Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

2I89 machen keine Schwierigkeiten. Anders mit den Zinsen. Außer den laufenden kommen mit dem Kapital zum Zuge auch die eventuell rückständigen der letzten beiden Jahre, sofern sie bis zum Beginn der Versteigerung angemeldet werden. Demnach muß sie der seinen Posten verteidigende Hypothekarier auch berücksichtigen. Er kann dies aber nur nach Maßgabe der Anmeldung, die bis zur Versteigerung keinerlei Nachprüfung oder Kontrolle unterliegt. Sehr häufig stellt sich nachträglich im Verteilungs- verfahren heraus, daß mehr Hinsen, als wirklich rückständig, angemeldet waren, daß ein zu hoher Zinsfuß bei der Anmeldung zugrunde gelegt war, oder aber, daß es inzwischen dem Gläubiger gelungen war, durch Mobiliarpfändungen oder Mietepfändungen wegen solcher Zinsen anderweitige Befriedigung zu erlangen. Ganz ähnlich liegt es auch oft mit den von den im Range vorgehenden Hypothekariern an- gemeldeten Prozeß- und Verfahrenskosten, namentlich wenn dieselben die voraussichtlichen Kosten eines gleichzeitig betriebenen, noch nicht abgeschlossenen Zwangsverwaltungsverfahrens umfassen. Den allerunsichersten Faktor für die in Frage stehende Berechnung bilden aber Dienstbarkeiten, z. B. Wegegerechtigkeiten, Sielrechte, Fensterrechte, Alten- teile, mit denen das Grundstück belastet ist, ohne daß der Wert derselben aus dem Grundbuche erhellt. Bezüglich derartiger Rechte besteht nicht einmal eine klare Gesetzesvorschrift, ob der Berechtigte vor der Versteigerung überhaupt verpflichtet ist, deren Wert anzugeben und glaubhast zu machen. Aber selbst wenn dies geschieht, sind derartige Wertschätzungen naturgemäß äußerst vagen Charakters. In der Regel wird erst nach langwierigen Erörterungen im Ver- teilungsverfahren, häufig auch erst nach einer Aus- einandersezung der Beteiligten in einem besonderen Prozesse nachträglich eine für die Verteilung des Versteigerungserlöses maßgebliche Wertfestsezung er- zielt werden, die leicht auf einen geringen Bruchteil des im Beginn des Zwangsverssteigerungsverfahrens geltend gemachten oder überschläglich geschätten Be- trages hinauslaufen kann. Erst kürzlich erfuhr in einem hiesigen Zwangsversteigerungsfalle eine mit . 5000 vom Berechtigten bewertete Siellast im Nachverfahren eine Reduktion auf M 500. Der nachstehende Hypothekarier, der vorsichtigerweise beim Ausbieten seines Postens jene Siellast mit „ 5000 berücksichtigt hätte, würde als Ersteher nachträglich nicht nur die unerfreuliche Erfahrung machen, daß er ./ 4500 mehr geboten und zu er- legen hat, als zur Rettung seines Postens erforderlich, er würde außerdem sogar zu der im fraglichen Falle etwa gleichhohen Veräußerungsabgabe wider seinen Willen herangezogen werden. Diesen bei dem gegenwärtigen Rechtszustande unvermeidlichen Härte müßte meines Erachtens bei einer Abänderung der diesbezüglichen Bestimmungen der Verordnung, die Veräußerungsabgabe betreffend, abgeholfen werden durch entsprechend weitere Fassung des Nachtrages. Das Nächstliegende wäre, den Entwurf dahin abzuändern, daß der erwerbende Hypothekarier von der Veräußerungsabgabe befreit bleibt, wenn er bei Zugrundelegung der veranschlagten Gerichtskosten und der bei Beginn der Versteigerung vorliegenden An- meldungen dinglicher Ansprüche, die vor oder mit seinem Posten zum Zuge kommen, innerhalb seines Postens das Grundstück erworben haben würde. Hierdurch würde aber die zuleztt von mir exemplifizierte Härte solcher Fälle, wo Dienstbarkeiten zu berücksichtigen sind, deren Wert vor der Ver- steigerung vom Berechtigten nicht angegeben zu werden braucht, nicht behoben werden. Ich schlage daher vor, die Veräußerungsabgabe künftig nur insoweit zu erheben, als das Meist- gebot des erwerbenden Hypothekariers den Posten übersteigt oder aber die Befreiungsgrenze auszudehnen auf das zur Deckung des verteidigten Postens er- forderliche Gebot zuzüglich zehn Prozent. Letzterer Vorschlag insbesondere würde eine alsbaldige Lösung der Frage, ob Veräußerungsabgabe zu ent- t<;; ih j umständliche Berechnung in der egel ermöglichen. Gedient würde durch die vorgeschlagene Regelung über deren nächsten Zweck hinaus namentlich auch denjenigen Hypothekariern, die zur Verteidigung ihres gefährdeten Postens sich anwaltlicher Unter- stützung nicht versichern und bei der Kompliziertheit des gegenwärtigen Zwangsversteigerungsverfahrens wohl in der Regel im Termin überhaupt nicht in der Lage sind, die häufig erst im Termin selbst zur An- meldung gelangenden Hinsen und Kostenbeträge genau auszurechnen und deren Bedeutung für die Bemessung des eigenen Gebotes nachzuprüfen. Es erscheint durchaus billig, solche Hypothekarier nicht vor die Alternative zu stellen, infolge mangelnder Überssicht entweder ihren Posten zum Teil einzubüßen oder die Veräußerungsabgabe zahlen zu müssen. Dr. Küstermann. Frühere und moderne Praxis. 'i Es wird sich gewiß schon mancher darüber gewundert haben, daß seit kurzem bei Gelegenheit der Amts- einführung von neuerwählten Mitgliedern des Senates, im Gegensay zu der bisherigen Gepflogenheit, nicht nur von seiten des regierenden Bürgermeisters, sondern auch von dem neuerwählten Senator längere Ansprachen
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