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Kenntnisse wöchentlich einige Unterrichtsstunden (die
Fortbildungsschule) zu besuchen. Eltern oder deren
Stellvertreter, Arbeits. und Lehrherren sind verbunden,
die unter ihrer Obhut oder in ihrem Dienst oder
Brot stehenden Kinder zur Teilnahme an dem
Fortbildungsunterricht anzumelden und ihnen die
zum Besuch desselben erforderliche Zeit zu gewähren.
Zuwiderhandlungen werden mit Geldbuße bis zu
fünfzig Mark bestraft.
Jede Gemeinde ist verpflichtet, einen Fortbildungs-
unterricht zu veranstalten.
Der Fortbildungsunterricht soll die in der Volks.
schule erworbenen Kenntnisse in der Art und Richtung
befestigen und erweitern, daß dieselben dem Schüler
stets in ihrer unmittelbaren Beziehung auf die
Bedürfnisse des Lebens erscheinen und daß er sich
ihrer in seiner beruflichen Tätigkeit als Werkzeug
zu bedienen lernt.
Keine Klassse der Fortbildungsschule darf mehr
als vierzig Schüler zählen. Die Abendstunden
solen für den Fortbildungsunterricht nicht ver-
wendet werden.
Nach der Verordnung vom Jahre 1891 kann
auf Antrag der Gemeinde die Oberschulbehörde
gestatten, daß entweder für alle zum Besuche der
êFortbildungsschule verpflichteten Mädchen, oder nur
für diejenigen, welche durch ihre. Eltern oder deren
Stellvertreter zur Teilnahme bestimmt werden, der
Fortbildungsunterricht in Gestalt einer Unter-
weisung in Haushaltungskunde mit Übungen im
Kochen erteilt werde.
Der Unterricht in einer als Haushaltungsschule
eingerichteten Fortbildungsschule soll neben der prak-.
tischen Anleitung zu einer den allgemeinen örtlichen
Verhältnissen entsprechenden Fertigkeit in der Zu-
hrtetuy der Kost für einen einfachen Haushalt
umfassen:
Unterweisung und Übungen in allen mit der
Führung eines Haushaltes zusammenhängenden
schriftlichen Arbeiten, Aufzeichnungen und Be-
rechnungen; ferner Belehrung über Wohn- und
Schlafräume, über Heizung und Beleuchtung, über
Wäsche und Kleidung, über Nährwert, Auswahl
und Aufbewahrung der Lebensmittel, über Kranken-
pflege und ähnliches.
Die am Unterrichte teilnehmenden Mädchen,
deren Zahl für eine Klasse 36 nicht übersteigen
soll, werden für die Übungen im Kochen in Gruppen
von höchstens je sechs Schülerinnen geteilt.
Wenn für die örtliche Beaufsichtigung einer
Haushaltungsschule Bestimmungen getroffen werden,
ist jedenfalls auf eine Beteiligung hierfür geeigneter
Frauen Bedacht zu nehmen.
Außer den in den eben wiedergegebenen Be-
stimmungen erwähnten Fortbildungsschulen, die in
jeder Gemeinde vorhanden sind, hat Baden noch
gegen 50 Gewerbeschulen, über 90 gewerbliche Fort:
bildungsschulen und einige 30 kaufmännische Schulen.
Durch einen Erlaß vom 13. August 1904 wurden
diese alle auch den Mädchen geöffnet.
Nach der Verordnung vom Jahre 1904 können
durch statutarische Bestimmung für eine Gemeinde
oder für den Bereich mehrerer Gemeinden die in
den Gewerbebetrieben daselbst beschäftigten, gemäß
dem Geseßze vom 18. Februar 1874, den Fort-
bildungsunterricht betreffend, zum Besuche der
Fortbildungsschule verpflichteten gewerblichen und
kaufmännischen Arbeiter ~ Gesellen, Gehilfen und
Lehrlinge + beiderlei Geschlechts verpflichtet werden,
an Stelle des allgemeinen Fortbildungsunterrichts
eine am Orte ihrer Beschäftigung oder in einer
benachbarten Gemeinde bestehende Gewerbe- oder
Handelsschule, gewerbliche oder kaufmännische Fort-
bildungsschule zu besuchen.
Die Verpflichtung zum Besuch des gewerblichen
und kaufmännischen Fortbildungsunterrichts kann bis
zum vollendeten 18. Lebensjahr ausgedehnt werden.
Das also leistet Baden und hält diese Fürsorge
für nötig. Sollte sie etwa für die Lübecker Mädchen
weniger nötig sein? – Sollte für die zeitgemäße
Ausbildung des weiblichen Geschlechtes in Lübeck
vielleicht kein Geld vorhanden sein ?
Jeder Staat braucht möglichst tüchtiges Menschen-
material, sowohl Männer als Frauen, und hat das
größte Interesse daran, die b eiden heranwachsenden
Geschlechter gleicherweise gut auszubilden.
Wo ein Wille, da ist ein Weg. Noch nie
wollte der Norddeutsche an Fleiß und Tüchtigkeit
hinter irgend jemand zurückbleiben, sei es der einzelne,
sei es der Staat. Und darum muß Lübeck sorgen,
daß seine Töchter sich nicht etwa als ungebildet und
ygehidt vor den süddeutschen Schwestern schämen
müssen. 1235.
Bayreuth als Stätte einer deutschen Kultur.
Rede bei der ersten Lübecker Veranstaltung zugunsten der
Richard Wagner-Stipendienstiftung.
Montag den 6. November 1905. Von Prof. Dr. Zimmermann.
(Schluß.)
Da geschah das Wunder. Ein sc