Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

Schneider: Zu dem Antrage des Herrn Dr. Wittern bezüglich der Gerichtsvollzieher brauche ich wohl kaum etwas zu sagen. Ich bin überzeugt, daß die Bürgerschaft diesem Antrage zustimmen wird. Der Bitte der Herren Dr. Wittern und Schulmerich kann ich mich nur anschließgen. Ich möchte mir aber doch noch einige allgemeine Be- hecktugen zu den Gehaltsverhältnissen der Beamten erlauben. Als am 18. Juni der Antrag von Herrn Dr. Wittern hier zum ersten Male zur Beratung kam, war die Rede davon, daß die Gehälter der lübecki- schen Richter so erheblich viel höher seien als in Preußen, dagegen die Gehälter der lübeckischen mittleren Beamten unverhältnismäßig viel niedriger wären. Wenigstens bezieht sich das auf die Be- amten, die Herr Dr. Wittern in seinem Antrage genannt hat. Die Erwiderung des Herrn ständigen Senatskommissars auf diese Bemerkung lautete be- züglich der Richter dahin, daß wir für das preußische Gehalt hier ganz gewiß geeignete Richter nicht bekommen würden. Bezüglich der mittleren Beamten sagte der Herr Senatsvertreter: „Wir müsssen unsere Mittel berücksichtigen und werden uns im übrigen davon leiten zu lassen haben, wofür wir Beamten bekommen und halten können.“ In Lübeck Beamte zu bekommen, dürfte nicht schwer sein. Ich habe früher einmal hier ausgeführt, daß im allgemeinen die Anfangsgehälter der Lübecker Beamten durchaus nicht schlecht sind. Es sind auch die Anfangsgehälter der mittleren Beamten, mit Rc E R? zur Beamtenlaufbahn drängen. Daß die Gehalts- zulagen nicht mit den steigenden Bedürfnissen in Einklang zu bringen sind, sehen die Beamten erst zu spät ein, dann aber können sie nicht mehr zurück. Ich wiederhole noch einmal, daß das An- fangsgehalt der Beamten fast durchweg .ausreicht. Ganz anders wie hier beurteilt man die Verhält- nisse der mittleren Beamten in Preußen. Trotzdem die Gerichtsschreiber in Preußen ein um ./ 632 höheres Endgehalt beziehen als die Lübecker Be- amten, haben sie vor gar nicht langer Zeit bean- tragt, dieses Einkommen zu erhöhen. Nun liegt in Preußen die Sache so, daß sich dort zu der Lauf- bahn des Gerichtsschreibers außerordentlich viele Bewerber melden. Ihre Anzahl ist so groß, daß zeitweise verschiedene Oberlandesgerichtsbezirke gar keine Anwärter mehr zugelassen haben. Nun könnte man in Preußen mit viel mehr Recht sagen, man kann für das jetzige Gehalt Kräfte genug bekommen. Das geschieht aber durchaus nicht. Zu dem Antrag im preußischen Landtage, den Herr Dr. Wittern C NJ anführte, verhält sich die preußische Regierung folgendermaßen. Der Justizminister hat bei der Beratung im preußischen Landtage mitgeteilt, daß man sich im Ministerrat darüber schlüssig geworden sei, daß eine Erhöhung der Bezüge der preußischen Gerichtsschreiber erforderlich sei. Die Regierung sei auch bereit, 2000 Gerichtsschreibern bevorzugte Stellungen zu verschaffen und für diese ein Gehalt von ffMÆ 400 mehr, also ein Endgehalt von # 4200 mit Wohnungsgeldzuschuß von f 4632 auszuwerfen. Der preußische Landtag hat dieses Entgegenkommen der Regierung einfach abgelehnt und gesagt, wenn überall eine Erhöhung der Ge- hälter für die Gerichtsschreiber zugelassen werden solle, müsse das allgemein für jeden dieser Beamten eschehen. ß ihehen dann die fernere Bemerkung des Herrn ständigen Senatskommissars betrifft, wir müßten uns nach unsern Mitteln richten, so ist das richtig. Aber dann müßte es nur bezüglich aller Beamten vollkommen gleichmäßig geschehen, und das ist bis- her nicht der Fall gewesen. Die bezüglich der Richter gefallene Bemerkung würden Sie ganz gewiß auch bei jedem andern Oberbeamten gehört haben. Es drängt sich hier unwillkürlich die Frage auf, wie kommt es denn, daß wir in Lübeck nicht für dasselbe Gehalt Oberbeamte bekommen können wie in Preußen ? Die Antwort auf diese Frage ist schon wiederholt gegeben. In Lübeck lebt es sich nicht billig, sondern verhältnismäßig teuer. Außerdem ist für die Herren ein Avancement nicht vorhanden. Ich könnte noch ein drittes hinzufügen, was sehr wichtig iste Wenn in Preußen einem Beamten der Aufenthalt in einer Stadt, in der es sich teuer lebt, zu teuer wird, ist ihm die Möglich- keit geboten, sich nach einem Orte versegen zu lassen, in dem es sich billiger lebt. Das fällt hier vollständig fort. Alle diese Gründe treffen ebenso wie für die Oberbeamten auch für die mittleren und unteren zu. Diese bekommen die Lebensmittel auch nicht um einen Pfennig billiger als die Ober- beamten. Daß sie die Wohnung verhältnismäßig billiger erhalten, trifft doch auch nicht zu, es kommt eben alles auf dasselbe hinaus. Man könnte die Lübecker Beamten sehr wohl in drei Gruppen teilen. Zu der einen Gruppe gehören diejenigen Beamten, die sich erheblich besser stehen als die prtusis
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