Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

heißt ausdrücklich, daß es sich hierbei um die im November abzuhaltenden Ergänzungswahlen handelt. Die übrigen Herren kämen zu derjelben Frage, wenn das Gesetz 1907 oder 1909 genehmigt werden solle. So fasse ich das Gesetz auf, und deshalb sage ich mir, du bist beteiligt und hast nicht das Recht, dich an der Abstimmung zu beteiligen.“ Sind wir hier etwa nicht persönlich beteiligt an der Frage ? Wir sollen doch hier darüber abstimmen, ob wir Diäten bekommen sollen oder nicht. Aus dem von Herrn Pape damals geltend gemachten Rechts- grundsatze sage ich, wir sind nicht kompetent, weil wir mehr an der Sache beteiligt sind als wir es damals waren, als es sich darum handelte, das Mandat um ein halbes Jahr zu verlängern. Ich bitte Sie, den Antrag A. Pape nicht an den Bürger- ausschuß zu verweisen. Wiss ell: Die Kritik, die Herr Mühsam an dem Antrage Pape übte, läuft darauf hinaus, zu sagen, der Reichstag hat in dem leuten Jahre, als er sich Diäten bewilligt hat und die Fahrkarten- freiheit auf allen Eisjenbahnen des Deutschen Reiches, damit so unrecht gehabt, wie nur jemand unrecht haben kann. Das ist aber eine Auffassung, die nur in ganz vereinzelten Fallen vorhanden ist. Bezüg- lich der Fahrkarten kann man vielleicht anderer Meinung sein angesichts der Ta!sache, daß die Fahr- karten fur alle andern Einwohner in ihrem Preise durch die Steuer erhöht sind. Wenn der Stand- punkt des Herrn Mühjsam richtig wäre, daß es sich bei Diäten für uns dann um kein Ehrenamt handle, sondern um ein besoldetes, müßten wir auch sagen, die Wahl, die wir in den nächsten Tagen für den Reichstag vorzunehmen haben, sei ebeufalls keine solche, bei der es sich um die Übertragung eines Ehrenamtes handelte. zm Ernst kann Herr Mühsam das nicht sagen, denn es handelt sich hier um das höchste Ehrenamt, das nur irgend jemand übertragen werden kann. Es. 1ist in der vorigen Sigung, als es sich darum haudelte, die Verhandlungen der Bürger- schaft zu verlegen, gesagt worden, wer des Morgens nicht Zeit habe, brauche sich ja nicht wählen zu lasjen. Das mag vielleicht einzelnen von Ihnen gauz aus dem Herzen gesprochen sein, aber im Juteresse der Eimwohnerschaft liegts, wenn nicht solche Rücksichten obwalten, sondern wenn man un- bekümmert um das Geschäft und die Zeit des ein- zelnen diesem ein Bürgerschafismandat übertragen kaun. Für das, was er 1m Dienst der Allgemeinheit leitet, muß ihm auch von der Allgememheit eine angemessene Eutjchädigung gezahlt werden. Es ist davon gejsprochen worden, daß zum Teil diejenigen, die gewissenhast ihres Amtes in der Bürgerschaft und 62 7 f Berhandl. d. Bürgerschaft am 17. Dezember 1906. im Bürgerausschuß walten wollten, ein Fünftel des ganzen Jahres dieser Tätigkeit widmen müßten. Können Sie es einem Arbeiter, einem kleinen Hand- werker zumuten, ein Fünftel des ganzen Jahres hier seine Tätigkeit der Allgemeinheit zu widmen? Nur in ganz vereinzelten Fallen wird das möglich sein. Und dann liegt bei diesen ~ und nicht nur bei diesen ~– doch auch die Gefahr nahe, daß, weil sie vicht die nötige Zeit und Rücksicht auf ihr Geschäft zu nehmen haben, sie nicht so in die gesetzgeberische Materie eindringen könnten, wie es eigentlich sein sollle. Geben Sie aber den Leuten, die hier im Juteresse der Allgemeinheit zu sitzen und zu arbeiten haben, eine ihrer Tätigkeit entsprechende Vergütung, können Sie auch von ihnen verlangen, sich eingehend und durchdringend mit der zu verhandelnden Materie zu beschäftigen. Daß das heute vielfach nicht ge- schieht, können Sie gar nicht bestreiten. Ich und die wenigsten von Ihnen sind schon imstande, alle die Be- richte, die uns zugehen, so zu lesen, wie wir sie eigentlich lejen mußten Ich kann es nicht so, wie ich wunschte, und wenn ichs tue, ist es nur mit Zuhilfenahme der Nacht möglich, weil der Tag nicht die Zeit dazu läßt. Wenn das bei mir der Fall ist, its bei Jhnen sicher auch der Fall. Bei dieser Sachlage muß meines Erachtens aus Gründen der Zweckmäßigkeit das getan werden, was Herr A. Pape in sjeinem Antrage fordert. Sie können dem einzelnen nicht zumuten, in einzelnen Fällen in der Woche ein bis zwei Tage für die Allgemeinheit ohne jegliche Vergütung zu arbeiten. Zahlen Sie aber eine ent- sprechende Vergütung, haben Sie die Gewähr, daß Sie die nötigen Leute stets finden werden. Herr Mühsam meinte, wir könnten uns selbst nichts be- willigen. Wenn er nur dieses Bedenken hat, so wird es leicht zu beheben sein, denn man könnte nur ein- fach beschließen, daß die Anwesenheitsgelder uns nicht zugute kommen, sondern erst von der nächsten Wahl zur Bürgerschaft an gezahlt werden sollen. Im Ernst wird aber ein solches Bedenken wohl kaum erhoben werden können. A. Pape: Ich bin nicht erstaunt darüber ge- wesen, daß Herr Mühsam in dieser mühsamen Form Gründe gesucht hat, um gegen meinen Antrag müh- sam anzukämpfen. Ich eriunere Sie daran, daß hier voriges Mal bei der Beratung über die Abend- sitzungen darauf hingewiesen wurde, daß, wenn wieder Tagessitzungen allgemein eingeführt würden, wir schließlich nur Beamte und Rentiers in der Bürger- schaft haben würden, und das sei ein Übelstand. Das ist nicht allein von unserer Seite gesagt worden, sondern auch von anderer Seite, und wenn nun Herr Mühsam glaubt, für seinen Stand eine be-
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