Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

Bürgerschaft irgendwelche Änderungen mache, bereite das Schwierigkeiten. Das ist eine Vinkulierung der Bürgerschaft. Es ist keineswegs zweckmäßig, daß etwas derartiges geschieht. Wozu dieser Paragraph in den Vertrag hineingekommen ist, daß den beiden obersten Justizbehörden diese Befugnis gegeben wird, von sich aus ganz allein die Anstellung eines neuen Landrichters verfügen zu können, ist für mich in keiner Weise einzusehen. Irgendein Grund dafür ist hier in der Debatte nicht vorgebracht worden, und im Antrage selbst steht auch keine Begründung. Aber nachdem ich durch meinen in Aussicht gestellten Antrag diese Erklärung seitens des Herrn Senats- kommissars provoziert habe, habe ich keinen Grund mehr, meinen Antrag wirklich zu stellen. Senator Dr. Fe h li n g: Mit den Ausführun-. gen des Herrn Dr. Ziehl bin ich einverstanden. Nur zwei Worte darüber, wie eine solche Klausel in den Vertrag hineingekommen ist. Sie ward ver- einbart im Jahre 1878, als man das neue Ver- hältnis schuf und nicht wußte, wie überhaupt sich demnächst die Dinge gestalten würden. Im Hin- blick darauf, daß der Landtag in Oldenburg nicht so leicht zusammenzurufen ist wie die Bürgerschaft Lübecks, wollte man unter allen Umständen die Möglichkeit haben, sofort noch eine weitere Kraft zu gewinnen. Diese Klausel ist auch niemals von der Bürgerschaft beanstandet worden. Wie ich schon bemerkte, ist in den siebenundzwanzig Jahren nur einmal von ihr Gebrauch gemacht, übrigens auch ohne jeden Widerspruch der Bürgerschaft, und zwar im Jahre 1903. Heute würde sie schwerlich ver- einbart werden. Da dieser Wortlaut des Vertrages von Oldenburg genehmigt ist, bitte ich Sie, nicht daran zu rühren. Die Justizverwaltung würde es am liebsten sehen, wenn das ganze Ersuchen nach meiner Erklärung als gegenstandslos beiseite ge- lassen würde. y Dr. Pri es s: Die Erklärung des Herrn Senats. kommissars habe ich erwartet. In dem Kommissions- bericht ist klar zum Ausdruck getommen, daß wir in der Kommission der Ansicht waren, daß der Senat diesem Ersuchen der Bürgerschaft unbedingt ent- sprechen würde. Wir sollten aber das Ersuchen unter keinen Umständen fallen lassen. Was die weiteren Bemerkungen des Herrn Wisssell anlangt, so will ich Sie mit einer langen Erwiderung nicht langweilen. Was hätten denn die Herren davon gehabt, wenn alles das gedruckt worden wäre, was uns von auswärts mitgeteilt ist. Da heißt es z. B. (Lebhafte Unruhe.) Ich will Ihnen nur die einzelnen Rubriken vorlesen, damit Sie wissen, um was es sich handelt. I A. 47% Verhandl. d. Bürgerschaft am 30. April 1906. Wortführer Dr. Görz : Ich bitte Sie, Herr Dr. Priess, der Bürgerschaft auch die Verlesung der Rubriken zu ersparen. Dr. Priess (fortfahrend): Ich will Ihnen nur einige Überschristen nennen: Bevölkerungszahl des Landgerichtsbezirks, Personal außer dem Präsi- denten, Gerichtsabteilungen, Zivilkammer, Kammer für Handelssachen, Strafkammer, Untersuchungsrichter, Zivilsachen, Strafsachen usw. Wenn Sie das alles gedruckt bekommen hätten, hätte es Sie doch sehr gelangweilt. Dann hat Herr Wissell gesagt, man dürfe die Kleinheit unseres Landgerichts nicht ins Feld führen. Wie wird denn Ersatz geschaffen bei kleineren Landgerichten wie hier? Kleinere Land- gerichte als unseres gibt es gar nicht. Das Land- gericht ist gerade mit der genügenden Zahl von Richtern im Jahre 1879 begründet worden, um alle Funktionen des Landgerichts nach dem Gesetze ausfüllen zu können. Dann hat Herr Wissell ge- sagt, wir hätten uns bei allen Landrichtern erkun- digen können, und alle hätten die Überzeugung aus- gesprochen, daß sie mit Arbeiten überlastet seien. Das hätte die Kommission sicher nicht getan. Hier handelt es sich darum, daß einer der älteren Herren, der sehr tüchtig ist und reiche Erfahrungen besitzt, der seit 1879 und schon von viel früher her die Verhältnisse hier genau kennt, ein Urteil abgab. Wenn dieser Herr die Erklärung abgegeben hat, müssen wir ihm doch glauben. Das möchte ich nur erwähnen. . Professor Dr. Bae t h > e: Es ist vorhin von dem Herrn Senatskommissar gesagt worden, die Bürgerschaft hätte niemals Widerspruch gegen die Bestimmung in dem Vertrage mit Oldenburg er- hoben. Die Bestimmung bestand einmal und wir konnten dagegen keinen Widerspruch erheben, denn das, was geschah, geschah auf Grund des Vertrages. Wenn bis dahin die Bestimmung nicht überflüssig gewesen ist, so ist sie es jett durchaus, und sie hätte sehr wohl fallen dürfen. Da aber der Herr ständige Senatskommissar vorher die Erklärung abgegeben hat, so können wir uns damit begnügen. Daß das Ersuchen troßgdem an den Senat gerichtet wird, halte ich für gut. Die Erklärung des Herrn ständigen Senatskommissars haben wir gehört, und wir werden sie uns auch merken, aber sie steht nachher nicht im Protokoll, während unser Ersuchen in dasselbe aufgenommen werden würde, so daß man jederzeit wieder auf die Sache eingehen könnte. Ich habe mich aber zum Worte gemeldet, um auf etwas anderes aufmerksam zu machen. Herr Dr. Hiehl hat vorhin als selbstverständlich angesehen, daß in bezug auf die Kosten für die beiden neuen
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