Full text: Lübeckische Blätter. 1905 ; Verhandlungen der Bürgerschaft. 1905 (47)

GAs scheinung nach innen und nach außen. Eine fehler- hafte und zurückgebliebene Entwicklung nach irgend- einer Richtung, auf Seiten des Willens oder des Verstandes oder des Gefühles, rufet auch so- fs eine lückenhafte gejellschaftliche Bildung ervor. Es ist das Bestreben des wahrhaft Gebildeten, andern zu dienen und ihr Wohl zu befördern, ihnen gefällig zu sein und Freude zu machen. Nun gibt es eine Art des Auftretens in dem Verkehr mit Menschen, bei der zutage tritt, daß trotz aller Umgangsformen der Wille ein sehr defekter, ein nicht in die Zucht genommener und durchgebildeter Wille iste. Es ist die Gewohnheit, allen Menschen Schmeicheleien zu sagen und mit Versicherungen der Bewunderung und des Wohlwollens zu überschütten. Ein solches Gebahren nennt man Galanterie, das von den Allerweltsmenschen geübt wird. Auf Seiten weiblicher Verbildung wird dasselbe Streben zur Gefallsucht oder Koketterie. Die wahre Bildung ist auf der weiblichen Seite die Holdfseligkeit, die nichts sein und vorstellen will, aber durch keine Verbildung in den Schatten gestellte Anmut allen gefällt. Auf der männlichen Seite ist die Leutseligkeit das Kennzeichen wahrer Bildung, die die Vorzüge anderer wirklich anerkennt und in deren sonnigem Wesen jedermann sich wohl fühlt. Eine andere Form minder gebildeten Wollens und Handelns ist die Pedanterie, die darauf ängstlich bedacht ist, nie einen Verstoß zu machen und daher sorgfältig einen Fuß vor den andern stellt und sich so in den Mantel der Unfehlbarkeit hüllt. Der Pedant setzt alles, was er tut und treibt, aus den kleinsten Teilchen zusammen, wie wenn jeder einzelne Groschen mehrmals umgekehrt wird, ehe man ihn verausgabt. Eine solche Langstiligkeit macht nur zu oft den Eindruck des Lächerlichen. Freilich gibt es nun auch Menschen, die an der entgegengesetzten fehlerhaften Willensbildung leiden, es ist die Non- chalance, ein noch unangenehmeres Gewächs. Ihr ist es ganz gleichgültig, von welcher Seite sie sich andern zeigt; will der Pedant möglichst jeden Fehler vermeiden, so finden wir hier eine Rücksichtslosigkeit und Zügellosigkeit, die sich über die einfachsten Regeln der Höflichkeit und des Anstandes hinweg- sezt und zuletzt nicht mehr weiß, was sich schickt; der Pedanterie gegenüber it die wahre Bildung jene Sorgfalt, die über allem Reden und Tun schwebt und die alles, was gesagt und getan wird, auch das Unscheinbarste und Geringste, erscheinen läßt wie aus einem Guß; in den fließenden Bewegungen tritt die Zusammensetzung des einzelnen nicht zutage. Der Non- chalance gegenüber steht der feine Takt, der nicht nur angeborene, sondern entwickelte und feingebildete Ord- nungssinn, der weiß, wie man sich zu benehmen wann man zu reden, wann zu schweigen hat und der darauf bedacht ist, jedermann die gebührende Rücksicht und Ehre zu erweisen. Was wir bisher genannt haben, liegt auf seiten des Wollens und Handelns. Aber auch auf seiten des Verstandes ergeben sich wunderliche Erscheinun gen im Leben. Menschen, die einen klugen Sin und einen geschulten Verstand haben, lassen dem selben zu sehr die Zügel schießen, daß er in alle die Oberhand haben will. Daraus bildet sich das anmaßende Wesen und die Rechthaberei, die niemals einen guten Eindruck hinterläßt und einen großen Mangel an Bildung verrät. Wie viel mehr wirkt dagegen im Leben, und wie viel populärer in dem guten Sinne des Wortes ist der Mann von konzi lianten Formen, der mit scharfem, aber doch auch feinem Verstande Verhältnisse und Menschen durch schaut und einzugehen versteht auf die Art, wie ! ndern die Anschauungen und berechtigten Eigen- tümlichkeiten entstehen, der mit einem Worte wahr- haft gerecht zu Fein sich bemüht. Aber noch i anderer Weise zeigt sich der zuchtlose Verstand im Umgang mit anderen, wenn er sich stets hervor drängt und sich in ununterbrochenem Redefluß ergeht, o daß andere kaum in der Lage sind, sich zu be tätigen und am Gespräch teilzunehmen. Dieses utÑ fein Gebildete nennt man Raisonnieren, das sich 19 unendlich breitmacht und nicht imstande ist, andert ruhig zuzuhören, ohne daß das Uhrwerk weiterschnartt ie anziehend ist dagegen der gebildete Mensch dem man es anmerkt, daß er das Bedürfnis hat, al en Interessen anderer teilzunehmen und imne: ereit ist, selbst zu lernen. Endlich kann auch dat Gefühl einen Mangel an Bildung im Umgang !! andern zur Schau tragen. Wir kennen alle exaltiert Menschen. Wo immer sich dieses maßlose Bz) eigt, stößt es uns zurück und legt uns eine till! urückhaltung auf. Exaltierte nennt man oft u. nrecht Enthusiasten. Begeisterung ist ein gsa! j in dem nicht das Gefühl allein spricht, sondern Ü auch von den andern Geisteskräften durchleuchtet y bestimmt wird. Wird der Begeisterte. auch je!! gerissen, so geschieht das doch nur mit innerer Fr j heit und wahrer Erkenntnis der Sache. Ein s ildeter Mensch darf nicht exaltiert, wohl aber e' usiasmiert, d. h. fähig sein zur Begeisterung: q, Während in den ebengenannten Zuständen das e fühl mehr in den Vordergrund trat, gibt es auch jo ü in denen das Gefühl sich ganz in sich selbst Zi ieht und daher der Klarheit und Festigkeit tris ehrt, also des Einflusses von seiten der Erken.. und des Willens. So entsteht die Sentiment. .. Sentimentale Menschen sind nicht harmonisch f gebildet, das kein stets d schwomr nicht m wahrha] deren 1 unsere auch di Wesens selliger abgehär Mensch Stuben der fris Stößen Empfir Nacken Vildun W zu bea bildet, wahrer liegt 1 Bürg Di Bürge diesen die Lc lch d Ergäy sich d: Jakob St Mar. St Mari St Joha S Sta Y 31 an im 1K h rech
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