Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

6.7 3 Es wird uns nun mitgeteilt, daß der Verband der deutschen Ostseebäder, dem Travemünde auch angehört, alljährlich im Herbst nach Schluß der Saison auf direkte Veranlassung der König- lichen Eisenbahndirektion Stettin sich an die Mitglieder des Verbandes mit der schriftlichen An- frage richtet, welche etwaigen Wünsche bezüglich des nächstjzährigen Sommerfahrplanes die einzelnen Bade- verwaltungen vorzubringen haben. Weshalb nun die Verwaltung von Travemünde, die in den Händen des Finanzdepartements ruht, diese schriftlichen An- fragen stets unbeantwortet läßt, wie wir hören, ist um so unverständlicher, als nach den Mitteilungen in den Lübeckischen Anzeigen vom 2. d. M. die von seiten der Handelskammer wiederholt bei der Königlichen Eisenbahndirektion Altona gestellten An- träge auf Ausgabe direkter Feriensonderzug- karten bisher einen Erfolg nicht gehabt haben. Es ist nun freilich nicht anzunehmen, daß Travemünde durch Vermittlung des Verbandes sofort z. B. Feriensonderzüge zu ermäßigten Fahrpreisen erhalten wird; aber die Erfolge, die der Verband, dem fast alle Ostseebäder als Mitglieder angehören, dank seiner anerkannten Beziehungen zu den staatlichen Behörden nach den verschiedensten Richtungen hin, speziell auf dem Gebiete der Eisenbahnverbindungen nach den einzelnen Ostseebädern bisher erzielt hat, berechtigen zu der Annahme, daß der Verband auch Travemünde mit der Zeit wird helfen können. Jedenfalls erscheint es wenig opportun, die Be- mühungen und gutgemeinten Vorschläge des Verbandes einfach zu ignorieren, schon mit Rücksicht darauf, daß, wie auch aus den Verhandlungen vor dem Bezirkseisenbahnrat vom 29. September a. e. zweifel- los hervorgeht, eine gesunde und ständige Weiter- entwicklung des Seebades Travemünde nur dann zu erwarten ist, wenn auch das Jnland, insbesondere die Reichshauptstadt, ein größeres Kontingent von Badegästen, als es bisher der Fall war, nach Trave- münde entsenden wird. . . Im übrigen möchten wir in Übereinstimmung mit den Ausführungen in den Lübeckischen Anzeigen vom 5. September d. J.. wo es heißt: „Es wird in Travemünde noch gar viel zu ordnen sein, besonders auch auf dem Gebiet der verschiedenen Verwaltungen, über deren Nichtzusammenfassung durch eine dazu geeignete und befugte Persönlichkeit uns seitens der Kurgäste in diesem Jahre die ver- schiedensten Klagen zugegangen sind“ ~~ uns den Vorschlag gestatten, eine Zentralstelle, ein sogenanntes Badekommissariat, und zwar in der Nähe von Neu- Travemünde, zu schaffen, wo den Badegästen jederzeit oder zu gewissen Bureaustunden, wie es in anderen größeren Bädern und Sommerfrischen der Fall ist, Auskunft und Rat erteilt wird. Vielleicht wird der Verein „Seebad Travemünde“, von dessen Gründung in den Tagesblättern zu lesen war, auch dieser für die Förderung der Interessen des Bade- und Kurortes Travemünde hochwichtigen Frage demnächst näher treten. 1148 Gottlieb Nicolaus Stolterfoht. Der 6. November, der in Erinnerung der schweren Schicksale, welche vor einem Jahrhundert an diesem Tage unsre Stadt trafen, im Herzen jedes Lübeckers ernste Gedanken wachgerufen hat, hat uns Veranlassung gegeben, den Namen eines verdienten Mannes zu nennen, der auch an diesem Tage bei dem Sturme der Feinde auf unsre Stadt durch eine Kugel sein Leben einbüßte. Es war dieses: Gottlieb Nicolaus Stolterfoht, Prediger an der Burgkirche, dem Heiligen-Geist-Hospital und dem Pockenhause, geboren zu Lübeck am 21. März 1763 als Sohn des Kauf- manns Nicolaus Ludwig Stolterfoht. Wir ent- nehmen privaten Notizen aus dem Leben und Wirken dieses Mannes, daß er sich im besonderen der Er- ziehung der weiblichen Jugend gewidmet und als Mit- glied der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit seine Wünsche in betreff des Unterrichts der weiblichen Jugend zu Gehör zu bringen verstanden und mit Beihülfe der gedachten Gesellschaft die Indu- striesschule für dürftige Mädchen in den bescheidenen Räumen seiner Amtswohnung im Umgange der Burg- kirche errichtete, eine Schule, welche unter dem Schutze der Gemeinnützigen Gesellschaft bis vor wenigen Jahren bestanden und viel Segen gestiftet hat. Der Name des vortrefflichen Mannes ist der Nachwelt durch eine Stiftung erhalten, welche der Sohn desselben, der Makler Joh. Nic. Stolterfoht, am 15. Juni 1863 errichtete unter dem Namen Prediger Gottl. Nicolaus Stolterfoht- Stiftung, deren Einkünfte bestimmt sind zur Linderung der Sorge von Witwen und Waisen von Geistlichen dieser Stadt, denen wie einst seiner eigenen Familie der Ernährer durch frühzeitigen Tod entrissen ist. 610. Theater und Musik. Stadthallentheate. Der Prophet. Oper von G. Meyerbeer. (6. November.) Sympathisch berührt das Textbuch des „Propheten“ sicher nicht, aber Bühnenwirksamkeit ist ihm nicht ab- zusprechen, und das allein schon war für Meyerbeer genügend, den Stoff zu komponieren. Sein Bestes hat er in dieser Oper nicht geboten, aber genug Schönes, um das Werk auf dem Repertoire halten zu können. Die Szenen zwischen Johann von Leyden und Fides, seiner Mutter, gehören zu den glücklichsten Eingebungen eines der raffiniertesten Macher auf musikalischem Gebiete, denn sie bergen echteste Emp- findung, fein geschwungene melodische Linien von einer
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