Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

M. 1.. U t:z§: pre uu p rtr 202 aber schließlich zu der Ansicht, daß, wie der Gejetz- entwurf besagt, in der Weise eine Staffelung nicht ausführbar sei, obgleich sie davon überzeugt war, daß eine Gewerbesteuer mit gleichmäßiger Abgabe für alle Gast- und Schankwirtsbetriebe nicht ange- bracht sei, weil die kleinen Betriebe ebenso getroffen würden wie die größeren. Aber sie kam doch schließ. lich zu der Ansicht, daß es im gegebenen Moment doch nicht an der Zeit sei, die Gewerbesteuer zu ändern, und es schloß sich infolgedessen die Minder. heit der Majorität an. Wenn nun die Kommission in ihrer Gesamtheit versucht hat, Andeutungen über eine eventuell zu erhebende allgemeine Gewerbesteuer zu machen, so ist sie nicht von der Ansicht ausge- gangen, daß wir erwarten, daß uns seitens des Senates eine allgemeine Gewerbesteuervorlage ent- gegengebracht wird. Jedenfalls sollte das, was die Kommission ausgearbeitet hat, nur dazu dienen, eventuell bei einer neu zu regelnden Gewerbesteuer für Gast. und Schankwirtschaften als wie auch bei Erhebung einer allgemeinen Gewerbesteuer als Material verwendet zu werden. Daß augenblicklich die Lage der Wirte in Lübeck noch genau so ist, wie ich sie schon vor längerer Zeit hier geschildert habe, brauche ich nicht genauer auszuführen. Ich habe mich damals weitgehend darüber geäußert. Aber ich möchte bemerken, daß gerade in der augenblicklichen Periode, in dem Bierkampf, der seitens der Wirte mit den hiesigen Brauereien geführt wird, Sie alle wohl die Überzeugung bekommen haben, daß die Wirte doch nicht so gestellt sind, wie allgemein an- genommen wird. Wenn allerdings die Herren Brauereibesitzer in den Zeitungen erklären, es würde bis zu 300 Prozent am Bier verdient, so überlasse ich dafür die Verantwortung diesen Herren. Aber wenn das wirklich der Fall wäre, ist es doch eigen- tümlich, wenn hierbei festgestellt ist, daß 80 Prozent der hiesigen Wirte von Brauereien abhängen. Wenn die Wirte solchen großen Verdienst gehabt hätten, müßten alle reiche Leute sein, und es wundert mich nur, daß die armen Brauereien nicht schon lange dazu übergegangen sind, eigene Wirtschaften einzu- richten. Ich will Sie aber nicht länger mit Aus- führungen, die ich bis ins Unendliche ausdehnen könnte, aufhalten. Ich möchte Sie nur bitten, die Senatsvorlage abzulehnen. Senator Kul enk a m p : Auf die Frage, ob eine Sonderbesteuerung der Wirte an sich zulässsig und gerecht erscheint, will ich heute nicht mehr eingehen. Sie ist früher ausgiebig erörtert worden. Ich stehe allerdings auf dem Standpunkt, daß, auch wenn die Bürgerschaft dem Antrage des Herrn Windel folgen 4- He L und den Senatsantrag heute ablehnen sollte, wenn also die Erledigung dieser Frage verschoben werden sollte bis zur Einführung einer allgemeinen Gewerbe- steuer, auch dann an eine Sonderbesteuerung der Wirte wird gedacht werden können und müssen. Nach der Stimmung, die das vorige Mal hier in der Bürgerschaft herrschte, muß ich annehmen, daß es zweifelhaft ist, ob sich hier eine Mehrheit für die Senatsvorlage finden wird. Aber ich glaube, gerade ein Vergleich der Senatsvorlage mit dem, was die Kommission gebracht hat, ist durchaus ge- eignet, der Senatsvorlage neue Freunde zu gewinnen. Herr Windel hat der Kommission das Zeugnis gegeben, daß sie gründlich gearbeitet habe. Jeden- falls hat sie gründlich mit der Senatsvorlage auf- geräumt (Heiterkeit), denn von ihr ist nicht viel übrig geblieben. Die sämtlichen Grundlagen der Senatsvorlage will die Kommission preisgeben. Sie will keine Klasseneinteilung, keine festen Steuersätze, sondern eine Steuer in Prozenten des Einkommens aus dem Betriebe; sie will die Selbstdeklaration, sie ändert die Zusammenseßgung der Kommission und wünscht den Einspruch an die Steuerbehörde. Wenn es dahin kommen sollte, daß die Senatsvorlage ab: gelehnt wird, möchte ich Sie bitten, daß sie wenigstens pst: V tr strge betztert z; vf t. Vorschläge entgegenbringen soll. Ich glaube nicht, daß ich die Geneigtheit des Senates in Aussicht stellen kann, Ihnen auf dieser Grundlage Vorschläge zu machen. Ich glaube, um dies zu erklären, und auch, um der Senatsvorlage Freunde zu gewinnen, in aller Kürze auf den Kommissionsbericht eingehen u müssen. ' u gebe gewiß zu, daß das Einkommen aus dem Gewerbebetrieb, dessen Besteuerung die Kommission als Grundlage wünscht, ein gerechter und vielleicht der gerechteste Maßstab für die Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen ist. Aber eine absolute Gerechtigkeit erreichen Sie mit diesem Maß- stabe auch nicht. Eine annähernd gerechte Verteilung der Lasten können Sie sehr wohl auch mit den Vor- schlägen der Senatsvorlage erreichen. Nach der Senatsvorlage ist es auch keineswegs ausgeschlossen, daß die Kommission, in deren Hand die Einschätung der Steuerpflichtigen in die verschiedenen Klassen gelegt ist, auch das Einkommen berücksichtigt, und wenn dieser Kommission von einem Wirte Mitteilung über sein Einkommen gemacht wird, wird sie gars sicher diese Mitteilung zu verwerten durchaus berei sein. Aber die Kommission soll nach der Senats- vorlage nicht lediglich das Einkommen, sondern zu: Faktoren, die für die Leistungsfähigkeit des Betrie § maßgebend sind, in den Kreis ihrer Erörterungel
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