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würden wir nicht versianden, wohl gar als Be-
leidigung empfunden und mit den Worten des
Vaterlandsängers beantwortet haben:
„Wie sollt ich dein vergessen, ich weiß, was du mir bist,
Und wenn die Welt ihr Liebstes und Bestes bald vergißt,
Ich sing’ es hell und ruf es laut:
Mein Vaterland ist meine Braut.
Wie sollt ich sein vergessen, ich weiß, was es mir ist,
Solang ein Hauch von Liebe und Leben in
mir istl!“
Nicht so rasch, wie jugendlicher Feuereifer es er-
wartet und mit etwas anderer Gestaltung der Landkarte,
aber ihrem Wesen nach vollauf sind die Hoffnungen
unserer Kinderzeit in Erfüllung gegangen. Elsaß und
Lothringen wurden mit dem Schwert aus Frankreich her-
ausgeschnitten. Wo undeutsches Wesen sich auf deut-
schen Thronen fand, da hatten es die Kriege von 1864
und 1866 hinweggefegt, und an dem ewig denk-
würdigen 18. Januar 1871, da stellten die deutschen
Fürsten ihre Fahnen, ihre Banner zusammen, sie
hingen ihre Wappenschilder auf an dem Stamm der
deutschen Eiche und mit dem deutschen Volke jubelten
sie dem greisen König, einem wahrhaft edlen deutschen
Herzog in des Wortes ureigenster Bedeutung zu als
erstem deutschen Kaiser. Jetzt steht Deutschland
nicht mehr beiseite, nicht mehr kann es behandelt
werden als quantité négligeable. Beliebter sind
wir dadurch bei den fremden Völkern nicht geworden.
Aber was kümmert es uns, ob von ihnen uns
Liebe gezollt wird. Wir wollen unser Vaterland
lieben, wenn die da draußen es nur achten, und
dafür ist gesorgt, dafür sorgt vor allen auch unser
Kaiser, der fest und weitschauend auf hoher Warte
steht, allzeit bedacht für das Wohl des deutschen
Volkes. Von der Warte ist jeßt der Ruf zu uns
gedrungen: „Das Pulver trocken, das Schwert ge-
schliffen, das Ziel erkannt und alle Kräfte ange-
spannt!“ Ernst ist die Zeit, aber wir sind getrost.
Fest stehen zusammen und zum Kaiser, wie wir es
unlängst aus königlichem Munde hörten, in alter
deutscher Treue die deutschen Fürsten, und — auch
da sei alle „Schwarzseherei verbannt“ – wenn der
Ruf ertönt: Feinde ringsum, so wird von allen
Seiten aus dem deutschen Volk in alter deutscher
Treue und fester Zuversicht der Ruf erschallen, der
jezt seit 34 Jahren stets der erste ist bei unsern
Jahresfeiern und in den ich Sie auch heute wieder
bitte, mit mir einzustimmen: Hoch Deutschland, Hoch
dem deutschen Kaiser!
In freudiger Begeisterung stimmte die Versamm-
lung in das Hoch ein und sang stehend „Heil Dir
im Siegerkranz.“
Nachdem einige Musikstücke zum Vortrag ge-
hracht waren, hielt Herr Landrichter Dr. Lienau die
zweite offizielle Rede, die nach altem Brauche
Senat und. Bürgerschaft galt. Diese Rede hatte
folgenden Wortlaut:
„Die Stadt heißt Lübeck mit stolzem Namen."
Mit diesen Worten unseres Freiheitsdichters Ernst
Moritz Arndt, meine sehr geehrten Herren, hat Adolf
Holm sein bekanntes Wert „Lübeck, die freie und
Hansestadt" begonnen. Wer als treuer Bürger
dieser Stadt sein Schicksal mit dem ihrigen ver
bunden fühlt, wer bereit ist, seine Kraft, so klein
und schwach sie auch sei, in den Dienst seiner engeren
Heimat zu stellen, dem wird ungeachtet mancher Sorge
um die Zukunft bei dem Klange dieser Worte das
Herz höher schwellen, wenn er wahrnehmen zu
können glaubt, wie im Gleichmaß mit der äußeren
Ausdehnung seiner Vaterstadt ihre Bürger rastlos
tätig sind, nicht nur den eigenen Wohlstand und
Einfluß zu vermehren, sondern auch dem Namen
ihrer Heimat innerhalb Deutschlands Grenzen und
weit sher sie hinaus einen guten und stolzen Klang
zu geben.
Nicht mühelos fürwahr ist der Weg zu dert
weitgessteckten, warmersehnten Ziele. Erfindunget
und Entdeckungen haben zwar dem Menschen die
Genüsse des Lebens zu vermehren und seine Lebens
weise günstiger zu gestalten vermocht, sie haben ihm
aber auch gleichzeitig den Kampf um sein Dasein
verschärft, seine Sorge um die Zukunft vermehrt und
ihn gezwungen, alle seine Kräfte zu prüfen, zu ent
wickeln und sich und den Seinen nuybar zu machen
So sehr aber auch dem einzelnen im Kampf unt
Dasein des Lebens Last fast zu gewaltig erscheinel
mag, der Gesamtheit gereicht es zum Segen. Dent
noch immer gelten Schillers herrliche Worte:
„Etwas fürchten und hoffen und sorgen
Muß der Mensch für den kommenden Morget,
Daß er die Schwere des Daseins ertrage
Und das ermüdende Gleichmaß der Tage,
Und mit erfrischendem Windesweben
Kräuselnd bewege das stockende Leben.
Denn der Mensch verkümmert im Frieden,
Müßige Ruh’ ist das Grab des Muts.
Aber der Krieg läßt die Kraft erscheinen,
Alles erhebt er zum Ungemeinen,
Selber dem Feigen erzeugt er den Mut."
Fröhlichen Herzens, meine sehr geehrten Herttt
sehen wir darum im Ringen der einzelnen .
einander die Kräfte des Ganzen sich entfalten. jejet
das letzte seit unserem Zusammensein 1n li
Räumen verflossene Jahr ist reich an Arbeit ja
unsere Vaterstadt. gewesen. Unsere Verfassunß it
eine bedeutsame Änderung erfahren, von welchr ij
wenn auch die Auffassung des einzelnen von .
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