263
denken können, so müßten die Leiter unserer staat-
lichen oder sstädtischen Behörden eingreifen, gilt's
doch eine weitgehende Schädigung aller Bevölkerungs-
flassen abzuwenden. Ein Mann in autoritativer
Stellung, frei von jedem Verdacht der Vorliebe
für eine oder die andere Partei, müßte sein Ansehen
in die Wagschale werfen, müßte die Ursachen der
Verbitterung aufzeigen, das Ziel gemeinsamer Arbeit
aufleuchten lassen, das Wohl der Stadt als Panier
aufpflanzen. Solch Eingreifen hat schon vielfach
Erfolge gezeitigt. Oberbürgermeister Zweigert von
Essen hat die schwierigen Tarifverhandlungen im dor-
tigen Baugewerbe geleitet. Der Staatssekretär von
Elsaß-Lothringen, von Köller, hat den langdauernden
Textilarbeiterstreik in Mühlhausen zum gedeihlichen
Ende geführt. Möge sich dann auch hier bald
jemand finden, der dieses schöne soziale Werk auf
sich nimmt, er ist der Dankbarkeit weiter Kreise
sicher. Schwierig mag die Aufgabe sein, aber wir
vertrauen darauf, daß, wo ein Wille, auch ein Weg ist.
1390.
Ein billiges Schwimmhallenbad.
Die Ausstattung englischer Schwimmhallen, die ich
in mehreren Städten in verschiedenen Jahren gern
benutzt habe, ist mir immer auffallend einfach vor-
gekommen. Alles Wesentliche fand ich jedoch
allermeist ganz nach Wunsch, vor allem die Sauber-
keit des Wassers; aber auch die Sauberkeit der Fuß-
böden, die Geräumigkeit der Ankleidezellen und die
Lüftung der ganzen Änlage berührten selbst in Fabrik.
städten angenehm.
Vor genau zehn Jahren habe ich diese Er-
fahrungen einigen Anhängern des Hallenbad-Planes
jtstriher grtdrt OU M; Er Urte cs
Bades Abbruch tun würde.
Inzwischen haben sich die Ansichten über Schön-
heit in der Architektur und auch in der inneren Aus-
stattung von Gebäuden sehr geändert. Jeder un-
motivierte Aufputz stört uns, und wie in unseren
Wohnräumen die schwer herabragenden Stuckver-
zierungen verschwinden, so werden auch die neu ge-
schaffenen öffentlichen Gebäude an eigentlichem
Schmuck ärmer. Die größte Einfachheit der Her-
stelung und Ausstattung einer Schwimmhalle würde
jetzt auf die Besuchsziffer keinen üblen Einfluß aus-
üben, wenn nur Bequemlichkeit der Einrichtungen sich
mit größter Sauberkeit in jeder Beziehung verbindet.
Jedesmal, wenn von der schon so lange ge-
planten Lübecker Schwimmhalle die Rede war, drängte
sich mir der Gedanke auf, daß keine jener englischen
Schwimmhallen, die doch alle ihren Zweck tadellos
erfüllen, zirka „E 500 000 gekostet haben könnte.
Vor einigen Wochen wandte ich mich schließlich an
einen englischen Freund in Leicester, der mir nicht
selbst meine Fragen beantwortete, sondern an die
denkbar beste Quelle ging: der Briefbogen trägt das
Wappen der Stadt Leicester und ist im Rathause
in des „Borough Surveyor's Olkice“ von Herrn
E. George Mawbey, M. Inst. CO. H., dem
„Borough Engineer & Surveyor“ selbst verfaßt.
An der Genauigkeit und Richtigkeit der Angaben
ist also nicht zu zweifeln.
Die Stadt Leicester (zirka 250 000 Einwohner)
besitzt jezt sechs Schwimmhallen; die Angaben be-
ziehen sich auf die zulezt gebaute Halle, die ich selbst
nicht kenne, die aber ~ „thoroughly up to date“
– allen Anforderungen der Neuzeit vollkommen
entsprechen soll.
1. Die Größedes Grundstücks beträgt 1660 [ Yards,
von denen 1551 [J] Yards überbaut sind.
2. Die Zahl der Antkleidezellen beträgt 80.
3. Das Schwimmbassin ist 100 englische Fuß
lang und 45 Fuß breit; es ist an der tiefen
Seite 7 Fuß und 6 Zoll, an der flachen
Seite 4 Fuß und 6 Zoll tief.
Der Boden des Schwimmbassins besteht aus
weißen glasierten Ziegeln (oder Fliesen, „bricks“))
auf Zementbeton.
2000 Personen finden als Zuschauer bei
Wettschwimmen Play.
Besondere Zuber zur Reinigung der Füße
ret dem Gebrauch des Schwimmbades sind
vorhanden.
Außer sechs Wannenbädern ist auch ein Dampf-
bad mit der Anstalt verbunden.
Der Wasserdampf zur Erwärmung des Wassers
wird aus der benachbarten sstädtischen Mäll.
Verbrennungsanstalt bezogen. ~ Die Ange-
stellten verursachen wöchentlich eine Ausgabe
von zirka 4 Pfund.
Die Kosten des Gebäudes, einschließlich der
Einrichtung als Turnhalle, haben 9429 Pfund
Sterling betragen.*) Das Schwimmbassin wird
nämlich nach Bedarf (z. B. in den Monaten,
wo die fünf andern Schwimmhallen ausreichen)
mit einem tragbaren Fußboden zugedeckt; dann
dient die Schwimmhalle als Turnhalle.
Für die Benuzung des Schwimmbades wird
1 Penny (8's2 Pfennig) erhoben; für diesen
Penny werden Badehose und Handtuch gleich
mit geliefert. Schüler bezahlen nichts.
Für die Benutzung der Wannenbäder und des
Dampfbades einschließlich Handtücher, Seife usw.
werden 4 d erhoben.
N
*) Die älteren fünf Schwimmhallen haben je nach ihrer
Größe 697000 Pfund gekostet.