungen gebracht haben, daß Leute in vielen Kreisen, die Ihnen weit näher stehen als uns, der Meinung sind, die allgemeine Entwicklung gehe zum allgemeinen gleichen und geheimen Wahlrecht. Die gesamte politische Entwicklung wird dahin führen, und sie muß dahin kommen, daß immer breiteren und weiteren Kreisen die Möglichkeit zur Mitarbeit ;; h rt R Oc then, ref auch Sie werden noch in die Lage kommen miüssen, müssen, hier dem Empfinden und den Anschau- ungen der breiten Schichten der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Über die Anschauungen, die einzelne von Ihnen haben, müssen wir hinwegsehen, die kommen nicht in Betracht. Herr Pape hat gesagt, daß der früher liberale Herr Stiller, der einst sein Vorbild gewesen sei, es längst nicht mehr wäre. Nein, ganz gewiß nicht. Es gibt Leute, die sich so weit nach rechts entwickeln, daß Hopfen und Malz an ihnen verloren ist, und einer von diesen ist auch Herr Stiller und anscheinend und wahrscheinlich, das wird s –êô Verhandl. d. Bürgerschaft am 19. Februar 1906. r sich ja nachher durch die Abstimmung erweisen, auch die Mehrzahl der Mitglieder der lübeckischen Bürger- schaft. Das wissen wir ganz genau, daß wir auch als geschickte Debatter Sie nicht überzeugen können. Ach, ich weiß ganz genau, wie Sie denken. Ich habe Sie nicht zu überzeugen gehofft, und ich bin nicht des Glaubens gewesen, daß mir das gelingen könnte. Ihre Anschauungen sind mir zur Genüge bekannt gewesen. Aber wenn Sie meinen, daß wir bei einer solchen Vorlage nicht unsere Anschauungen hätten zur Geltung bringen dürfen, wären wir wirklich Waschlappen und einer Ohrfeige wert gewesen, wenn wir es nicht getan hätten. Wie Sie sich dar- über wundern können, daß wir hier unsern Stand- punkt vertreten, ist mir ganz unverständlich. Herr Direktor Stiller meinte das. (Widerspruch.) Ja, gewiß hat er das gesagt, lesen Sie das nur im Stenogramm nach. Wenn es unkorrigiert abgedruckt wird, werden Sie sehen, daß er dieser Auffassung gewesen ist. Wir täuschen uns über Ihre Auf- fassungen nicht. Sie sind wieder auf dem Wege, einen Schritt zu tun, der Haß und Verbitterung in der Volksmasse großziehen wird. Wir aber sind be- strebt, die Entwicklung nicht zu hemmen, Fondern ihr alle Hindernisse aus dem Wege zu räumen, so daß sie friedlich und schiedlich in ruhiger Weise vor sich geht. So wie Sie es machen, führt es der- maleinst zu einem HZusammenstoß, bei dem unter Umständen hohe Güter gesundheitlicher oder anderer Art in schwere Gefahr kommen können. Das wollen wir vermeiden, weil unser Ziel ist, daß wir uns in friedlicher Weise mit den Volksgenossen auseinander- fen und die gesetzmäßige Entwicklung ihren Weg gehen lassen. B w ist die Rednerliste erschöpft, und es folgt die Spezialberatung. Dr. Benda (zu Anlage 1): Hat Herr Wisell wirklich beantragt, daß nur jeder m änn l i ch e An- gehörige die Erteilung des lübeckischen Staatsbürger- rechts begehren darf ? Wortführer Dr. Görtz: Ich darf dazu be- merken, daß Herr Wisssell beantragt : Jeder zwanzig- jährige oder schon früher für volljährig erklärte männliche Angehörige usw. Dr. B end a: Ich will dann nur konstatieren, daß Herr Wissell mit diesem Antrage von dem- heuer. Fe cg emu Gh der Rees Kommission hat überreichen lassen, abweicht, indem er nur die Männer zu Bürgern machen will, während nach dem Programm der Sozialdemokratie auch Frauen alle Rechte des Bürgers, insbesondere das Wahlrecht haben sollen.
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