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machen keine Schwierigkeiten. Anders mit den
Zinsen. Außer den laufenden kommen mit dem
Kapital zum Zuge auch die eventuell rückständigen
der letzten beiden Jahre, sofern sie bis zum Beginn
der Versteigerung angemeldet werden. Demnach
muß sie der seinen Posten verteidigende Hypothekarier
auch berücksichtigen. Er kann dies aber nur nach
Maßgabe der Anmeldung, die bis zur Versteigerung
keinerlei Nachprüfung oder Kontrolle unterliegt.
Sehr häufig stellt sich nachträglich im Verteilungs-
verfahren heraus, daß mehr Hinsen, als wirklich
rückständig, angemeldet waren, daß ein zu hoher
Zinsfuß bei der Anmeldung zugrunde gelegt war,
oder aber, daß es inzwischen dem Gläubiger gelungen
war, durch Mobiliarpfändungen oder Mietepfändungen
wegen solcher Zinsen anderweitige Befriedigung zu
erlangen. Ganz ähnlich liegt es auch oft mit den
von den im Range vorgehenden Hypothekariern an-
gemeldeten Prozeß- und Verfahrenskosten, namentlich
wenn dieselben die voraussichtlichen Kosten eines
gleichzeitig betriebenen, noch nicht abgeschlossenen
Zwangsverwaltungsverfahrens umfassen.
Den allerunsichersten Faktor für die in Frage
stehende Berechnung bilden aber Dienstbarkeiten, z. B.
Wegegerechtigkeiten, Sielrechte, Fensterrechte, Alten-
teile, mit denen das Grundstück belastet ist, ohne
daß der Wert derselben aus dem Grundbuche erhellt.
Bezüglich derartiger Rechte besteht nicht einmal eine
klare Gesetzesvorschrift, ob der Berechtigte vor der
Versteigerung überhaupt verpflichtet ist, deren Wert
anzugeben und glaubhast zu machen. Aber selbst
wenn dies geschieht, sind derartige Wertschätzungen
naturgemäß äußerst vagen Charakters. In der Regel
wird erst nach langwierigen Erörterungen im Ver-
teilungsverfahren, häufig auch erst nach einer Aus-
einandersezung der Beteiligten in einem besonderen
Prozesse nachträglich eine für die Verteilung des
Versteigerungserlöses maßgebliche Wertfestsezung er-
zielt werden, die leicht auf einen geringen Bruchteil
des im Beginn des Zwangsverssteigerungsverfahrens
geltend gemachten oder überschläglich geschätten Be-
trages hinauslaufen kann. Erst kürzlich erfuhr in
einem hiesigen Zwangsversteigerungsfalle eine mit
. 5000 vom Berechtigten bewertete Siellast im
Nachverfahren eine Reduktion auf M 500. Der
nachstehende Hypothekarier, der vorsichtigerweise
beim Ausbieten seines Postens jene Siellast mit
„ 5000 berücksichtigt hätte, würde als Ersteher
nachträglich nicht nur die unerfreuliche Erfahrung
machen, daß er ./ 4500 mehr geboten und zu er-
legen hat, als zur Rettung seines Postens erforderlich,
er würde außerdem sogar zu der im fraglichen Falle
etwa gleichhohen Veräußerungsabgabe wider seinen
Willen herangezogen werden.
Diesen bei dem gegenwärtigen Rechtszustande
unvermeidlichen Härte müßte meines Erachtens bei
einer Abänderung der diesbezüglichen Bestimmungen
der Verordnung, die Veräußerungsabgabe betreffend,
abgeholfen werden durch entsprechend weitere Fassung
des Nachtrages.
Das Nächstliegende wäre, den Entwurf dahin
abzuändern, daß der erwerbende Hypothekarier von
der Veräußerungsabgabe befreit bleibt, wenn er bei
Zugrundelegung der veranschlagten Gerichtskosten und
der bei Beginn der Versteigerung vorliegenden An-
meldungen dinglicher Ansprüche, die vor oder mit
seinem Posten zum Zuge kommen, innerhalb seines
Postens das Grundstück erworben haben würde.
Hierdurch würde aber die zuleztt von mir
exemplifizierte Härte solcher Fälle, wo Dienstbarkeiten
zu berücksichtigen sind, deren Wert vor der Ver-
steigerung vom Berechtigten nicht angegeben zu
werden braucht, nicht behoben werden.
Ich schlage daher vor, die Veräußerungsabgabe
künftig nur insoweit zu erheben, als das Meist-
gebot des erwerbenden Hypothekariers den Posten
übersteigt oder aber die Befreiungsgrenze auszudehnen
auf das zur Deckung des verteidigten Postens er-
forderliche Gebot zuzüglich zehn Prozent.
Letzterer Vorschlag insbesondere würde eine alsbaldige
Lösung der Frage, ob Veräußerungsabgabe zu ent-
t<;; ih j umständliche Berechnung in der
egel ermöglichen.
Gedient würde durch die vorgeschlagene Regelung
über deren nächsten Zweck hinaus namentlich auch
denjenigen Hypothekariern, die zur Verteidigung
ihres gefährdeten Postens sich anwaltlicher Unter-
stützung nicht versichern und bei der Kompliziertheit des
gegenwärtigen Zwangsversteigerungsverfahrens wohl
in der Regel im Termin überhaupt nicht in der
Lage sind, die häufig erst im Termin selbst zur An-
meldung gelangenden Hinsen und Kostenbeträge
genau auszurechnen und deren Bedeutung für die
Bemessung des eigenen Gebotes nachzuprüfen. Es
erscheint durchaus billig, solche Hypothekarier nicht
vor die Alternative zu stellen, infolge mangelnder
Überssicht entweder ihren Posten zum Teil einzubüßen
oder die Veräußerungsabgabe zahlen zu müssen.
Dr. Küstermann.
Frühere und moderne Praxis.
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Es wird sich gewiß schon mancher darüber gewundert
haben, daß seit kurzem bei Gelegenheit der Amts-
einführung von neuerwählten Mitgliedern des Senates,
im Gegensay zu der bisherigen Gepflogenheit, nicht
nur von seiten des regierenden Bürgermeisters, sondern
auch von dem neuerwählten Senator längere Ansprachen