Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

556 Matthäus Brandis bezeugen, welch. schnelle und glückliche Entwicklung die Buchdruckerkunst in Lübeck bereits in den letzten drei Jahrzehnten des 15. Jahr- hunderts genommen hat. Dr. Ohnesorge. Haupipastor L. Trummer. Hauptpastor L. Trummer scheidet am heutigen Tage aus seinem geistlichen Amte und tritt in den wohlverdienten Ruhestand. Freilich, wer am 2. September ds. Is. den Abschiedsworten des Scheidenden von der Petrikanzel lauschte, konnte sich von der Notwendigkeit des Ruhestandes kaum über- zeugen, so klar, wohldurchdacht und formvollendet war diese lezte Predigt unseres allbeliebten und hochver- ehrten Geistlichen. Wer ihn näher zu kennen das Glück hat, weiß, daß nur peinliche Gewissenhaftig- keit ihm, der die Anzeichen zunehmender Schwerhörig- keit zu fühlen glaubt, bei seinem Abschiedsgesuche die Jeder in die Hand gedrückt hat. Wir wollen nicht im einzelnen die segensreiche Tätig- keit schildern, die Trummer seit einem halben Jahrhun- dert in Schule und Kirche entfaltet hat. Das geziemt sich dem Lebenden gegenüber auch nicht für den Freund. Aber den herzlichen Wunsch wollen wir aussprechen, daß unserm verehrten Hauptpastor Trummer noch ein reichgesegneter Lebensabend beschieden sein möge, auf daß alle, die sich nach wie vor seines näheren Umganges werden erfreuen dürfen, noch lange Jahre von dem seingebildeten Gelehrten, dem begeisterten Patrioten, dem liebenswürdigen Freunde Anregung und Förde- rung ihres eigenen Lebens gewinnen können. H. Salon Möller. Sonderaussstellung hessischer Künstler. Daß wir in unserer deutschen Kunst, speziell der Malerei, ein gut Stück vorwärts gekommen sind, was Bodenständigkeit und urwüchsige heimische Art aulangt, unterliegt wohl keinem Zweifel. Das verdanken wir nicht zum geringsten der Gründung der verschiedenen größeren und kleineren Malerkolonien, unter denen Worpswede in den letzten zehn Jahren durch die kraftvollen Arbeiten eines Modersohn, Mackensen sowie durch die lyrischen eines Vogeler die bekannteite ist. Auch in Hessen haben sich eine Anzahl Künstler zu- sammengefunden, um fern von akademischer Schul- meisterei mit dem Boden eins zu werden und ihre Herzen zu laben am nie versiegenden Quell geheimster Offenbarungen der großen allzeitigen Mutter Natur. Einige dieser jungen hessischen Künstler stellen in diesen Tagen im Salon L. Möller aus und dürften wohl eine intimere Aufmerksamkeit des Lübecker Publikums in Anspruch nehmen. Wir finden die Namen Thiel- mann, Giebel, Otto, Ubbelohde, Lins vertreten durch Original-Olgemälde, Radierungen und Lithogra- phien. Aus der Natur der Sache ergibt sich der Stoff, den wir hier behandelt finden: hessische Landschaft, hessi- sche Bauernhäuser und ihre kraftvollen Bewohner. Der ganzen Sammlung voran könnte man wohl in bezeichnender Weise den prächtigen Bauer von Giebel stellen, ein Brustbild feinster Charakteristik, ein Zeugnis glücklichsten Farbenssinnes. Wie gesund ist hier das Blau des Rockes gegen den grünen Hin- tergrund geseßt und beiden entgegen der farbige Ton des Fleisches; wie lustig glänzt unter dem biederen Bauernantlit, der leuchtend grüne Pfeifenkopf, in ihm klingt die ganze Farbenharmonie hell aus. Und gerade bei diesem Bilde kann man ganz be- sonders erkennen, wie viel vom abschließenden Rahmen abhängt. Das ist eine Angelegenheit, die von manchen sonst guten Malern viel zu wenig beachtet wird, ja zu- weilen direkte Schäden, ja Geschmacklosigkeiten zeitigt. Mag das auch zuweilen nur aus finanziellen Gründen geschehen sein, so sollte dennoch der Künstler auch hier- in äußerst kritisch vorgehen und lieber den Grad von Harmonie zwischen Bild und Rahmen zu erstreben suchen, der glauben machen könnte: für diesen Rahmen konnte eben nur dieses eine Bild gemalt werden. Jeden- falls kann ein vorsichtigst gewählter Rahmen des guten Bildes Wert nur steigern und die Verkaufs- wahrscheinlichkeit näher rücken. Ebenso kräftig und gesund wie beim hessischen Bauer ist Giebel in der Farbe beim Kopf des kleinen Bauernmädchen mit Rot uud Grün. Seine im Licht des Tages gemalten Bilder sind überzeugeud, verraten hingegen noch eher den Suchenden. – Eine beachtens- wert künsstlerische Leistung der Komposition von Hell und Dunkel stellt Thielmanns junge Bäuerin dar, deren stattliche Sonntagstracht uns noch besonders interessiert und recht gut gemalt ist. Die Arbeiten von Lins leiden an teilweisen Härten und farbiger Schwere, die wohl noch überwunden werden können. Bei dem größerem Bilde „Jm Kuhstall“ hat der Maler in der Sorge um Zeichnung und Farbe die Komposition etwas vernachlässigt. Durch Hineinziehen des Kopfes der stehenden Kuh, die sonst entschieden malerische Schönheiten aufweist, ins Halbdunkel des Raumes bilden die Hellig- keiten im Rechteck des Bildes einen nicht allzu günstigen Ausschnitt. Bei weitem glücklicher hat Ubbelohde den gleichen Stoff behandelt. Seine ,jungen Rinder" im luftdurchschwängerten Stalle, der durch ein kleines Feuster ein verhältnismäßig kräftiges Licht bekommt, ist eine gute koloristische Leistung. Er und Otto, welcher durch zwei sehr gute Abendstimmungen ver treten ist, interessieren uus noch besonders durch einige Radierungen; Ubbelohde schildert mit Geschick die Boden- erscheinungen der hessischen Landschaft, während Otto, eine gewisse silhouettenhaste Geschlossenheit vorziehend, auch hier wie in einer seiner recht annehmbaren farbigen
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