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westlich vom Schulhaus, sind fortgesezt, bis ein
ganzes Jahr vorlag. Es wird nunmehr möglich
sein, einigermaßen sicher Vergleichungswerte zu be-
stimmen. Auch die Registrierinsirumente befinden
sich seit Anfang des Berichtsjahres an der neuen
Beobachtungsstelle, so daß Interpolationen zwischen
den Terminwerten mit einer hier wünschenswerten
Genauigkeit jederzeit möglich sind. – Unzu-
träglichkeiten sind nicht wieder vorgekommen, so daß
die Reihen nicht durch Störungen unterbrochen sind.
— Seit dem 1. April 1905 werden der meteoro-
logischen Station die auf dem Hafenamte eintreffenden
Sturmwarnungen der Deutschen Seewarte telephonisch
übermittelt und dem Publikum durch die vorge-
schriebenen Signale bekanntgegeben. Dieses fast
ohne Unkosten durchzuführende Signalsystem bedarf
noch einer Verbesserung, die am vorhandenen Malte
leicht anzubringen ist. Schwierigkeiten machte der
Windmesser, da er gerade in den Frosttagen, in denen
das Dach nicht zugänglich war, versagte, ohne daß
es gelingen wollte, die Ursache der Störung aus-
zufinden. Zu großer Freude kann mitgeteilt
werden, daß ein hiesiger Fachmann den komplizierten
Mechanismus wieder instandsetzen konnte.
Literarisches.
Chr. Reuter, Lübeck und Stralsund bis zum
Rostocker Landfrieden 1283.
Der interessante Vortrag, welchen der Direktor
unseres Katharineums bei der letzten Versammlung
des Hansischen Geschichtsvereins, Pfingsten 1905 in
Halberstadt, gehalten hat, liegt jetzt gedruckt vor in
dem neusten Heft der Hansischen Ges chichtsblätter. Er be-
handelt eine frühe Zeit, für welche die Nachrichten nur
spärlich vorliegen; um so mehr kommt auf richtige
Verbindung und Deutung derselben an, und darauf
ist der Verfasser sehr bedacht gewesen, hat auch in
Anmerkungen, die der Druckausgabe beigefügt Find,
manches näher begründet. Je dürftiger die Chroniken
für diese Zeit sind, um so wichtiger werden die
Urkunden, die freilich nur einzelne Ereignisse scharf
beleuchten, aber noch mancherlei Schlüsse gestatten,
namentlich auch aus Ort und Zeit ihrer Ausstellung;
in mehreren Fällen hat der Verfasser mit glücklichstem
Erfolge solche Schlüsse gezogen.
Der Vortrag schildert zunächst die aufstrebende
Entwicklung Lübecks seit der Zeit Heinrichs des
Löwen und die Hemmung, welche durch die Macht-
ausbreitung des dänischen Königs Waldemar II.
eintrat. Die Gefangennahme Waldemars 1223
durch einen von ihm getränkten deutschen Grafen
wird zum Wendepunkt: er muß sich mit bedeutender
Geldzahlung lösen, und nur die deutschen Städte,
namentlich Lübeck und Hamburg, können ihm soviel
Geld schaffen. Sie verlangen dafür Handelsprivilegien,
doch wird ihnen hinsichtlich Dänemarks nur die
frühere Handelsfreiheit bestätig. Aber Lübeck
,rwirbt ein bedeutendes Privileg von dem Fürsten
von Rügen, welcher dänischer Vajall ist, ausgestellt
auf dem breiten Felde unweit Mölln: daraus ergibt
sich der Zusammenhang mit den Bemühungen des
Grafen von Orlamünde um die Befreiung des
Königs, seines Oheims, denn der Graf war damals
des Königs Statthalter in Nordalbingien und wurde
wenige Monate danach bei Mölln besiegt und ge-
fangen. Gegen Ende des Jahres 1225 wird Waldemar
frei; inzwischen haben die Lübecker die dänische
Besatzung aus ihrer Burg vertrieben. Sie wenden
sich 1226 an Kaiser Friedrich II., der ihnen die
Reichsfreiheit und die Zusicherung des kaiserlichen
Schutzes verleiht; vereint mit den Holsteinern und
Mecklenburgern siegen sie 1227 bei Bornhövd über
Waldemar. Dieser sinnt auf Rache; doch erst 1233
sperrt er, verbündet mit Graf Adolf IV. von Hol-
stein, die Trave, verwüstet die Gegend von Ratekau
bis Reinfeld, kann aber der Stadt selbst nichts an-
haben; nach Detmars allerdings sagenhaft aus-
geschmückter Erzählung wird er 1234 in einer See-
schlacht vor der Mündung der Warnow besiegt. Zu
gleicher Zeit liegt Witßlav von Rügen im Kriege
mit den Herzögen von Pommern; diese erobern die
Feste Demmin, nach Angabe der Chronik mit Hilfe
der Liibecke. Und wiederum fügen sich Urkunden
hier passend ein: die Herzöge gewähren im Lager
vor Demmin den Lübeckern zollfreien Verkehr durch
Pommern. Diese Urkunden sind am 23. März 1234
ausgestellt; im Oktober aber gewährt Fürst Wislav
zu Garz auf Rügen den Einwohnern des Ortes
Stralow das Stadtrecht von Rostock. Leider sind
über die Entwicklung der Stadt Rostock, welche
1218 mit lübischem Recht gegründet war, aus
den ersten Jahrzehnten keine Nachrichten erhalten;
doch war sie keineswegs von Lübeck abhängig und
gehörte vermutlich zu den Städten, die von Waldemar
Vergünstigungen für den Handel nach Dänemark
erhielten. Rostocker Kaufleute haben die erste
Ansiedlung am Sunde zwischen Rügen und dem
Festlande gegründet; der Name Stralsund erscheint
in dem zweiten ausführlicheren Privileg des Fürsten
Witzllav 1240.
Den Lübeckern mußte diese Stadtgründung miß-
fallen; ihr Privileg für den Verkehr nach Rügen,
iwo bedeutender Heringsfang war, verlor an Wert.
Das unverkennbare weitere Aufstreben Lübecks in der
folgenden Zeit vergleicht der Vortrag S. 21, allerdings
„etwas kühn,“ wie der Verfasser zugibt, mit der
im Altertum berühmten Hegemonie Athens zur See;
wie Athen im Kampf gegen Persien an die Spitze
trat, so wollte Lübeck gegen Dänemark die Kräfte