Die bürgerlichen Parteien haben in den Zeitungen
einen Aufruf erlassen, in dem gebeten wird, die Not
der notleidenden Frauen und Kinder der Berg-
arbeiter im Ruhrgebiet zu lindern. Ich war im
Vorsaale des Bürgerschaftssaales beschästigt, einen
Bogen zirkulieren zu lassen und bat um Namens-
unterschriften. Wie es bei solchen Sachen ist, wo
es sich darum handelt, die Not zu lindern, ist man
ganz in seine Sache vertieft. Man kümmert sich
nicht um seine Umgebung und verfolgt nur ein Ziel,
und so habe ich, nachdem ich reichlich Unterschriften
bekommen hatte, Gelegenheit genommen, den Herren
im Saale den Bogen vorzulegen. Damit überschritt
ich meine Befugnis und bitte deshalb den Herrn
Wortführer um Entschuldigung. Ich hoffe, daß der
Herr Wortführer damit zufriedengestellt sein wird.
Es war nicht meine Absicht, die Ordnung des Hauses
zu durchbrechen, sondern es war lediglich der Trieb
in mir, für die bedrängten darbenden Familien
etwas zu erreichen. Wenn ich damit einen kleinen
Eindruck gemacht habe, sage ich mir, der Ordnungs-.
ruf, den ich bekommen habe im Interesse der guten
Sache, freut mich, und ich hoffe, daß diese Freude
der Herr Wortführer mit mir teilen wird.
Pape (zur Geschäftsordnung): Ich möchte mir
im Anschluß daran die Frage erlauben, ob es denn
damit ein für allemal verboten sein soll, im Bürger-
schaftssaale Unterschriften für irgend eine Sache über-
haupt zu sammeln. Wir haben es wiederholt erlebt,
daß hier Unterschriften gesammelt sind. Es ist da-
mals die Verteilung eines Flugblattes in bezug auf
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die Holstenstraße hier gerügt worden, nicht aber, als
seinerzeit Unterschriften für ein Vertrauensvotum für
Herrn Senator Dr. Schön von dem jetzigen Senator
Herrn Dr. Neumann gesammelt wurden, aber auth
nur in beschränktem Maße, denn bekanntlich sind die
auf der äußersten Linken nicht für würdig befunden,
zu unterschreiben. Des weiteren sind neulich Unter
schriften gesammelt für das Realgymnasium, es
werden vielleicht auch noch andere Sachen passiert
sein. Ich möchte nur klargestellt haben, ob Unter
schristen hier nicht mehr gesammelt werden dürfen.
Wortführer Stiller: Bei der großen parlanen
tarischen Gewandtheit des Herrn Vorredners wundett
es mich aufs höchste, daß er darüber einen Anger
blick im Zweifel sein kann, daß Anträge, die von
außerhalb in das Haus hineingetragen werden, absolut
meiner Genehmigung unterstellt werden müsssen, dak
dagegen Anträge aus der Mitte der Bürgerschaf
namentlich solche, die sich mit Anträgen der Bürger
schaft beschäftigen, im Hause zirkulieren dürfen.
Dobberstein (zur Geschäftsordnung): Ich habt
vorhin vergessen noch zu bemerken, daß das Ergebnis
meiner Sammlung ein gutes gewesen ist. M 180
habe ich gesammelt. Auch in dem Landtage vol
Württemberg hat eine ähnliche Sammlung tattgt
funden, die M 150 erbrachte. Im übrigen verweise
ich auf den Aufruf selbst, da sind die Namen der Geber
und auch die Adressen der Sammelstellen zu lesen.
Schluß der Sitzung 1 Uhr 40 Minuten.
(Nach stenogr. Aufzeichnungen.)
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