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uch noch so hochgeschätzter auswärtiger Großindu-
trieller zu bekämpfen wäre. Der scheinbare Gewinn,
der durch Ausgabe neuer Aktien zu hohem, den
inneren Wert des Werkes zurzeit weit über-
steigenden Kurse könnte durch die Gestaltung der
Produktion im Interesse des beteiligten Großhändlers
in kurzer Zeit ganz erhebliche Beeinträchtigungen
erleiden, und die Hukunft des Unternehmens
ernstlich gefährden. Als dann aus der Mitte
der Aktionäre der Antrag gestellt wurde, . den
Vorstand zu ermächtigen, die zwei Millionen neue
Aktien zum Kurse von 105 % unter der Be-
dingung zu vergeben, daß solche Käufer aus-
geschlossen werden, durch welche die Unabhängigkeit
des Werkes gefährdet werden kann, fand dieser An-
trag, nachdem alle vorherigen weitergehenden
Amendements mit starker Majorität abgelehnt waren,
Annahme mit 3666 Stimmen gegen 231 Stimmen
und eine ungültige.
Die Treuhänderin des Schutzverbandes hat so:
mit, für die ihr anvertrauten Interessen eintretend,
durch ihr Votum erreicht, daß nicht auswärtige
Aktionäre den ausschlaggebenden Einfluß auf das
hiesige Werk ausüben können in dem Augenblick,
wo die im Besitz unseres Staates und der Kauf-
mannschast befindlichen 1400 Aktien vertragsgemäß
an Herrn Später in Coblenz zu liefern sind.
Es steht zu hoffen, daß die Meinungen hiesiger
Aktionäre durch die Verhandlungen geklärt worden
sind und daß es gelingen wird, die Entwicklung
des Werkes ungehemmt die erwünschten Bahnen ver-
folgen zu sehen, damit den Einzelaktionären ihr
Vertrauen gelohnt wird und dem großen Ganzen
Nuten erwächst. 1002.
Die neue Methode im Handarbeitsunterricht.
Vielfach herrscht der Glaube, daß wir schon vor
25-30 Jahren diese „neue Methode“ hatten; daher
ist es wohl an der Zeit, dieselbe etwas näher zu
betrachten.
Vor allen Dingen gehören Lehr- und Anschauungs-
mittel dazu. Vor 30 Jahren hatten wir noch gar
keine Lehrmittel; den Lehrerinnen waren infolgedessen
die Hände gebunden, die auszuführenden Arbeiten
waren den Schülerinnen gar nicht anschaulich zu
machen, das Verständnis konnte nicht voll und ganz
entwickelt und keine Selbständigkeit erzielt werden.
Die neue Methode erstrebt, durch die erstgenannten
Hülfsmittel dies alles zu erreichen.
Ferner gehört zur neuen Methode konsequent
durchgeführter Klassenunterricht. Gewiß, wir hatten
bis jetzt Klassenunterricht, derselbe war aber nicht der
neuen Methode entsprechend. Die Kinder fingen die
Arbeiten alle gleichmäßig an, in kurzer Zeit aber
hatte jedes seinen Fähigkeiten entsprechend einen
eigenen Weg eingeschlagen, und die Lehrerin hatte in
manchen Klassen fast so viele Abteilungen wie
Schülerinnen vorhanden waren. Bei diesem Unter-
richt war die Lehrende öfter gezwungen, eine schwie-
rigere Ausführung selber zu arbeiten, da nicht jede
Anleitung so und sovielmal wiederholt werden kann.
Bei der neuen Methode wird jede Neueinführung
an der Hand der Lehrmittel nach eingehender Er-
klärung von der ganzen Klasse gleichmäßig angefangen
und fortgesezt; die etwa rascher Fortschreitenden
arbeiten an einer Nebenarbeit. Bei Versäumnissen
wird ganz wie im wisssenschastlichen Unterricht ver-
sahren, die Arbeit wird möglichst nachgeholt.
Jede mechanische Arbeit gehört bei der neuen
Methode nicht in den Klassenunterricht, sondern ist,
wenn die technische Schwierigkeit überwunden, als
Nebenarbeit zu betrachten; hierher gehört die An-
fertigung von Hiätkelspizen, Langetten, englischer
Stickerei u. a. Diese Nebenarbeiten sind, sofern sie
dem Rahmen der Schule angehören, regelmäßig zu
kontrollieren. Der Unterricht ginge gleichsam in
eisernen Stiefeln, wollte man z. B. in den Ober-
klassen stets gleichmäßig am Strumpf arbeiten lassen.
Hier haben die Schülerinnen doch schon eine gewisse
Fertigkeit im Stricken erreicht, der Strumpf kann
also Nebenarbeit sein. In den unteren Klassen hin-
gegen wird anfangs im Takte gestrickt; dann werden
zuerst kleine, später etwas größere Ziele gesett, aber
immer gleichmäßig fortscheitend gearbeitet, denn hier
beherrschen die Schülerinnen die schwierigeren Stellen
noch nicht. Auch muß der Strickunterricht so ein-
gerichtet sein, daß die schwersten Teile mehrfach
wiederholt werden können.
Das „Nähen im Faden“ ist auf das Mindest-
maß zu beschränken. Die hohen litzenartigen Roll:
nähte müssen verschwinden und dafür flache Kapp-
nähte, wie auch die Maschine sie näht, eingeführt
werden. In Volksschulen sind die praktischen Arbeiten
zu bevorzugen; hauptsächlich im Flicken und Stopfen
ist Selbständigkeit anzustreben.
Von Wert für die neue Methode ist auch das
Vorführen von Origzinalmodellen vor dem Beginn
einer Arbeit, um das Interesse der Kinder zu wecken.
Die neue Methode fordert auch Zeichnen und
Berechnen von Hemden und Beinkleidern seitens der
Schülerinnen, sowie Anfertigen von Modellen im
verjüngten Maßstabe, als Wiederholung und Be-
fesstigung des Gelernten.
Nun muß man aber nicht glauben, daß man
mit Hülfe der Lehrmittel Wunderdinge verrichten
kann: auch dabei sprechen die gegebenen Verhältnisse
ff