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Familienhaushaltungen umfaßten 98 908 Personen,
auf den Schiffen wohnten 854 und in den Anstalten
(Herbergen, Pensionaten, Krankenhäusern, Kasernen
usw.) wurden 3816 ermittelt. Die Haushaltungs-
mitglieder zerfielen in 43 719 Vorstände, 41 849
Kinder, 3589 Verwandte, 1740 andere Familien-
genossen, 3758 Dienstboten, 2542 gewerbliche Hilfs-
personen, 699 Pensionäre, 1926 Zimmermieter und
1365 Schlafleute. Die Haushaltungen mit vier
Personen hatten die meisten Mitglieder; nach ihnen
waren die mit fünf, drei und sechs Personen am
stärksten besetzt. 2926 Einwohner lebten in Haus-
haltungen, die mehr als elf Mitglieder zählten.
In der Stadt wurden 21 785 Haushalte ermittelt
(1900: 19 108). Davon bestanden 16 458 nur aus
Familiengliedern. 14 759 mit Kindern standen
7026 ohne Kinder gegenüber. In 2742 (oder
12,6 %) wurden Dienstboten gehalten; !1900 waren
es 2640 oder 13,8 %. Die Zahl der Haushaltungen,
die sich Dienstboten leisten, wurde also geringer.
2496 Haushaltungen mit Penssionären, Zimmer-
mietern und Schlafleuten standen 19 289 ohne solche
entgegen. Nur 11,5 % waren also mit familien-
fremden Elementen durchsetzt. Der Prozentsat ist
kleiner geworden; 1900 waren es 13,1 %. Fremde
werden in der Regel aus Not, nicht aus Gefällig-
keit in die Familie aufgenommen. Geht ihre Zahl
zurück, so bedeutet das eine gewisse Besserung der
sozialen Verhältnisse. Dr. Hartwig.
Noch einmal unsere Stadtbibliothek.
Miire Besprechung des Jahresberichts der Stadt-
bibliothek in Nr. 38 der Lübeckischen Blätter hat
in Nr. 40 eine Erwiderung gefunden, der ich kurz
entgegnen möchte. Ich hatte der Hoffnung Ausdruck
gegeben, daß es mit der Zeit zu einem gedruckten
Katalog komme; das jetzige System mache dem Be-
nußer zu viel Mühe. Darauf ist mir erwidert,
jeder Besucher der Stadtbibliothek könne aus ihren
Katalogen die gesamte über die einzelnen Gebiete
vorhandene Literatur leicht ersehen. Ich bestreite
das. Geschriebene Kataloge sind nie leicht zu be-
nuten; dazu fehlt es ihnen an der nötigen Über-
sichtlichtet. Ihre Benutzung ist aber geradezu
schwierig, wenn sie, wie die meisten Kataloge der
hiesigen Bibliothek, schlecht geschrieben sind. Gewiß
kann man sich aus ihnen informieren. Aber was
für Zeit und Mühe kostet das! Ich habe das häufig
erfahren; deshalb mache ich mich nur sehr ungern an
die Kataloge. Und das ist keine Absonderlichkeit von
mir. Mehr als einmal habe ich erlebt, daß sich die
Benutzer der Kataloge hilfesuchend an einen der
Bibliothekare wandten, weil sie allein nicht zum
Ziel gelangen konnten. Die Kataloge der jetigen
Bibliothek sind nur ein armseliger Notbehelf, dessen
man sich je eher, je besser entledigen Follte.
Ich gebe zu, daß seinerzeit die gedruckten Ver-
zeichnisse der. Neuanschaffungen wenig benutt sind.
Aber: tempore mutantur! Heute ist eine Nach-
frage da. Man lese die Ausführungen des Herrn
Direktor Dr. Schwarz in Nr. 40 dieser Blätter.
Deshalb sollte die Stadtbibliothek den von ihr
veranlaßten Beschluß der Oberschulbehörde vom
21. Oktober 1904 wieder rückgängig zu machen
suchen. Dankenswert ist, daß sie künftig ihre neu-
erworbenen Bücher im Lesezimmer ausstellen will.
Auch die Freigabe des Eingangsbuchs für Inter-
essenten ist meines Wissens ein novum. Beide
Maßnahmen vermögen aber doch ein gedrucktes Ver-
zeichnis nicht voll zu erseten.
Ob die Benutzung der Stadtbibliothek relativ
groß. oder gering ist, vermag ich aus Mangel
an Vergleichsmaterial nicht zu entscheiden. Doch
scheinen mir die angezogenen Beispiele nicht für
Lübeck zu sprechen. Hamburg, Frankfurt a. M. und
Kiel haben bedeutende Volksbibliotheken, Hamburg
außerdem noch die große Kommerzbibliothek. Jn
Lübeck hat dagegen die Stadtbibliothek eine über-
ragende Stellung. Unsere Bücherhalle verfügt nur
über einige tausend Bände. Ich glaube deshalb
nicht, daß sie der Stadtbibliothek Abbruch getan hat.
Bis zum Jahre 1905 wenigstens hatte sich letztere
troß der Entwicklung der Bücherhalle einer steigenden
Ausleihziffer zu erfreuen. 1315.
Abnahme der Entleihungen
in der Stadtbibliothek.
In Nr. 40 der Lübeckischen Blätter versucht ein
zweifelsohne aus amtlicher Feder fließender Artikel,
die ebenso auffällige wie bedauerliche Tatsache der
Abnahme der Bücherentleihungen an unserer Stadt-
bibliothek zu erklären. Es wird darauf hingewiesen,
daß in früheren Jahren eine stetig steigende Tendenz
in der Bücherentnahme stattgefunden habe, ferner
daß die hiesige Bibliothek im Vergleich zu anderen
städtischen Büchereien günstig dastehe. Diese beiden
Hinweise erklären jedoch keineswegs den Rückgang
der Entleihungen im Jahre 1905. Gern aber geben
wir dem Verfasser des Artikels zu, daß ,die glückliche
Entwicklung der Lesehalle und die schnell anwachsende
Benutzung derselben offenbar" zur genannten Tat-
sache beigetragen habe. Die Bücher- und Lesehalle
verlieh im Jahre 1904 48 731, im Jahre 1905
63 266 Bände: die Stadtbibliothek brachte es im Jahre