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ist es schon, sowohl seiner Verfassung als auch seiner
Leistung nach; denn es vermittelt neben einer be-
sonderen Berufs- auch eine allgemeine Bildung, deren
Güte sich an dem dem zweiten Jahresbericht bei-
gegebenen Lehrplane ermessen läßt; es ist zur Er-
teilung des Einjährig - Freiwilligen - Zeugnisses be-
rechtigt; der Unterricht liegt zum Teil wenigstens in
den Händen akademisch gebildeter Lehrkräfte. Wenn
allerdings Herr 165 das Hauptmerkmal einer höheren
Schule darin erblickt, daß sie zum Universitäts-
studium vorbereitet, so würden auch die höhere
Mädchenschule und die Realschule nicht in diese
Kategorie gehören. Beide aber sind im lübeckischen
Unterrichtsgeses Art. 26 als höhere Schulen auf-
geführt. Also das Lehrerseminar ist eine höhere
Schule, und es handelt sich nur noch darum, daß
es als solche auch öffentlich, vor allem aber im
Geseß anerkannt werde. Warum aber sollte ihm
diese Anerkennung verweigert werden? Welche
andere Schule oder Einrichtung würde dadurch ge-
schädigt werden? Oder zu welcher Schulgattung
will man das Seminar zählen, wenn nicht zu den
höheren Schulen? Vielleicht zu den Mittel. oder
Volksschulen? Das alles sind Fragen, die ich nicht
zu beantworten vermag; möglich, daß Herrn 165
ihre Beantwortung gelingt.
Für das Seminar ist die Anerkennung als
höhere Schule eine Lebensfrage. Ich will davon
absehen, daß die Wertschätzung, die eine Schule ge-
nießt, ganz erheblich auf die Arbeitsfreudigkeit
der an ihr arbeitenden Lehrer einwirkt. Aber darauf
muß ich hinweisen, daß es nie gelingen wird, voll-
wertige akademische Lehrkräfte an das Seminar zu
ziehen oder dauernd dort festzuhalten, wenn dieses nicht
den anderen höheren Schulen im Range gleichgestellt
wird. Ich brauche hierbei nur auf Preußen oder
Hamburg hinzuweisen. Man mag es wohl bedauern,
daß nicht schon die ideale Aufgabe, Lehrer zu er-
ziehen und dadurch die Bildung in die weitesten
Volkskreise zu tragen, an sich genügt, geeignete Lehr-
kräfte in genügender Zahl zu einer Bewerbung um
die Oberlehrerstelen am Seminar zu veranlassen,
aber man wird es auch andererseits den Oberlehrern,
die gerade gegenwärtig so intensiv für die Hebung
ihres Standes kämpfen, nachempfinden können, daß
sie eben aus diesem Grunde außer einer befriedigenden
Berufsarbeit auch eine entsprechende äußere Folie
in Form von Gehalt, Rang, Titulatur usw. erstreben.
Uber die andere Frage, die Herr 165 noch auf-
wirft, kann ich ebenso rasch hinwegkommen. Er
fürchtet, daß unter der besseren wisssenschaftlichen die
praktische Ausbildung der Seminaristen leiden könne.
Diese Besorgnis ist durchaus unbegründet. Schon
seit der Verstaatlichung des Seminars sind die An-
forderungen an die wisssenschaftlichen Leistungen der
Seminaristen stetig gesteigert worden (siehe Lehr-
berichte des Seminars), hiermit ist aber Hand in
Hand auch eine Hebung ihrer pädagogisch-praktischen
Ausbildung gegangen. - Dadurch ist der Beweis
geliefert, daß allgemein - wissenschaftliche und
fachwissenschaftliche bezw. praktische Bildung gleich:
zeitig und gleichmäßig gefördert werden können. Das
soll in Zukunft in noch höherem Maße geschehen,
aber das ist nur dann möglich, wenn der Lehrplan
eine scharfe Scheidung zwischen allgemeiner und
Fachbildung vornimmt. Wie das im einzelnen zu
machen ist, darüber braucht sich Herr 165 meinen
Kopf nicht zu zerbrechen; genug, es wird gemacht werden.
Es versteht sich ja auch eigentlich von selbst, daß
das Seminar seinen Hauptvorzug: die gute päda-
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