Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

Wenn wir dies Recht aber nicht anerkennen können, ist es unlogisch, unbeschränkt, ohne jede Zeitabgrenzung den Kirchengemeinden eine jährliche Rente von „ 15000 zahlen zu wollen, wo doch die ganzen Berichte erkennen lassen, daß in den nächsten Jahren auf ein völliges Schwinden dieser Einnahmen, zum mindesten aber auf eine starke Verminderung gerechnet werden muß. Ich beantrage, nicht nur den Antrag Freytag zu Ziffer 11 abzulehnen, sondern auch Hiffer 9 zu streichen. Senator Dr. St o o s: Ich will mich nicht über die Frage verbreiten, ob der Staat allgemein verpflichtet ist zu entschädigen, wenn er Privatrecht durch Gesetz beeinträchtigt oder aufhebt. Der Herr Vorredner hat mit Unrecht behauptet, die Kirche hätte kein Recht auf die Einnahmen aus dem Be- gräbniswesen. Sie haben in der Tat ein gesetzliches Recht darauf. Denn die Kirchhofs. und Begräbnis. ordnung ist ein Gesetz, von Rat und Bürgerschaft beschlossen, und die haben bestimmt, daß das Begräbnis. wesen von den Kirchen wahrgenommen und die Ein- nahmen ihnen zufließen Jollen. Dies Recht soll ihnen jezt genommen werden. Das kann natürlich geschehen; aber für die Kirchengemeinden muß eine Entschädigung hier durchaus gerechtfertigt erscheinen. Daß eine Entschädigung billig und angemessen sei, ist vom Senate wie in der Bürgerschaft bei wieder- holten Gelegenheiten ausgesprochen und bisher meines Wissens niemals beanstandet worden. Darum können wir die Frage wohl auf sich beruhen lassen, ob die Kirchen ein klagbares Recht auf Entschädigung haben. Auch wenn nur ein moralisches Recht be- steht, wird es genügen, um die Bürgerschaft zu über- zeugen, daß eine Entschädigungspflicht anerkannt werden muß. Wenn dann der Herr Vorredner dar- auf hingewiesen hat, daß die Einnahmen der Kirchen aus dem Begräbniswesen in den letzten Jahren er- heblich gesunken sind, so kann ich demgegenüber dar- h! szrrrssr U fr. 22%, "2 L §rises der gemeinsamen Kommission ergibt sich allerdings, daß die letzten Jahre kein günstiges Ergebnis hatten. Im Jahre 1899 sind es noch 16 000, dann kommen M 7000, 5000 und 9000. Damit schließt der Bericht. Er enthält nicht mehr, daß die Überschüssse, nachdem sie im Jahre 1903 wieder auf „ 8000 gefallen, im Jahre 1904 auf & 10 000 und 1905 auf / 15 000 gestiegen sind. Das gebe ich ohne weiteres Herrn Wisssell zu, daß für die Kirchengemeinden die Aussicht bestand, in absehbarer Zeit keine Einnahmen aus dem Be- gräbniswesen mehr ziehen zu können. Sie mußten damit rechnen, daß nach einigen Jahren der All: qemeine Gottesacker vor dem Burgtor belegt sein c, [, 413§ werde. Dann wäre es aber Sache der Kirchen- gemeinden gewesen, zu erwägen, ob ssie vielleicht weiteres Gelände erwerben könnten, um das Be- erdigungswesen fortzuführen. Ob sie das hätten möglich machen können, wissen wir nicht. Als un- möglich wird man es nicht bezeichnen können. Ich brauche aber darauf wohl nicht weiter einzugehen. Denn Sie werden, wie ich hoffe, in der Mehrheit der Ansicht des Senates sein, daß es billig, wenn nicht gar recht ist, den Kirchengemeinden eine an- gemessene Entschädigung zu gewähren und daher dem Senatsantrage grundsätzlich zustimmen. Ob die Rente auf / 12000 und A 3000 oder auf einige tausend Mark mehr oder weniger zu bemessen sei, ist eine Frage, die natürlich von verschiedenen Gesichtspunkten aus beurteilt werden kann. Bei Fragen solcher Art gibt es für das Angemessene einen Spielraum; auch eine etwas geringere Summe wäre vielleicht noch angemessen, aber eine etwas größere möglicherweise auch. Solche Summen muß man nach dem Gefühl greifen. Nach Ansicht des Senats treffen die vorgeschlagenen Summen von J 12 000 für die fünf Kirchengemeinden der Stadt und . 3000 für die St. Lorenz- und St. Matthäi- Kirchengemeinden das Richtige. Ich bitte Sie dar- um, tit in Ziffer 9 vorgesehenen Summen bewilligen u wollen. ' Freytag: Daß die Fälle im Laufe der Heit immer weniger geworden sind, wo die Geistlichen zur unentgeltlichen Beerdigung aufgefordert werden, ist richtiz. Das Publikum weiß im allgemeinen nicht, daß es derartige Bestimmungen gibt, sonst würde es in viel häufigeren Fällen davon Gebrauch machen. Ich würde es sehr bedauern, wenn diese Bestimmungen fortfallen, und ich möchte sie in die breiteste Öffentlichkeit getragen wissen. Man wird niemand mehr als den Geistlichen einen Gefallen tun, wenn ihre Dienste in dieser Beziehung häufig in Anspruch genommen werden. Dann ist auf die Leistung der Geistlichen hingewiesen worden. Sie können aber die Sache drehen wie Sie wollen: Nehmen Sie die Summe der Kirchenkasse oder den Geistlichen, es wird ein Defizit entstehen, das after weitig gedeckt werden muß. Herrn Wissell möchte ich kurz erwidern, daß die Einnahmen der Kircher gemeinden aus dem Begräbniswesen deshalb kit geworden sind, weil die Gebührensätze bevezte!) verringert sind. Ich halte nach wie vor meine Antrag aufrecht. : ; Rud. Thiel: Ich habe mich sehr darüber 42 freut, daß die Frage des Begräbniswesens en t durch staatsseitige Übernahme desselben rt werden soll. Was die Entschädigung an die Kir it gemeinden betrifft, so glaube ich im Rechte zu sein,
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