6497 und im Vierteljahr davor, also im ersten dieses
Jahres, 8554 Schweine. Wer da hoffen könnte, daß
wir in dem letzten Vierteljahr, in dem wir jetzt sind,
14000 Schweine schlachten könnten, würde tatsächlich,
möchte ich sagen, als nicht recht bei Trost bezeichnet
werden müssen.
Aber nicht nur dies ergeben die Tatsachen. Wir
haben jezt vor einigen Tagen, es ist kaum eine
Woche her, den Bericht des Stadt- und Landamtes
bekommen. Da werden uns für das Jahr 1905
folgende Tatsachen mitgeteile. Es werden dort die
Großhandelspreise angegeben, die im Dezember 1905
gegen Dezember 1904 gezahlt worden sind. Da
sehen wir denn, daß bei Ochsen, Kühen uud Jung-
vieh 1., 2., 3. und 4. Qualität eine Preissteigerung in
einemJahre von9,7 3 Prozent, 11 Prozent, 12,7 Prozent
und 14 Prozent stattgefunden hat. (Hört, hört!) Bei den
Bullen beträgt die Steigerung 7,8 Prozent. Bei den
zwei Sorten Schweine, leichte und schwere, sind in
einem Jahre die Großhandelspreise gestiegen von Æ 103
auf M/ 141,80 und M 141, also um 37,6 Prozent
und 36,8 Prozent. In einem einzigen Jahre, meine
Herren! Wenn wir uns nun die Ergebnisse dieses
Jahres ansehen, die statistischen Angaben unseres
statistischen Amtes, die ich schon in einer früheren
Sitzung angegeben habe, werden wir sehen, daß seit
Dezember 1905 die Preise ebenfalls eine ganz ge-
waltige Aufwärtsbewegung gehabt haben. Das darf
uns nicht wundern, da schon im Jahre 1904 der
Bericht der Verwaltuugsbehörde für städtische Ge-
meindeanstalten sagt, daß das Kalb- und Hammel.
fleisch infolge der durch das geringe Angebot resul.
tierenden hohen Preise immer mehr die Eigenschaften
eines Volksuahrungsmittels verloren hätte und daß
dieses Fleisch eine Delikatesse für die reichere Be-
völkerung geworden sei. Das wurde vom Jahre
1904 gesagt, und nun sehen wir wieder eine ganz
unglaubliche Steigerung, die inzwischen eingetreten ist.
Nun sagen die Landwirte, ja, wir müssen jet
weit höhere Löhne zahlen, und weil wir höhere Löhne
ahlen müssen, ist es notwendig, daß wir für unsere
Produkte auch einen höheren Preis bekommen. Ich
weiß nicht, ob die Landwirte höhere Löhne zahlen,
aber wenn es der Vertreter der Landwirtschaft sagt
und, durch meine Frage veranlaßt, es mir eben be-
stätigt, wird das für Lübeck noch ganz andere und
interessante Konsequenzen haben. Sind die Löhne
der Landarbeiter so wesentlich gestiegen, wie der Ver-
treter der Landwirte zugibt, ist es die allerhöchste
Zeit, daß jegt die Durchschnittslöhne für die Land-
arbeiter, die für die Unfallzwecke fstzeett werden,
auch erhöht werden. Wir haben hier seit einem
Jahrzehnt den Durchschnittslohn festgesetzt auf M 540
BF
„5H ~–~ Verhandl. d. Bürgerschaftt am 12. November 1906
für das Landgebiet und & 600 für die Stadt und
Vorstädte. Wenn die Sätze nicht mehr zutreffend
sind, möchte ich doch die Behörde ganz dringend
bitten, gestütt auf die Autorität des Vorsitzenden
der Landwirtschaftskammer, nun auch die Durch-
schnittslöhne zu erhöhen, damit die durch einen Unfall
verletzten Arbeiter dann auch eine ihrem wirklichen
Verdienst entsprechende Rente bekommen. Heute be-
kommen sie sie nicht, wenn das richtig ist, was der
Vertreter der Landwirtschaft sagt. Aber ich erkundige
mich noch weiter. Wenn es der Fall ist, daß die
Landwirte heute trotz der angeblich gezahlten höheren
Löhne keine Leute bekommen können, werden wir,
wo wir uns über die Ursachen der Fleischnot unter-
halten, uns auch diesen Dingen einmal zuwenden
müssen. Und da, glaube ich, liegts auch wohl mit
daran, daß die Behandlung der Leute nicht so ist,
wie sie sein sollte. (Widerspruch.) Oh, oh, rufen Sie.
Was in der allernächsten Nähe Lübecks passiert, wissen
die wenigsten von Ihnen. Wer aber manchmal
Einblick in diese Sache gewinnt, dem möchten sich
oft die Haare sträuben. Ich will Ihnen ein kleines
Beispiel erzählen, wie es in Wirklichkeit in der
nächsten Nähe von Lübeck aussieht.
Da kommt ein Mann zu mir, offenbar schwer
krank, so schwer, daß ich mich sofort auf den Weg
mache, um das Polizeiamt zu ersuchen, dafür zu sorgen,
daß der Mann ins Krankenhaus geschickt wird. Das
Polizeiamt schickt auch sofort einen Beamten mit
und bringt den Mann nach der Armenanstalt und
in der Folge ins Krankenhaus. Gegen die Behörde
ist gar nichts zu sagen, sie hat so korrekt gehandelt,
wie sie nur irgendwie hätte handeln können. Wie
ist der Mann zu mir gekommen? Am Vormittag
des Tages zuvor war er vom Heuwagen gefallen
und war besinnungslos liegen geblieben. Man hatte
ihn auf sein Bett gepackt, und zwar mit Zeug und
in den langschäftigen Stiefeln. Man hatte sich
aber weiter nicht im geringsten um ihn gekümmert
und gequält. In der Nacht wacht der Mann auf,
er weiß sich der Vorgänge erst nicht zu entsinnen,
weiß nicht, wo er ist, aber er fühlt schließlich an
seinen über dem Kopfende hängenden Kleidern, daß
er in seinem Bett liegt. Er kann aber nicht auf-
stehen, weil die Schmerzen in der Brust so groß sind.
Am anderen Morgen hört er, daß das Vieh besorgt
wird, ~ um ihn kümmert sich keiner. Als er stöhnt,
kommt man auch zu ihm, man gibt ihm einen
Schluck zu trinken und sagt ihm schließlich, er habe
nun bald zwanzig Stunden im Bett gelegen und
könne nun wohl aufstehen, um seine Arbeit zu ver-
richten. Da der Mann aber nicht arbeiten konnte,
geht er in dem dunklen Gefühl, daß ihm in der