Bürgerschaft irgendwelche Änderungen mache, bereite
das Schwierigkeiten. Das ist eine Vinkulierung der
Bürgerschaft. Es ist keineswegs zweckmäßig, daß
etwas derartiges geschieht. Wozu dieser Paragraph
in den Vertrag hineingekommen ist, daß den beiden
obersten Justizbehörden diese Befugnis gegeben wird,
von sich aus ganz allein die Anstellung eines neuen
Landrichters verfügen zu können, ist für mich in
keiner Weise einzusehen. Irgendein Grund dafür
ist hier in der Debatte nicht vorgebracht worden,
und im Antrage selbst steht auch keine Begründung.
Aber nachdem ich durch meinen in Aussicht gestellten
Antrag diese Erklärung seitens des Herrn Senats-
kommissars provoziert habe, habe ich keinen Grund
mehr, meinen Antrag wirklich zu stellen.
Senator Dr. Fe h li n g: Mit den Ausführun-.
gen des Herrn Dr. Ziehl bin ich einverstanden.
Nur zwei Worte darüber, wie eine solche Klausel
in den Vertrag hineingekommen ist. Sie ward ver-
einbart im Jahre 1878, als man das neue Ver-
hältnis schuf und nicht wußte, wie überhaupt sich
demnächst die Dinge gestalten würden. Im Hin-
blick darauf, daß der Landtag in Oldenburg nicht
so leicht zusammenzurufen ist wie die Bürgerschaft
Lübecks, wollte man unter allen Umständen die
Möglichkeit haben, sofort noch eine weitere Kraft
zu gewinnen. Diese Klausel ist auch niemals von
der Bürgerschaft beanstandet worden. Wie ich schon
bemerkte, ist in den siebenundzwanzig Jahren nur
einmal von ihr Gebrauch gemacht, übrigens auch
ohne jeden Widerspruch der Bürgerschaft, und zwar
im Jahre 1903. Heute würde sie schwerlich ver-
einbart werden. Da dieser Wortlaut des Vertrages
von Oldenburg genehmigt ist, bitte ich Sie, nicht
daran zu rühren. Die Justizverwaltung würde es
am liebsten sehen, wenn das ganze Ersuchen nach
meiner Erklärung als gegenstandslos beiseite ge-
lassen würde.
y Dr. Pri es s: Die Erklärung des Herrn Senats.
kommissars habe ich erwartet. In dem Kommissions-
bericht ist klar zum Ausdruck getommen, daß wir in
der Kommission der Ansicht waren, daß der Senat
diesem Ersuchen der Bürgerschaft unbedingt ent-
sprechen würde. Wir sollten aber das Ersuchen
unter keinen Umständen fallen lassen. Was die
weiteren Bemerkungen des Herrn Wisssell anlangt,
so will ich Sie mit einer langen Erwiderung nicht
langweilen. Was hätten denn die Herren davon
gehabt, wenn alles das gedruckt worden wäre, was
uns von auswärts mitgeteilt ist. Da heißt es
z. B. (Lebhafte Unruhe.) Ich will Ihnen nur die
einzelnen Rubriken vorlesen, damit Sie wissen, um
was es sich handelt.
I A.
47%
Verhandl. d. Bürgerschaft am 30. April 1906.
Wortführer Dr. Görz : Ich bitte Sie, Herr
Dr. Priess, der Bürgerschaft auch die Verlesung der
Rubriken zu ersparen.
Dr. Priess (fortfahrend): Ich will Ihnen
nur einige Überschristen nennen: Bevölkerungszahl
des Landgerichtsbezirks, Personal außer dem Präsi-
denten, Gerichtsabteilungen, Zivilkammer, Kammer
für Handelssachen, Strafkammer, Untersuchungsrichter,
Zivilsachen, Strafsachen usw. Wenn Sie das alles
gedruckt bekommen hätten, hätte es Sie doch sehr
gelangweilt. Dann hat Herr Wissell gesagt, man
dürfe die Kleinheit unseres Landgerichts nicht ins
Feld führen. Wie wird denn Ersatz geschaffen bei
kleineren Landgerichten wie hier? Kleinere Land-
gerichte als unseres gibt es gar nicht. Das Land-
gericht ist gerade mit der genügenden Zahl von
Richtern im Jahre 1879 begründet worden, um
alle Funktionen des Landgerichts nach dem Gesetze
ausfüllen zu können. Dann hat Herr Wissell ge-
sagt, wir hätten uns bei allen Landrichtern erkun-
digen können, und alle hätten die Überzeugung aus-
gesprochen, daß sie mit Arbeiten überlastet seien.
Das hätte die Kommission sicher nicht getan. Hier
handelt es sich darum, daß einer der älteren Herren,
der sehr tüchtig ist und reiche Erfahrungen besitzt,
der seit 1879 und schon von viel früher her die
Verhältnisse hier genau kennt, ein Urteil abgab.
Wenn dieser Herr die Erklärung abgegeben hat,
müssen wir ihm doch glauben. Das möchte ich
nur erwähnen. .
Professor Dr. Bae t h > e: Es ist vorhin von
dem Herrn Senatskommissar gesagt worden, die
Bürgerschaft hätte niemals Widerspruch gegen die
Bestimmung in dem Vertrage mit Oldenburg er-
hoben. Die Bestimmung bestand einmal und wir
konnten dagegen keinen Widerspruch erheben, denn
das, was geschah, geschah auf Grund des Vertrages.
Wenn bis dahin die Bestimmung nicht überflüssig
gewesen ist, so ist sie es jett durchaus, und sie
hätte sehr wohl fallen dürfen. Da aber der Herr
ständige Senatskommissar vorher die Erklärung
abgegeben hat, so können wir uns damit begnügen.
Daß das Ersuchen troßgdem an den Senat gerichtet
wird, halte ich für gut. Die Erklärung des Herrn
ständigen Senatskommissars haben wir gehört, und
wir werden sie uns auch merken, aber sie steht
nachher nicht im Protokoll, während unser Ersuchen
in dasselbe aufgenommen werden würde, so daß
man jederzeit wieder auf die Sache eingehen könnte.
Ich habe mich aber zum Worte gemeldet, um auf
etwas anderes aufmerksam zu machen. Herr Dr.
Hiehl hat vorhin als selbstverständlich angesehen,
daß in bezug auf die Kosten für die beiden neuen