Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

67 I uch noch so hochgeschätzter auswärtiger Großindu- trieller zu bekämpfen wäre. Der scheinbare Gewinn, der durch Ausgabe neuer Aktien zu hohem, den inneren Wert des Werkes zurzeit weit über- steigenden Kurse könnte durch die Gestaltung der Produktion im Interesse des beteiligten Großhändlers in kurzer Zeit ganz erhebliche Beeinträchtigungen erleiden, und die Hukunft des Unternehmens ernstlich gefährden. Als dann aus der Mitte der Aktionäre der Antrag gestellt wurde, . den Vorstand zu ermächtigen, die zwei Millionen neue Aktien zum Kurse von 105 % unter der Be- dingung zu vergeben, daß solche Käufer aus- geschlossen werden, durch welche die Unabhängigkeit des Werkes gefährdet werden kann, fand dieser An- trag, nachdem alle vorherigen weitergehenden Amendements mit starker Majorität abgelehnt waren, Annahme mit 3666 Stimmen gegen 231 Stimmen und eine ungültige. Die Treuhänderin des Schutzverbandes hat so: mit, für die ihr anvertrauten Interessen eintretend, durch ihr Votum erreicht, daß nicht auswärtige Aktionäre den ausschlaggebenden Einfluß auf das hiesige Werk ausüben können in dem Augenblick, wo die im Besitz unseres Staates und der Kauf- mannschast befindlichen 1400 Aktien vertragsgemäß an Herrn Später in Coblenz zu liefern sind. Es steht zu hoffen, daß die Meinungen hiesiger Aktionäre durch die Verhandlungen geklärt worden sind und daß es gelingen wird, die Entwicklung des Werkes ungehemmt die erwünschten Bahnen ver- folgen zu sehen, damit den Einzelaktionären ihr Vertrauen gelohnt wird und dem großen Ganzen Nuten erwächst. 1002. Die neue Methode im Handarbeitsunterricht. Vielfach herrscht der Glaube, daß wir schon vor 25-30 Jahren diese „neue Methode“ hatten; daher ist es wohl an der Zeit, dieselbe etwas näher zu betrachten. Vor allen Dingen gehören Lehr- und Anschauungs- mittel dazu. Vor 30 Jahren hatten wir noch gar keine Lehrmittel; den Lehrerinnen waren infolgedessen die Hände gebunden, die auszuführenden Arbeiten waren den Schülerinnen gar nicht anschaulich zu machen, das Verständnis konnte nicht voll und ganz entwickelt und keine Selbständigkeit erzielt werden. Die neue Methode erstrebt, durch die erstgenannten Hülfsmittel dies alles zu erreichen. Ferner gehört zur neuen Methode konsequent durchgeführter Klassenunterricht. Gewiß, wir hatten bis jetzt Klassenunterricht, derselbe war aber nicht der neuen Methode entsprechend. Die Kinder fingen die Arbeiten alle gleichmäßig an, in kurzer Zeit aber hatte jedes seinen Fähigkeiten entsprechend einen eigenen Weg eingeschlagen, und die Lehrerin hatte in manchen Klassen fast so viele Abteilungen wie Schülerinnen vorhanden waren. Bei diesem Unter- richt war die Lehrende öfter gezwungen, eine schwie- rigere Ausführung selber zu arbeiten, da nicht jede Anleitung so und sovielmal wiederholt werden kann. Bei der neuen Methode wird jede Neueinführung an der Hand der Lehrmittel nach eingehender Er- klärung von der ganzen Klasse gleichmäßig angefangen und fortgesezt; die etwa rascher Fortschreitenden arbeiten an einer Nebenarbeit. Bei Versäumnissen wird ganz wie im wisssenschastlichen Unterricht ver- sahren, die Arbeit wird möglichst nachgeholt. Jede mechanische Arbeit gehört bei der neuen Methode nicht in den Klassenunterricht, sondern ist, wenn die technische Schwierigkeit überwunden, als Nebenarbeit zu betrachten; hierher gehört die An- fertigung von Hiätkelspizen, Langetten, englischer Stickerei u. a. Diese Nebenarbeiten sind, sofern sie dem Rahmen der Schule angehören, regelmäßig zu kontrollieren. Der Unterricht ginge gleichsam in eisernen Stiefeln, wollte man z. B. in den Ober- klassen stets gleichmäßig am Strumpf arbeiten lassen. Hier haben die Schülerinnen doch schon eine gewisse Fertigkeit im Stricken erreicht, der Strumpf kann also Nebenarbeit sein. In den unteren Klassen hin- gegen wird anfangs im Takte gestrickt; dann werden zuerst kleine, später etwas größere Ziele gesett, aber immer gleichmäßig fortscheitend gearbeitet, denn hier beherrschen die Schülerinnen die schwierigeren Stellen noch nicht. Auch muß der Strickunterricht so ein- gerichtet sein, daß die schwersten Teile mehrfach wiederholt werden können. Das „Nähen im Faden“ ist auf das Mindest- maß zu beschränken. Die hohen litzenartigen Roll: nähte müssen verschwinden und dafür flache Kapp- nähte, wie auch die Maschine sie näht, eingeführt werden. In Volksschulen sind die praktischen Arbeiten zu bevorzugen; hauptsächlich im Flicken und Stopfen ist Selbständigkeit anzustreben. Von Wert für die neue Methode ist auch das Vorführen von Origzinalmodellen vor dem Beginn einer Arbeit, um das Interesse der Kinder zu wecken. Die neue Methode fordert auch Zeichnen und Berechnen von Hemden und Beinkleidern seitens der Schülerinnen, sowie Anfertigen von Modellen im verjüngten Maßstabe, als Wiederholung und Be- fesstigung des Gelernten. Nun muß man aber nicht glauben, daß man mit Hülfe der Lehrmittel Wunderdinge verrichten kann: auch dabei sprechen die gegebenen Verhältnisse ff
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