Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

587 ö Verhandl. d. Bürgerschaft am 3. Dezember 1906. das für die Nachbarschaft lästig werden könne. Denn die Fische kommen durchaus nicht alle verpackt nach Schlutup, sondern zu einem wesentlichen Teile un- verpackt. Nun ist es zwar nicht erwiesen, daß die Insekten sich gerade auf diese Fische notwendig seßzen müssen, aber die Befürchtung ist nicht von der Hand zu weisen, daß es geschehen kann, und das genügt. Ich will nicht mehr beweisen als nötig ist. Die Tatsache aber, daß es so kommen kann, ist geeignet, die ganze Industrie zu beunruhigen, und das sollte vermieden werden. Unzweifelhaft ist endlich ein besonders schwer- wiegender Grund gegen die geplante Errichtung der Knochenmühle, daß das ästhetische Gefühl und Emp- finden beleidigt wird, wenn neben einem Zentrum für Nahrungsmittel ein zweites Zentrum geschaffen wird, in welchem derartige scheußliche Gerüche ent- stehen und verbreitet werden. Der Käufer wird gewiß nicht geneigt sein, seine Nahrungsmittel dort zu kaufen, wo nebenan eine derartige Quelle übler Gerüche sich befindet, auch wenn er nicht glaubt, daß diese Gerüche sich der Ware mitteilen. Diese Tatsache würde vor allen Dingen von denen, die ein Interesse daran haben, die Schlutuper Industrie nicht kräftig werden zu lassen, weidlich ausgenügt erden; so daß der Absatz der Schlutuper Fischindustrie chaden litte. Ein Sat in dem Gutachten ist von ganz be- sonderem Wert. Das Gutachten stellt fest, daß die Schlutuper Fischindustrie gerade den Vorzug hat, daß sie auf dem Lande liegt. Dadurch hält sich schon an sich die Ware, die dort hergestellt wird, besser als diejenige, die in sstädtischen Betrieben, wo die Luft nicht so rein ist, hergestellt wird. Aber gerade diesen Vorteil der frischen Luft, die über die ländlichen Betriebe hinstreicht, nehmen Sie der Schlutuper Industrie, wenn Sie da- neben eine Knochenmühle legen. Dann sschaffen Sie genau das Gegenteil. Und wozu denn nun dies alless Was für Interessen streiten gegen- einander? Auf der einen Seite die blühende Schlutuper Industrie, ein großer, sich entwickelnder Ort mit erheblicher Einwohnerschaft, und auf der andern Seite ein Herr aus Oldenburg, der die Ab- sicht hat, hier eine einzige Fabrik zu errichten. Wenn man diese beiden Gegensäße nur neben ein- ander nennt, kann man doch von vornherein das Risiko nicht heraufbeschwören, dem wir entgegen- gehen würden. Es ist verkehrt, wenn Sie ver- langen, die Schlutuper sollten jet beweisen, daß alle die Nachteile, die sie befürchten, wirklich ein- treten werden. Wenn von Beweisen die Rede ist, müssen sie verlangt werden von denen, die diesen Plan ausführen wollen. Diese haben zu beweisen, daß die Schlutuper Industrie unter dieser Fabrik nicht leiden wird. Das können die Herren aber nicht. Zeigen Sie uns nur eine Fabrik, wo nie- mals derartige Belästigungen sich ergeben haben! Niemals ist von der Kommission eine derartige Fabrik bezeichnet worden. Und auch eine andere Frage kann nicht beantwortet werden: die Kom- mission selber sagt, sie wäre sich einig darüber gewesen, daß man den in Aussicht genommenen und an sich sehr günstig gelegenen Play voraussichtlich nicht genommen hätte, wenn dort nicht bereits eine chemische Düngerfabrik entstanden wäre, die Geruch verbreitet. Haben wir denn gar keine anderen Plätze in Lübeck? Die Kommission hat sich auf diesse Frage nicht weiter eingelassen, sondern hat nur von der Teerhofsinsel gesprochen. Wir haben aber doch große Gelände jenseits des Traveufers vom Hoch- ofenwerk bis Ivendorf angekauft. Ich bitte Sie doch, mir die Frage zu beantworten, ob denn dort nicht ein einziger Platz vorhanden ist, wohin diese Fabrik kommen könnte?! Von dort aus würden die Westwinde die üblen Gerüche nach dem Nahrungs- mittel-Zentrum von Schlutup nicht treiben können. Bisher hat niemand gesagt, daß dort ein Plat nicht vorhanden wäre. Und doch wäre dort die Fabrik unangenehm nur für die Nase, hier aber gefährdet sie eine ganze Industrie und die vitalsten Interessen Schlutups. Ich weiß nicht, ob die Bürgerschaft heute in der Lage sein wird, endgültig ihr ja oder, wie ich erwarte, nein zu dieser Sache zu sagen. Ich will die Sache hier nicht übers Knie brechen, sondern wünsche, daß die Bürgerschaft sie nochmals prüfe. Ich beantrage daher Kommissionsberatung. Wir sind diese Prüfung der Ortschaft Schlutup schuldig. Es ist ja leicht für die Abgeordneten der Stadt, ein so kleines Gemeinwesen zu majorisieren. Ich nehme aber an, daß das niemand hier will. Deshalb bitte ich Sie, die Sache kommissarisch zu prüfen. Man mir dtrn hoffentlich dazu kommen, die Vorlage abzulehnen. !.. Dr. Schön: Herr Dr. Wittern hat darauf hingewiesen, daß im Bürgerausschuß der Antrag gegen eine starke Minorität befürwortet Fei. Das ist im allgemeinen richtig, nur möchte ich darauf aufmerksam machen, daß das Protokoll einen Druck- fehler enthält. Es heißt dort, daß der Antrag mit 16 gegen 14 Stimmen angenommen sei. So viele Herren waren gar nicht da, sondern nur 26. Es muß richtig heißen, daß der Antrag mit 16 gegen 10 Stimmen angenommen isl. Das ändert vielleicht nicht viel an der Sache, aber doch etwas. Dann wollte ich nur noch auf die Bemerkung des Herrn Dr. Wittern erwidern, daß es unrecht gewesen sei, die Gemeinde Schlutup nicht zu hören.
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