Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

488 wird. Herr Schkolnick, ein junger, sechzehnjähriger Deutschrusse aus. Odessa, wird voraussichtlich Bachs Chaconne für Violine-Solo und die. Air spielen. Der junge Künstler, ein Schüler Professor Sitts in Leipzig, hat uns am Freitag Kompositionen von Chopin-Wilhelmi, Paganini und Ernst vorgespielt, die erkennen ließen, daß man es mit einem ganz be- deutenden Musiker zu tun hat, einem geborenen Geiger, der auch die schwierigsten technischen Probleme mühe- los löst. Ernsts Erlkönig für Violine Solo, ein fabel- haft schweres Virtuosenstück, kann man nicht mit mehr Energie und gereifterem technischen Können spielen. Wir sind überzeugt, daß unsere Leser uns für diesen Hinweis auf das nächste Orgelkonzert in der St. Marienkirche dankbar sein werden. J. Hennings. Leben und Treiben im alten Lübeck. (Aus den Protokollen der Kämmerei.) Von Dr. Hartwig. 29. Befreiung vom Kollektieren. 1776 9. Mai: Auf geziemendes Anhalten des Kirchen Juraten zu Travemund Timm ist demselben in Betracht seiner hohen Jahre dispensando verstattet, daß er wie sonst nach Vorschrift des Regulatives ihm gebühren würde, nicht selbst mit dem Klingbeutel gehen dürfe, sondern durch den Organisten, mit welchem er sich wegen des Mantel Geldes abzufinden hat, die Sammlung in der Kirche könne vornehmen laßen. 30. Heiratsgesuch. 1777 20. März: Hans . . Wulf aus Giesenstorff declariret daß er wohl gewillet wäre eine von den Töchtern des verstorbenen Bauer Vogts Hillers in Behlendorff, bey dem er bisher als Knecht gedienet, zu heyrathen, fals er mit derselben die Hofstelle er- halten könne, und bittet, daß die Cämmerey darin consentiren wolle. Hierauf ist ihm zum Bescheid gegeben, Er solle zuvörderst sich bey den Verwandten des Verstorbenen angeben, und wann diese wider die Heyrath nichts auszusetzen hätten, sich sodann aufs nene bey der Cämmerey melden und Bescheid gewärtigen. Gefangenenunterricht. 1777 10. April: Sind dem Küster Rieckhoff zu Travemünde dafür, daß er den dortigen Gefangenen Herm. Johann Fick ein halbes Jahr lang wöchentlich 8 Stunden im Christenthum unterrichtet, 12 # aus dem Armenschrancken gereichet worden. Gemeinnützige Rundschau. _ Alkoholismus und Schule. Der deutsche Verein abstinenter Lehrer hat schon vor Jahren angeregt, die Verbreitung des Genusses alkoholischer Getränke bei Kindern durch Umfragen in den Schulen festzustellen. Es sind dann auch einige Angaben darüber in die Öffentlichkeit gedrungen. Einer umfassenden Unter- suchung standen allgemeine Bedenken entgegen, die bei solchen Anfragen in den Schulen immer entstehen müssen. Es kommt indessen darauf an, wie gefragt wird, und gerade in unserem Falle wird die Stellung des befragenden Lehrers zur Alkoholfrage das Ergebnis stark beeinflussen, so daß nur von einer sorgfältig geleiteten, umfassenden Untersuchung ein zutreffendes Bild zu erwarten ist. Eine solche Untersuchung hat, wie das Berliner Tage- blatt mitteilt, vor einiger Zeit der Magistrat der Stadt Braunschweig veransstaltet, deren Ergebnisse jetzt ver- öffentlicht werden. Die Umfrage wurde auf Antrag des Gesundheitsrates nach einem sorgfältig aufgestellten Fragebogen in sämtlichen Bürgerschulen der Stadt veranstaltet. Die Untersuchung bezog sich auf 4047 Knaben und 3014 Mädchen der mittleren, 10 051 Schülern der unteren Bürgerschulen und auf 246 Schüler der Hilfsschulen für schwachbegabte Kinder. Der Fragebogen unterschied zwischen gelegentlichem und täglichem Genuß der einzelnen Getränkearten. Ferner wurde gefragt, wie viele Kinder schon vor Schulbeginn Alkohol genießen, wie viele es bei den Mittags- und Abendmahlzeiten und wie viele es gern tun. Das Ergebnis war recht betrübend. An den unteren Volksschulen tranken 47 Kinder täglich Wein, 880 Bier, 55 Branntwein und 122 Kognak, Rum und ähnliche Schnäpse, 65 Kinder tranken schon vor Schulbeginn, 2340, also fast ein Viertel, tranken regelmäßig zu den Mittags- und Abendmahlzeiten und 3989, also zwei Fünftel, erklärten, daß sie es gern täten. Von den 246 Schülern der Hilfsschule für schwachbegabte Kinder tran- ken bezeichnenderweise 118, also beinahe die Hälfte, gern. Von den Knaben der mittleren Bürgerschulen waren 1334 (32,7 Prozent) und von den Mädchen der mittleren Bürgerschulen 853 (28,8 Prozent) Freunde alkoholischer Genüsse. Jm übrigen ist der Unter- schied zwischen den unteren und mittleren Bürgerschulen nur gering. Bier wird überall von 8 bis 10 Prozent der Schüler regelmäßig täglich und von 60 bis 70 Prozent gelegentlich getrunken, der regelmäßige Schnapsgenuß ist bei den Schülern der unteren Bürgerschulen etwas häufiger (1,7 Prozent der Schüler) als bei denen der mittleren (Knaben 1 Prozent, Mädchen 1,8 Prozent), der Weingenuß umgekehrt bei den Schülern der mittleren Bürgerschulen (Knaben 0,9 Prozent, Mädchen 1,9 Prozent) höher als bei denen der unteren (0,5 Prozent).
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