A G 7
wie groß der Richtungsunterschied zwischen dem
wahren und dem magnetischen Meridiane an den
verschiedenen Plätzen des Erdballes war. Man fand
sogar in der Folge bald heraus, daß auch am
s el b en Orte dieser Winkel nicht unveränderlich war,
sondern allmählich ab, an anderen Orten zunahm.
Ein altes „See- Buch“ auf der hiesigen Stadt-
bibliothek macht den Schiffer darauf aufmerksam,
seinen Kompassen nicht ohne weiteres zu trauen,
denn die in Italien oder gar in Frankreich her-
gestellten Exemplare zeigten nicht genau gleich. Die
Verfertiger befestigten die Nadel nämlich nicht gerade
unter dem Nord-Süd-Strich der Rose, sondern drehten
sie jo weit herum, daß Nord des Kompasses nach
dem astronomischen Norden wies. Da nun jener
Zeit, ca. 1600, die Mißweisung in Paris z. B.
nach alten Beobachtungen ~~ ca. 8 Grad Ost, in
Deutschland aber anders war, so stimmten jene
Rosen nicht mit den hiesigen Fabrikaten überein.
Erst eine spätere Zeit lieferte uns Karten, auf denen
diese magnetischen Elemente für viele Orte der Erde
genau verzeichnet waren. Der Seemann las dann
vom Kompaß seinen „magnetischen“ Kurs ab, entnahm
aus der Tafel die Größe des Winktels, Deklination
oder Mißweisung, und verwandelte darauf den
Kompaß. in „wahren“ Kurs.
Ein Pastor vom nachbarlichen Fehmarn,
Mauritius Rachel, schrieb um 1662 ein Buch, das
er „Geistlich Seekompaß“’ benamsete. In dieser
eigenartigen Schrift nimmt er verschiedentlich Bezug
Fi gn Fehe ce Zr Les
an Marienkirch zu Lübeck“. Der Autor des See-
fahrer. Eilandes Fehmarn meint: „,erst durch des
Kompaß Hülff können wir uns auf See wagen,
wohin die Alten haben niehmalen kommen dürfen,
weiln sie dieses edlen Werkzeugs Kundschaft und
Erfahrnheit nicht gehabt haben.“
„Aber er muß von denen Schiffsleuten wohl
verwahret sein im Nachthause und die rund hölzern
Büchs, worinnen er sich befindet, soll sorgsam mit
einem gläsern Plätjen verschlossen werden, damit
kein Staub noch Fettigkeit hineinkomme. Denn
Staub, Schmalt, Zwiebeln und Knoblauch seyn der
Kompassen eußerst Verderben. Wenn Eysen, so mit
einem Magnet bestrichen, mit Knochlauch gerieben
wird, so vergehet ihm die Krafft, nach welcher er
den Nordpol zeiget, wiewohl Joh. Bodenius solches
läugnet.! ~ Hu meiner eigenen Schande muß ich
nun gestehen, ich habe diesen Versuch nie gemacht,
um den alten Pastor zu widerlegen, denn entweder,
wenn ich an dies Märlein dachte, hatte ich keinen
Ltup-b;;zttisens allerdings keinen Knoblauch bei
r Han
Aber di e s e vom alten Pastor erwähnten Fehler
des geheimnisvollen Instrumentes machen dem
heutigen Nautiker wohl weniger Schmerzen, als
and ere Störungen, die den Kompaß aus seiner
Richtung ablenken. Als man allmählich Eisen und
immer mehr und mehr Eisen an Bord der Schiffe
verwandte, ja letztere ganz und gar aus diesem
Material- herstellte, da wurde die Aufgabe immer
schwieriger, aus den Angaben des gewohnten, sicheren
Wegweisers noch einen zuverlässigen Kurs heraus.
zulesen. Ein bei der Entdeckung Australiens viel
genannter englischer Seemann wurde zuerst darauf
aufmerksam, daß sein Kompaß die Richtung + oder
wie der Seemann sagt „Peilung“, von Landspitzen
immer anders ergab, wenn das Schiff mit dem
Kopfe Nord oder Süd, Ost oder West gerichtet war.
Er schloß aus diesen Beobachtungen, die ihm einige
Zeit unlösbare Rätsel aufgaben: Die im Schiffe
eingebauten eisernen Bolzen, Balkenknieen, Ver-
stärkungen, Riegel und nicht zum mindesten seine
tt entre nher dc Gs hes
zur Kompaßnadel standen, war natürlich bei jedem
Schiffskurse ein anderer. Nach und nach gelangte
man nun zur Kenntnis der Gesetze, welche diese Ab-
lenkungen hervorrufen. Die Störung der Nadel aus
ihrer eigentlichen Richtung nach dem magnetischen
Pol zu, die „örtliche Ablenkung oder Deviation“ ist
um so größer, je bedeutender die störenden Massen
und je geringer ihre Abstände vom Kompasse sind.
Steckt man einen Magnetstab in Eisenfeilspäne,
so setzen sich die feinen Massenteilchen namentlich an
zwei Punkten an, die sich durch die auffallende Grup-
pierung der Spähne ringsum deutlich ausmachen lassen.
Diese „Pole“ des Magneten sind für uns wichtige
Stellen. Nähert man z. B. zwei Magnete, so
stoßen sich die gleichnamigen Pole ab, während
ungleichnamige sich anziehen. Da die freischwebende
Magnetnadel immer wieder in die Richtung des
magnetischen Meridians zurückschwingt, muß man
folgern, daß in dem uns nächsten magnetischen Pole
der Erde südlicher, im entgegengesetzten aber, d. h.
auf Südbreite gelegenen, Nord - Magnetismus ent-
halten ist, will man nicht, wie früher in Frankreich,
davon ausgehen, daß d em Ende der Magnetnadel,
das nach Norden zeigt, Süd - Magnetismus inne-
wohnt. Um diesem Dilemma zu entgehen, half man
sich mit der Benennung plus’ und minus, wie bei
der Elektrizität. Eingeschaltet möge hier werden,
daß sich die magnetischen Pole nie trennen lassen,
einpolige Magnete gibt es nicht. Zerschlägt man
ein magnetisches Stäbchen in die kleinstmöglichen
Teile, so gibt doch jedes Partikelchen wieder einen
vollständigen Magnet mit Nord- und Südpol.