Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

2A9 überhaupt möglich war. Es kommen alle Seiten der Tätigkeit Mildes zur Geltung; wir sehen ihn als Schöpfer eigener Kompositionen mythologischen und religiösen Inhalts, als Bildniszeichner und „Maler, als treuen Darsteller lübeckischer Architektur, als Altertumsforscher und naturwissenschaftlichen Sammler und besonders als Glasmaler. Am besten war er unstreitig als Zeichner, und als solcher hat er namentlich auf dem Gebiete des Bildnisses besonders Wertvolles geleistet. Als Glasmaler war er gewissermaßen ein Bahnbrecher. An den Glas- gemälden unserer Kirchen, die er wiederherstellte, erlernte er die verloren gegangene Technik und er- kannte früher als die meisten Glasmaler seiner Zeit das erst jezt zur vollen Geltung gelangte eigentliche Wesen der Glasmalerei. So hatte er auch der Glasmalerei den bedeutendsten künstlerischen Erfolg seines Lebens zu verdanken, den Auftrag, den ihm der Kronprinz von Preußen, der nachmalige Kaiser Friedrich, erteilte, ein großes Glasfenster für den Kölner Dom zu malen. Die von ihm selbst kolorierten Photographien dieses Fensters sind jetzt in der Aus- stelung zu sehen, die auch eine stattliche Reihe von farbigen Entwürfen zu anderen Glasgemälden enthält. Milde gehörte jenem Kreise norddeutscher Künstler an, die von Overbeck und den Nazarenern beeinflußt jenen Zielen nachstrebten, die auch die Ziele Fiesole's, Lo Spagna's und Perugino's, also der Vorläufer Raffaels, waren. Zu diesem Kreise gehörten Oldach, die Speckter, Rehbeniz u. a. Die Brldnisse dieser Freunde Milde's sowie die von Rietschel, dem genialen Bildhauer, und dem Kupferstecher J. C. Thaeter werden gewiß lebhaftes Interesse erregen. Die Ausstellung umfaßt über 300 Nummern. Eine Reihe von wohlgefüllten Skizzenbüchern, die Milde von seinen Studienreisen mitgebracht hat, vervoll- ständigt die Ausstellung, die nach jeder Richtung hin sehenswert ist. Es sei nur auf die verschiedenen Skizzen aus Lübeck, die vieles Längstverschwundene im Bilde festhalten, hingewiesen. Da die Milde- Ausstellung nur einige Wochen dauern kann, hat die Museums-Verwaltung in dankenswerter Weise be- schlossen, für die Dauer der Ausstellung das Museum täglich unentgeltlich offen zu halten. Es darf daher auf einen recht regen Besuch der Milde-Ausstellung gerechnet werden, damit Carl Julius Milde, der jetzt auch auf der Jahrhundert-Ausstellung in Berlin zu neuen Ehren gekommen ist, in der Stadt, die er über alles liebte und der er ein treuer Sohn war, ieje Anerkennung findet, die er als Künstler voll- auf verdient. r pr S Pfingstversammlung des Hansischen Geschichtsvereins in Lübeck. In der diesjährigen Pfingsstwoche wird am Dienstag und Mittwoch der nunmehr auf eine fünfunddreißig- Ur ru... deutsche Sprachforschung seine Jahresversammlung in Lübeck abhalten. Es ist das vierte Mal, daß der Hansische Geschichts- verein in unserer Stadt tagt. Sie ist seine Wiege gewesen, indem hier 1871 unter Prof. Wilhelm Mantels anregender Leitung die konstituierende Ver- sammlung stattfand und ebenfalls zu Lübeck im folgenden Jahre der Kreis der anfänglich vorgesehenen Aufgaben wesentlich erweitert wurde. Die dritte hiesige Tagung im Jahre 1891 wird noch zahlreichen Freunden des Vereins in guter Erinnerung stehen, sie fand Senator Dr. Wilhelm Brehmer, der 1879 nach Mantels Ableben den Vorsiz übernommen hatte, in der Vollkrast seines langjährigen verdienstvollen Wirkens für den Verein; er war es auch, der die Reihe der damaligen Vorträge mit einem „Überblick über die Baugeschichte Lübecks“ eröffnete. j Wie üblich wird bereits am Abend des Pfingst- montags eine ungezwungene Zusammenkunft die von auswärts eintreffenden Teilnehmer mit den hiesigen Freunden in den Räumen des Hauses der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit vereinigen. Am Dienstag vormittag 9 Uhr findet eine ge- meinsame Sitzung beider Vereine im Bürgerschafts- saale statt. Auf die Begrüßung seitens der Stadt und des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde werden Vorträge der Vorsitzenden beider tagenden Vereine folgen, und zwar ist der Vortrag des Herrn Senator Dr. Fehling betitelt: „Vor fünfzig Fahren. Zur Erinnerung an Friedrich Krüger und Lübecks Politik am Sunde,“ während Herr Geheimrat Professor Dr. Reifferscheid aus Greifswald „Über ein neues Problem der nieder- deutschen Philologie" sprechen wird. Um 12 Uhr werden die beiden Vereine gesonderte Sißzungen im Vortragssaale und im Bildersaale unseres Gesellschafts- hauses abhalten. Die Mitglieder des Hansischen Geschichtsvereins wird der Jahresbericht nebst weiteren geschäftlichen Fragen beschäftigen, für den Verein für niederdeutsche Sprachforschung sind nach Er- ledigung des geschäftlichen Teils Mitteilungen in der Mundart von Lübeck und Umgebung vorgesehen. Im Anschluß an diese Sitzungen werden der Dom und das Museum unter Führung des Konservators Herrn Dr. Th. Hach besichtigt werden. Um 5 Uhr findet das Festmahl im Ratsweinkeller (Germanistenkeller),
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