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wofür die Gesamtkosten auf / 238 000 veranschlagt
sind. Des weiteren wird über die Einführung einer
Reihe zweckdienlicher Reformen im Hafengüterverkehr
sowie über die im Mai eröffnete kaufmännische Fort-
bildungsschule Bericht erstattet.
Lübecks Handel, Industrie und Schiffahrt haben,
wie aus dem zweiten Teile des Jahresberichtes
hervorgeht, an dem allgemeinen wirtschaftlichen Auf-
schwunge erfreulichen Anteil genommen. Sowohl
im Groß- wie im Kleinhandel machte sich eine
ziemlich lebhafte Güterbewegung bemerkbar. Dem-
entsprechend zeigte auch das Speditionsgeschäft,
unterstützt durch befriedigende Wasserverhältnisse auf
der Elbe, eine rege Tätigkeit. Die Schiffahrt blickt
ebenfalls auf ein befriedigenderes Ergebnis als in
den Vorjahren zurück, zumal die Frachten teilweise
eine kleine Aufbesserung erfuhren. Speziell die
Binnenschiffahrt und der Kanalverkehr zeigen einen
nicht unbeträchtlichen Zuwachs.
Außer dieser von der allgemeinen wirtschaftlichen
Konjunktur abhängigen Belebung sind in dem Berichts-
jahre für unser Gemeinwesen auch noch Ereignisse
bemerkenswert, die der gewerblichen Entwicklung
Lübecks eine neue und dauernde Grundlage zu geben
verheißen. In einer ausführlichen Denkschrift hat
Oberbaudirektor Rehder für die künftige bauliche
und wirtschaftliche Ausgestaltung der lübeckischen
Schiffahrtsstraßen ein großzügiges Programm ver-
öffentlicht, dessen Beratung auch die Handelskammer
in nächster Zeit eingehend zu beschäftigeu haben
wird. Mehr und mehr zeigt es sich, daß neben dem
Handel auch die Industrie berufen ist, zur Entwicklung
Lübecks beizutragen. Durch Rat- und Bürgersschluß
vom 4. Dezember ist alsdann dem Staate die
Genehmigung zum Erwerb ausgedehnter, an der
Trave gelegener Ländereien erteilt und damit die
von der Handelskammer und vom JIndustrieverein
gestellte Forderung für die Errichtung eines Industrie-
viertels erfüllt worden. Die erste industrielle Anlage,
welche auf diesem Terrain erstehen wird, ist das
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Hebung sowohl der Industrie als der See- und
Kanalschiffahrt Lübecks ist bereits öfter eingehend
gewürdigt worden. Neben dem Staate hat daher
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wird, beabsichtigen bereits einige andere industrielle
Anlagen, sich dem neuen Unternehmen anzugliedern.
Auf dem Gebiete der Seeschiffahrt ist endlich zu
bemerken, daß die Arbeiten für die Vertiefung der
Trave so weit fortgeschritten sind, daß seit dem
1. November für das Seegatt und Travemünde ein
Tiefgang der Schiffe von 7,50 Meter, für die Fahrt
von Travemünde bis zu den Seehäfen in Lübeck ein
Eher der Schiffe von 7 Meter für zulässig
erklärt ist.
Der lübeckische Schiffsbestand hat in dem Neubau
eines großen Dampfers der FFirma L. Possehl & Co. und
in sechs neuen Schiffen der von der Reederei Horn
neugegründeten Fruchtdampferaktiengesellschaft einen
wertvollen Zuwachs erhalten.
Der Totalraumgehalt der in Lübeck beheimateten
Schiffe ist nunmehr von 62 278 auf 80 489 Reg.-
Tons Brutto gestiegen. ~
Entrollt sich aus dem Jahresbericht der Handels-
kammer im allgemeinen ein überwiegend günstiges
Bild über die gegenwärtige wirtschaftliche Lage
Deutschlands, so bleibt doch abzuwarten, inwieweit
der außergewöhnliche Aufschwung des Jahres 1905
als ein dauernder oder nur vorübergehender zu be-
trachten sein wird. Es liegt nahe anzunehmen, daß
die Steigerung der Produktion wenigstens zum Teil
auf die bis zum Frühjahr 1906 eintretenden Zoll.
erhöhungen Deutschlands und anderer Staaten zu-
rückzuführen sein dürfte. Voraussichtlich wird jett
mit einer gewissen Unsicherheit der handelspolitischen
Lage zu rechnen sein, da sich die Wirkung der am
1. März 1906 in Kraft tretenden Handelsverträge,
die zum Teil ihren Abschluß noch nicht gefunden
haben, zurzeit nicht übersehen läßt.
Für Lübeck bildet das Jahr 1905 anscheinend
einen bedeutsamen Wendepunkt, der zu guten Hoff-
nungen für die Zukunft berechtigt. Gewiß wird es
fernerer angestrengter und ausdauernder Arbeit be-
dürfen, um nicht nur die jetzt gewonnene Position
zu behaupten, sondern auch immer weitere Fortschritte
zu erzielen. Das abgelaufene Jahr hat aber den
erfreulichen Beweis erbracht, daß der Unternehmungs-
geist in Lübeck sich auf allen Gebieten kräftig rührt
und daß man ernstlich bestrebt ist, demselben neue
Wege zu bahnen. Vereinigen sich so wie jetzt alle
Kräfte unserer Vaterstadt zur Hebung von Handel,
Schiffahrt und Industrie, so kann wohl mit vollem
Vertrauen die Erwartung ausgesprochen werden, daß
demnächst auch die Früchte dieser gemeinsamen Arbeit
nicht ausbleiben werden.
„Mb
Kommunale paritätische Arbeits-
vermittlungen.
Von den zahlreichen Aufgaben, die uns die moderne
Sozialpolitik stellt, ist in Lübeck kaum eine dringender
und kaum eine weniger erörtert worden als die
Frage eines allgemeinen kommunalen paritätischen
Arbeitsnachweises. Teils haben die Arbeitgeber,