Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

31 2 ist es schon, sowohl seiner Verfassung als auch seiner Leistung nach; denn es vermittelt neben einer be- sonderen Berufs- auch eine allgemeine Bildung, deren Güte sich an dem dem zweiten Jahresbericht bei- gegebenen Lehrplane ermessen läßt; es ist zur Er- teilung des Einjährig - Freiwilligen - Zeugnisses be- rechtigt; der Unterricht liegt zum Teil wenigstens in den Händen akademisch gebildeter Lehrkräfte. Wenn allerdings Herr 165 das Hauptmerkmal einer höheren Schule darin erblickt, daß sie zum Universitäts- studium vorbereitet, so würden auch die höhere Mädchenschule und die Realschule nicht in diese Kategorie gehören. Beide aber sind im lübeckischen Unterrichtsgeses Art. 26 als höhere Schulen auf- geführt. Also das Lehrerseminar ist eine höhere Schule, und es handelt sich nur noch darum, daß es als solche auch öffentlich, vor allem aber im Geseß anerkannt werde. Warum aber sollte ihm diese Anerkennung verweigert werden? Welche andere Schule oder Einrichtung würde dadurch ge- schädigt werden? Oder zu welcher Schulgattung will man das Seminar zählen, wenn nicht zu den höheren Schulen? Vielleicht zu den Mittel. oder Volksschulen? Das alles sind Fragen, die ich nicht zu beantworten vermag; möglich, daß Herrn 165 ihre Beantwortung gelingt. Für das Seminar ist die Anerkennung als höhere Schule eine Lebensfrage. Ich will davon absehen, daß die Wertschätzung, die eine Schule ge- nießt, ganz erheblich auf die Arbeitsfreudigkeit der an ihr arbeitenden Lehrer einwirkt. Aber darauf muß ich hinweisen, daß es nie gelingen wird, voll- wertige akademische Lehrkräfte an das Seminar zu ziehen oder dauernd dort festzuhalten, wenn dieses nicht den anderen höheren Schulen im Range gleichgestellt wird. Ich brauche hierbei nur auf Preußen oder Hamburg hinzuweisen. Man mag es wohl bedauern, daß nicht schon die ideale Aufgabe, Lehrer zu er- ziehen und dadurch die Bildung in die weitesten Volkskreise zu tragen, an sich genügt, geeignete Lehr- kräfte in genügender Zahl zu einer Bewerbung um die Oberlehrerstelen am Seminar zu veranlassen, aber man wird es auch andererseits den Oberlehrern, die gerade gegenwärtig so intensiv für die Hebung ihres Standes kämpfen, nachempfinden können, daß sie eben aus diesem Grunde außer einer befriedigenden Berufsarbeit auch eine entsprechende äußere Folie in Form von Gehalt, Rang, Titulatur usw. erstreben. Uber die andere Frage, die Herr 165 noch auf- wirft, kann ich ebenso rasch hinwegkommen. Er fürchtet, daß unter der besseren wisssenschaftlichen die praktische Ausbildung der Seminaristen leiden könne. Diese Besorgnis ist durchaus unbegründet. Schon seit der Verstaatlichung des Seminars sind die An- forderungen an die wisssenschaftlichen Leistungen der Seminaristen stetig gesteigert worden (siehe Lehr- berichte des Seminars), hiermit ist aber Hand in Hand auch eine Hebung ihrer pädagogisch-praktischen Ausbildung gegangen. - Dadurch ist der Beweis geliefert, daß allgemein - wissenschaftliche und fachwissenschaftliche bezw. praktische Bildung gleich: zeitig und gleichmäßig gefördert werden können. Das soll in Zukunft in noch höherem Maße geschehen, aber das ist nur dann möglich, wenn der Lehrplan eine scharfe Scheidung zwischen allgemeiner und Fachbildung vornimmt. Wie das im einzelnen zu machen ist, darüber braucht sich Herr 165 meinen Kopf nicht zu zerbrechen; genug, es wird gemacht werden. Es versteht sich ja auch eigentlich von selbst, daß das Seminar seinen Hauptvorzug: die gute päda- [tv hust Je 074t;
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