Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

41 Bei der Wiederherstellung des im vorigen Jahres- berichte genannten Portals des Hauses der früheren Krämerkompagnie wurde festgestellt, daß dasselbe eine reiche Bemalung gehabt hat, die noch durch vergoldete und versilberte Einzelteile besonders ge- hoben wurde. Diese Entdeckung und die an dem gleichfalls im vorigen Bericht genannten Portal in der Ernestinenschule gefundenen Farbenspuren lassen darauf schließen, daß die meisten Portale der Renaissance. und Barockzeit, welche für Lübeck charakteristisch sind, ein reiches farbiges Gewand gehabt haben. Eine chemische Untersuchung der Farbenreste hat ergeben, daß man es im vorliegenden Falle aller Wahrscheinlichkeit nach mit einer Käse- farbenbemalung zu tun hat, und ein Versuch, die alte Bemalung des Portals im Hofe der Ernestinen- schule wieder erstehen zu lassen, ist von so gutem Erfolge begleitet gewesen, hat die Wirkung dieses Architekturstückes so sehr erhöht, daß man daraus Veranlassung nehmen will, an dem Portal des Hauses der Krämerkompagnie, welches bei dem Post- neubau als Haupteingang in der Braunstraße Ver- wendung finden soll, die Bemalung wieder herzustellen. Die Postbauverwaltung hat in zuvorkommender, dankenswerter Weise die dafür erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt. Der Kreuzgang des Heiligen - Geist - Hospitals erfuhr nach vorhandenen Resten einen Ausbau in demjenigen Teile, der durch spätere Ein. und An- bauten arg verunstaltet war. Es konnte dabei auch eine schöne bemalte Barocktür Wiederverwendung finden, welche von den seinerzeit im Hospital be- seitigten sogenannten Apostelkammern stammt. . In der Kapelle des Heiligen-Geist-Hospitals wurde die kupferne Gedächtnistafel des Koches Uptöger aus dem Jahre 1655 mit dem Bericht über dessen Testament zur Ausschmückung der Kapelle von einer deckenden Schmuyschicht befreit und in der alten Vergoldung der Schrift wieder hergestellt. Dem Konservator war es auch vergönnt, bei den vorbereitenden Arbeiten für die Einrichtung eines Bergenzimmers mitzuwirken, zur Aufnahme einer Sammlung von Altertümern und Abbildungen des Hanssischen Kontors an der ,„Deutschen Brücke“ in Bergen, welches nach einer Anregung des Direktors des Hansa.Museums in Bergen, Chr. Korén-Wiberg, im hiesigen Museum nach Rat-. und Bürgerschluß vom 6. Februar 1905 hergestellt wird. Der Raum, welcher die Sammlung aufnehmen soll, schließt sich in der Art der Herstellung und Ausstattung an die Räume der deutschen Kaufhöfe des Hansischen Kontors an. Die Wände sind aus bebeilten Bohlen hergestellt, die Decke als sichtbare Balkendecke. Eine Bemalung der Wände nach den Korsn-Wibergschen Aufnahmen soll das Bild vervollständigen, das durch den Einbau eines Alkovens mit Bettstatt und die Aufstellung von verschiedenem aus den Kaufhöfen stammenden alten Hausrat noch an Treue gewinnen wird. Wenn auch im vergangenen Jahre wieder manches malerische Bild der Stadt durch Neubauten eine Einbuße erlitten hat, so konnte doch in einem Falle unter der Mitwirkung des Konservators eine schwere Schädigung des Stadtbildes an einem seiner malerischsten Punkte, dem Burgtor, verhindert werden. Die allgemeine Aufmerksamkeit wurde auf diese Frage gelenkt, als die Bebauung des Tivoligrund- stückes zwischen der neuen Kanalstraße und der Straße „An der Wakenitzmauer“ den Resten der Stadtmauer auf der Ostseite des Tores immer näher rückte und in ihrer Art der Ausführung die schwersten Bedenken rechtfertigte. Der Verein von Kunstfreunden, der schon durch die Ausschreibung des Fassadenwettbewerbes eine dankenswerte Tätigkeit auf ähnlichem Gebiete entfaltet hat, ist einer Anregung des Konservators gern nachgekommen und hat bei der Gesellschaft zur Be- förderung gemeinnütziger Tätigkeit die Ausschreibung eines Wettbewerbes befürwortet für die Gestaltung der Neubauten am Burgtorzingel, welche für das Bild dieser einst so malerischen Befestigungsanlage von Bedeutung sind. Mit Unterstützung des Staates und der Unternehmer Glogner und Scheurenberg, welche die Bebauung des ehemaligen Tivoligrund- stückes betreiben, ist die Ausschreibung des Wett- bewerbes erfolgt, und dessen Ergebnis, bei welchem der Landbauinspektor E. Blunck in Nicolassee mit dem ersten Preise, die Architekten Glogner & Ver- mehren-Lübeck und der Regierungs-Bauführer Eggeling- Charlottenburg mit je einem zweiten Preise bedacht wurden, läßt erhoffen, daß unter den gegebenen Verhältnissen eine glückliche Lösung der Aufgabe gefunden wird, welche jedenfalls mit zu den in ihrer Art schwierigsten gehört. Die Drucklegung des Inventarisationswerkes ist so weit vorgeschritten, daß der erste Band desselben noch Weihnachten 1905 erscheinen konnte. Literarisches. Hilligenlei. „Wie schwer ist es, andern seine Seele zu zeigen und nachher dabeizustehn, wenn sie ihren Spott damit treiben.? – Wer von diesem Kai Jans in den Mund gelegten Wort aus, wie von einer hohen Warte her Hilligenlei überschaut, der wird vorsichtig in seinem Urteil über das Buch, das in unsern Tagen die Meinungen besonders scharf aufeinander prallen läßt. O, wie reißen und zerren sie an dem
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