Full text: Lübeckische Blätter. 1906 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1906 (48)

Q114 daß irgendein Wirt durch diese Steuer ruiniert worden wäre. Die Fälle, in denen die Gewerbe- steuer nicht gezahlt ist, sind außerordentlich selten gewesen, und mir ist in meiner Tätigkeit ein der- artiger Fall nicht vorgekommen. Derart hoch ist die Steuer auch nicht, daß nicht diese Abgabe für die Wirte möglich wäre. Es muß aber doch Zwangs- mittel geben, um von jemand, der die Steuer nicht zahlen will, aber gleichwohl seine Einnahmen bezieht, sie zu bekommen. In der Regel wird die Androhung der Schließung vollständig genügen, um die Zahlung der Steuer herbeizuführen. Ich glaube nicht, daß in Preußen in erheblichem Umfange davon Gebrauch gemacht wird. Das ist allerdings richtig, was Herr Wissell sagte, daß die kleinsten Betriebe in Preußen steuerfrei sind. Was die Ausführungen von Herrn Tegtmeyer betrifft, so möchte ich ihm erwidern, daß selbst- verständlich es die Aufgabe der Kommission sein wird, die Betriebe der Gastwirtschaften, Schank. wirtschasten und des Kleinhandels sämtlich in die vier Klassen einzurangieren. Da kann es wohl ge- schehen, daß ein Kleinhandel einen erheblicheren Umfang hat und in eine höhere Klasse kommt. Im allgemeinen werden allerdings unsere Kleinhandels- betriebe nur geringfügig sein, und die Mehrzahl wird in die niedrigste Klasse kommen. Jedenfalls besteht aber die Möglichkeit, daß ein Kleinhandels- betrieb in eine höhere Klasse kommt. Ich stimme darin mit Herrn Tegtmeyer überein, daß die haupt- sächlichen Bedenken auch bei den Behörden sich gegen das Überhandnehmen des Kleinhandels mit Brannt- wein und Spiritus richten. Da ist es Aufgabe der Behörde, dem entgegenzuwirken, und ich vertrete auch beim Polizeiamt den Standpunkt, daß im Klein- handel möglichst die Zahl der jetzt bestehenden Konzessionen nicht allzusehr erweitert werde. Wortführer Dr. Görtz: Ich will nur darauf aufmerksam machen, daß in einer der früheren Ver- handlungen über dieses Geseß Herr Mühsam seiner- seits den Antrag ankündigte, anstatt des auf Seite 11 der Vorlage beantragten fünffachen Betrages bei Neukonzessionierungen den zehnfachen der Gebühren- säße zu erheben. Herr Mühsam ist heute, wie er mir schreibt, zu seinem Leidwesen verhindert, an der Sitzung teilzunehnen. Ich will aber den Antrag mitteilen; vielleicht nimmt ihn ein anwessendes Bürgerschaftsmitglied seinerseits auf. Th. Schwartz: Ich möchte Sie bitten, die ganze Vorlage pure abzulehnen. Einmal, weil ich es nicht für gerechtfertigt halte, daß man aus der ganzen Zahl der Gewerbetreibenden ein einzelnes Gewerbe herausgreift, um es mit einer höheren Steuer zu belasten. Dann meine ich auch, daß die Vorlage t nicht fertig ist. Es wird hier nämlich gesagt: „Zum Zwecke der Erhebung der Gewerbesteuer werden die stenerpflichtigen Betriebe in vier Klassen eingeteilt. Die Einteilung erfolgt durch eine Kommission, welche aus dem Dirigenten des Polizeiamtes oder dessen Stellvertreter als Vorsizenden und vier bürgerlichen Deputierten besteht.“ Ich bin der Meinung, daß, wenn man eine so schwerwiegende Sache durchführen will, dann in dem Geset unbedingt festgelegt werden muß, welche Normen bei der Einteilung der Klassen Platz greifen sollen. Ich habe schon neulich in meinen Ausführungen erwähnt, daß das in diesem Gesetz nicht steht, und ich befürchte, daß, wenn der § 2 in der jetzt vorliegenden Fassung angenommen und nicht durch irgendeinen Zusatz ergänzt wird, die Sache zu großen Unzuträglichkeiten führen kann. Es müßte doch festgelegt werden, ob die Klassen be- messen werden sollen nach dem Anlagekapital der Wirtschaft oder nach dem Jahresertrage derselben oder ob man ssie vielleicht wie in Bremen und Hamburg nach dem Flächeninhalt der Wirtschaft bemessen will. Irgendwelche festen Normen müssen doch gegeben sein. Es gibt eine ganze Reihe von Städten, in denen keine Gewerbesteuer bezahlt wird. Dazu gehört Hamburg und, wie mir heute mitgeteilt ist, auch Rostock. In Preußen wird eine Gewerbesteuer allerdings erhoben, und zwar nach dem Gewerbesteuergeseß vom Jahre 1891. Dort werden aber nicht alleen die Wirte zur Steuer herangezogen, sondern alle Gewerbe. Es ist also in dem Gewerbesteuergeseß vom Jahre 1891 keine Ausnahme für Wirtschaften gemacht. Allerdings ist die Ausnahme gemacht worden, die schon von Herrn Wissell angeführt ist, daß nämlich bei den gewerb- lichen Betrieben, ganz gleich welcher Art sie sind, wenn das Anlagekapital die Summe von M 3000 nicht übersteigt oder der Jahresertrag die Summe von M 1500 nicht erreicht, die Gewerbesteuer nicht erhoben wird. In allen andern Betrieben wird natürlich die Gewerbesteuer erhoben, und zwar ist die Einteilung der Klassen folgendermaßen festgesett: Klasse IV, die einen Jahresertrag von M 1500 -4000 hat, bezahlt eine Gewerbesteuer von M A ~36, Klasse II], mit einem Jahresertrag von A 400020000, eine solche von M 32-192, Klasse I1 von . 20000- 50000 Jahresertras eine Steuer von M 156-480. In Klas! sind dann die Riesenbetriebe, die hier nicht wette in Frage kommen können. Nun werden Sie schon hieraus ersehen haben, daß die von mir angeführten Summen sehr viel niedriger sind als diejentgew. ~ wir hier erheben wollen. Ich glaube, daß in L:teh Wirtschaften mit einem Jahresertrag von A 50 j nicht vorhanden sind. Der höchste Steuersaß
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