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Predigtstuhl besaß. In dankbarer Pietät beschäftigt
die Schrift sich eingehend mit der Persönlichkeit des
Stifters; wir erfahren, daß er aus Glückstadt in
Holstein stammte, 1653-55 zu Leipzig, Wittenberg
und Jena studierte, bis 1661 Feldprediger in
dänischen und schwedischen Diensten gewesen ist und
1668 die Pfarre zu Döbbersen bei Wittenburg i. M.
mit der zu Zarrentin vertauscht hat, wo er eifrig
in kirchlicher Zucht und Mahnung gewirkt hat.
Dort ist er zu Anfang 1706 als einundsiebenzig-
jähriger gestorben; es sind also gerade zwei Jahr-
hunderte seit seinem Tode verflossen, bis nunmehr
ve reuicte;s die Kanzel, wieder zu Ehren ge-
ommen ist.
Nicht unerwähnt möge bleiben, daß auch die den
Abbildungen dieser Schrift teilweise zugrunde liegenden
photographischen Aufnahmen der fünf Relieftafeln
im obigen Verlage erschienen sind. 85.
Literarische Gesellschaft.
Am vergangenen Montag sprach der Urenkel
Schillerse, Herr Alexander von Gleichen-Rußwurm,
über das Thema , Berühmte Dichter in Rom.“ Der
Vortrag war sstilistisch gut aufgebaut und bot ein
farbenreiches, umfassendes Kulturgemälde. Das Thema
hätte überhaupt lieber lauten müssen „Rom, das
Kulturzentrum der alten und neuen Welt.“ Denn
dieses Thema behandelte der Vortragende. Die
deutschen Dichter in Rom tauchten nur hier und da
schattenhaft in der Fülle der Erscheinungen auf. Der
besondere Einfluß Roms auf ihr spezielleres Fühlen
und Schaffen wurde wenig berührt. Der Vortragende
sprach nur im allgemeinen über die Fülle anregenden
Lebens, die aus den zahlreichen lebenden und toten
Kulturschäzen des großen Weltzentrumns Rom auf
Fürsten, Gelehrte und Dichter seit jeher überströmt.
Interesssierend war an dem Vortragenden sein
ausgesprochenes Schillerprofil.
Die Vortragsweise war markant und deutlich.
A. Jorns.
Travemünde.
In der letzten Ausgabe der ,Lübeckischen Blätter“
erschien ein Artikel über unser Seebad Travemünde.
Ohne auf den übrigen Inhalt dieses Artikels ein-
zugehen, sei derselbe doch in einem Purktte richtig
gestell. Es entspricht nicht den Tatsachen, wenn in
dem Artikel behauptet wird, daß die Frequenz in
diesem Jahre gegen 1905 augenscheinlich zurückgeblieben
sei. Wenn die Zahl der Kurgäste nach der Kurzei-
tung nicht ganz die Höhe des Vorjahres erreicht hat,
so hat das lediglich darin seinen Grund, daß in
diesem Jahre die Passanten nicht mitgezählt sind.
Daß die Frequenz unseres Seebades Travemünde auch
in diesem Jahre gegenüber der vorjährigen Saison
eine Steigerung erfahren hat, dürfte mit Sicherheit
aus der Höhe der Kurtaxe hervorgehen. Während
im Vorjahre an Kurtaxe zusammen nur M 13 134,50
erhoben sind, beträgt dieselbe, wie wir aus zuverlässsi-
ger Quelle erfahren haben, in diesem Jahre über
M 13 800.9. 385.
Deutscher Abend.
Der Deutsche Abend, Mittwoch den 13. November,
gehörte dem Deutschen Sprachverein. Zu Beginn nahm
jedoch Major Schaumann im Namen des Olstmarken-
vereins das Wort. Er brachte eine Resolution des
Gesamtvorstandes des Ostmarkenvereins zur Kenntnis,
die zu dem polnischen Schulstreik Stellung nimmt.
Nach einer Schilderung der Entstehung dieses Streikes
stimmte die Versammlung einmütig der Resolution zu,
um die Regierung zu einem tatkräftigen Vorgehen in
den Ostmarken aufzufordern. Sodann sprach Professor
Dr. Hausberg über die Weidmannssprache. Die eigen-
artige Ausdrucksweise der verschiedenen Berufe ist sehr
wichtig. Die Ausdrücke sind scharfsinnig erfunden,
sehr anschaulich und bereichern die Sprache. Die
Jagdsprache ist im Rittertum im elften und zwölften
Jahrhundert unter französsischem Einfluß entstanden.
Treffende Bezeichnung und Kürze sind ihre Haupt-
merkmale. Die verschiedenen Jagdarten (Beize, Birsch,
Suche oder Anstand und Treibjagd), sowie die Arten
des Wildes wurden besprochen. Direktor Hoffmann
mußte sich infolge der vorgeschrittenen Zeit kurz fassen.
Die Rechtschreibung auf unsern Firmenschildern läßt
noch immer viel zu wünschen übrig. Die einfachsten
Regeln bleiben unbeachtet, wie an verschiedenen Bei-
spielen gezeigt wurde. Und doch ist es auch für die
Gesamtheit wichtig, daß auch die Einheit der Recht-
schreibung durchgeführt wird. Die Gewerbeschule
kann vielleicht großen Einfluß ausüben. Hum Schluß
erinnerte Apotheker Pfaff an das reichsdeutsche Weih-
nachtsbäumchen von Karl Pröll und erklärte sich
bereit, Gaben dafür in Empfang zu nehmen. 476.
Theater und Musik.
Zweites Sinfoniekonzert. (10. November.)
Das überreichlich lange Programm, das an die
Aufnahmefähigkeit des Publikums die stärksten An-
forderungen stellte, brachte uns zu Anfang Bruckners
neunte Sinfonie. Sie steht in d-moll, wie Mozarts
Don Juan. Ouverture und Beethovens Neunte, und
nicht uninteressant wäre es, einmal die geistigen Be-
rührungspunkte dieser Meisterwerke instrumentaler
Musikt aufzuzählen. Denn ein Meisterwerk ist auch
Bruckners neunte Sinfonie, in der Größe ihrer Themen
nicht nur, sondern ebenso sehr auch in deren Ver-